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fachen Arbeiten herangezogen.
„Man setzte sie vielfach zu
Sammlungen von Metall, Bee-
ren, Pilzen, Brennmaterial und
so fort ein“, erzählt Historiker
Dr. Martin Kofler. „Der Schul-
unterricht wurde für den Krieg
instrumentalisiert. Selbst Spiel-
zeug, Spiele, Bücher oder
Illustrierte dienten der ideolo-
gischen Einflussnahme der Ju-
gend. Die Prägung war enorm.“
Gab es wieder einen Sieg an
der Front, dann erhielten die
Kinder „siegfrei.“
„Habe noch Blumen
gestreut“
Emmi Scheitz (†), die Tochter
des einstigen Lienzer Bürger-
meisters Willibald Hofmann und
Nichte des Künstlers Karl Hof-
mann, erzählte einmal: „Ich habe
anfangs den ausrückenden Ver-
bänden noch ‚Blumen‘ gestreut.
Allerdings stellte sich bei mir als-
bald Ernüchterung ein.“ Scheitz
wurde 1897 in Lienz geboren.
Die anfängliche Kriegsbegeiste-
rung ließ auch bei allen anderen
jungen Leuten bald nach.
Auf Dauer war überhaupt kein
richtiger Unterricht mehr mög-
lich. „Die Väter, älteren Brüder,
Onkel der meisten Kinder aber
auch die Knechte befanden sich
an der Front“, so Kofler. „Die
Höfe hatten somit sehr viele
wichtige Arbeitskräfte verloren.
Damals waren ja zwei Drittel der
Tiroler Bevölkerung der Land-
wirtschaft zuzurechnen.“
Mütter und Kinder
Die ganze Last der Arbeit auf
dem Hof hatten dann nicht nur
die Mütter zu tragen, sondern
TAB
PUSTERTALER VOLLTREFFER
SEPTEMBER/OKTOBER 2014
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Viele Kinder und
Jugendliche litten im
Ersten Weltkrieg sehr.
Die Tatsache, dass ihre
Väter an die Front gin-
gen und die Mütter ge-
zwungen waren, sich
Verdienstmöglichkeiten
zu suchen, brachte ihr
Leben völlig durchei-
nander.
Nachdem die Wiener Regie-
rung dem serbischen König-
reich am 28. Juli 1914 den Krieg
erklärt hatte, gab es kein Halten
mehr: Der Erste Weltkrieg be-
gann in den Ländern zu toben,
und mittendrin befanden sich
die Kinder und Jugendlichen.
Ihr normaler Alltag sah plötz-
lich ganz anders aus als zuvor. In
den Klassenzimmern wurden
Landkarten aufgehängt, an
denen man mittels kleiner ein-
gesteckter Fähnchen den Verlauf
der Front erkennen konnte. Für
ältere Schüler bestand die Ge-
fahr, an die Front zu kommen.
Unterricht wurde
instrumentalisiert
Schüler der unteren Klassen
übten wie die Soldaten. Kinder
arbeiteten auf den Feldern als
Erntehelfer oder wurden zu ein-
Weinlese in Südtirol im Krieg – ohne die eingerückten Männer.
(Fotograf: Unbekannt; Sammlung Michael Forcher)
Metallsammlung von
Lienzer Schulbuben
1915.
(Fotograf: Unbekannt;
Sammlung Meinrad Pizzinini)
Kinder waren wie die Fähn