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OSTTIROLER
NUMMER 6/2012
4
HEIMATBLÄTTER
Dem namen nach sehr bekanntes insekt,
beobachtet eher selten, besser bekannt sind
sicher der Maikäfer oder der Siebenpunkt-
Marienkäfer. Das insekt dieses Jahres ist die
größte Art aus der familie „Die Schröter“
(lucanidae), weil ihre larven Holz zerklei-
nern (verschroten). Besonders das Männchen
ist wegen seiner hirschgeweihähnlichen
Kopffortsätze und mit maximal 9 cm länge
auffallend, das Weibchen gibt sich mit 4,5
cm bescheidener. Auch bei uns öfters nur
kleinere Tiere mit dem namen „rehkäfer“,
lateinisch
capreolus
: das rehböcklein, wenn
die larven weniger zum fressen hatten.
Die Tiere schwärmen im Sommer am
Abend, das Weibchen sucht Saftfluss an
Bäumen, vor allem eichen, die hinzuge-
kommenen Männchen „raufen“ um das
Weibchen, sehenswert in filmberichten.
Die eiablage erfolgt bis 50 cm tief im
Boden, in zwei Wochen werden 50 bis 100
eier in morsche Wurzelstöcke abgelegt, wie-
der vorwiegend eichen oder andere laub-
bäume. Die larven brauchen zumWachstum
5, seltener bis 8 Jahre, in einem bis faustgro-
ßen Kokon erfolgt die 6 Wochen dauernde
Verwandlung zum fertigen insekt, das erst im
nächsten frühjahr aus dem Boden kommt.
lebensweise und lange larvenzeit sind
Gründe für recht seltene Beobachtungen.
Das Vorkommen im Bezirk ist begrenzt
auf die eichenbestände im lienzer Tal-
boden, vor allem an Stieleiche
(Quercus
robur)
bei nikolsdorf und nußdorf. Die
funde und Beobachtungen sind bald auf-
gezählt: Werner 1934: lienz; Kofler
2007: lienz-Stadtgebiet 1967-1981 mehr-
mals; nußdorf samt Debanttal und Sonn-
seite: 10 notizen, nußdorf-ort 2006
mehrere ex. boboachtet Dr. H. Wieser, und
fotografiert von chr. ragger 2010, 2011,
dann noch Dölsach 1998, Tristach: ein ver-
flogenes Stück im Hausgarten und ober-
lienz: 1997 Totfund im Gartenteich bei
P. ronacher. Mündliche Berichte auch aus
nikolsdorf: Dort wurden tote Tiere mehr-
mals in Kellerschächten gefunden. fast
alle Beobachtungen stammen vom Monat
Juli. – im benachbarten Drautal ist das Tier
bekannt von oberdrauburg und Steinfeld.
Die kleine familie der Schröter hat in ost-
tirol nur noch fünf viel kleinere Arten. Davon
abgebildet der häufigere Balken-Schröter
(Dorcus parellelepipedus)
aus nußdorf.
Diese Art kennen wir mehrfach vom ganzen
lienzer Talboden, aus verschiedenen laub-
hölzern, dazu noch vom ederplan in Dölsach
und Heinfels bei Sillian.
Der Hirschkäfer ist gesetzlich geschützt,
auch eU-weit. natürliche fraßfeinde gibt
es genug: fuchs und Dachs, Spechte,
eulen und Krähen, auch für die larven
und durch Parasitoide. Vor allem durch
erhalten der alten eichenbestände, ein-
schließlich der Wurzelstöcke, und die
Schonung seiner lebensräume kann man
den rückgang der Art verhindern.
Zur Ergänzung ein Blick
über den Zaun:
Die kleinste einheimische Käferart:
Der Titan
(
Nephanes titan,
federflüg-
ler) benannt nach dem altgriechischen Ge-
schlecht riesenhafter Götter, die vom Göt-
tervater Zeus gestürzt wurden, heutzutage
für jemanden angewendet, der durch
Machtfülle oder außergewöhnliche leis-
tungen beeindrucken kann oder will.
Unser Tier ist nur 0,55-0,65 mm groß, lebt
in Mist, an getrockneten Kuhfladen und
Pferdeäpfeln (freUDe/HArDe/ loHSe
1971:333). Die familie der Ptiliidae:
federflügler umfasst etwa 90 Arten in Mit-
teleuropa, fast alle unter 1 mm, sie ernäh-
ren sich von Pilzsporen.
Die größten Käfer der Welt:
Goliath-Käfer:
benannt nach dem riesen-
haften Krieger der Philister, der nach
1 Samuel 17 (Altes Testament) von David
mit einer Steinschleuder getötet wurde.
Gemäß STUTTGArTer BiBel 1996:278
war der Vorkämpfer Goliat sechs ellen und
eine Spanne groß. – nach HellWiG 1990:76
gibt es folgende Werte zum Biblischen län-
genmaß: 1 kleine elle = 45 oder 49 cm,
1 große elle 52 oder 55 cm; 1 Spanne ent-
spricht etwa 25 cm, danach kann die Größe
dieses Mannes mehrmals errechnet werden. –
Goliathus
sp. (mehrere Arten): rekordhalter
an Gewicht: bis 120 g, bis 98 mm lang.
Afrika. – „Seit 1770 wurde dieser schöne
Käfer in europa bekannt, und von den
Sammlern so gesucht, dass sie für das Pär-
chen bis 30 Thaler zahlten“ TAScHenBerG
in BreHM 1877:93. – nähere Hinweise
über die verschiedenen Taler-Währungen
siehe „Taler Wikipedia“: Vereinsthaler gemäß
Wiener Münzvertrag von 1857; mit bestem
Dank für die Unterlagen dazu an die leitung
der lienzer Sparkasse am Brixner-Platz.
Herkules-Käfer
(Dynastes herculeus)
:
Benannt nach dem Halbgott der grie-
chischen Sage, übertragen: Mensch mit gro-
ßer Körperkraft. – rekordlänge: Männchen
15 cm, das Horn am Kopf allein 7 cm,
Weibchen: viel unscheinbarer, ohne Horn,
nur 91 mm. „Dürfte im tropischen Amerika
nicht eben zu den Seltenheiten gehören, wie
die europäischen Sammlungen beweisen“,
TAScHenBerG in BreHM 1877:91.
Ausgewählte Literatur:
freUDe H, K.W. HArDe, G.A. loHSe (1971): Die Käfer
Mitteleuropas Bd. 3, Verl. Goecke & evers Krefeld, 365 S.
HellWiG G. (1990): lexikon der Maße, Währungen und Ge-
wichte von A-Z. – orbis Verlag, Bertelsmann Gütersloh, 319 S.
Kofler A. (2007): Zur Kenntnis der Blatthornkäfer und
Hirschkäfer osttirols (coleoptera: Trogidae, Geotrupi-
dae, Scarabaeidae, lucanidae) Teil ii. – carinthia ii
197./117: 355-374.
reiTTer e. (1909): Gauna Germanica. Die Käfer des
Deutschen reiches. ii. Band. – K. G. lutz Verlag, Stutt-
gart, 376 S., Abb. 68.
STUTTGArTer BiBel (1996): einheitsübersetzung mit
Meisterwerken Mittelalterlicher Buchkunst. - Belser Ver-
lag, Verlag Katholisches Bibelwerk, Stuttgart und
Zürich, 1392 S.
TAScHenBerG e. P. (1877): in BreHMS TierleBen,
2. Aufl., Band 9, 711 S. – Verl. Bibliographisches insti-
tut leipzig.
Werner f. (1934): Beiträge zur Kenntnis der Tierwelt
von ost-Tirol. ii. Teil. insekten, Spinnen- und Krebs-
tiere. Mit einem nachtrag zum i. Teil. – Veröff. Museum
ferdinandeum 13:357-388.
Alois Kofler
Insekt des Jahres 2012: der Hirschkäfer
(Lucanus cervus)
Hirschkäfer-
Männchen
Foto: 28. Juni 2012
Sonnenhang 3, Nuß-
dorf, Chr. Ragger
Balkenschröter
Foto: 2. April 2012
Sonnenhang 3,
Nußdorf,
Chr. Ragger
Größte Käferarten
der Welt: Herkules
(l.) und Goliath.
Fotos: A. Kofler
Kleinste
einheimische
Käferart:
Nephanes titan,
FREUDE/
HARDE/
LOHSE
Bd. 3.:1971:333.
Männchen, Weibchen, Larve, Puppen,
REITTER 1909:76, nach Johann Rösel von
Rosenhof (1749): Insektenbelustigungen.