Seite 1 - H_2012_05

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Von den Krähenvögeln
Corvi-
dae
brüten in osttirol sechs
Arten, davon tragen drei ein
schwarzes Gefieder: der Kolk-
rabe, die rabenkrähe und die
Alpendohle. Diese bewohnt die
Hochgebirgsregion und brütet in
felsnischen. nur im Winter
kommt sie aus den Bergen
hinab in die Siedlungen.
früher brütete hier auch ein
vierter schwarzer Krähenvogel,
die Dohle, oft Turmdohle ge-
nannt, da sie oft den Siedlungs-
bereich bewohnt. Sie wurde
Vogel des Jahres 2012, um auf
ihre Schutzwürdigkeit hinzu-
weisen. Vor 30 Jahren hat ost-
tirol sie als Brutvogel verloren.
Die Dohle ist ein kleiner Krä-
henvogel. Mit 200 bis 250 g Ge-
wicht ist sie etwas schwerer als
die Alpendohle, die immer
etwas zierlicher wirkt. ihr
schwarzes Gefieder weist einen grauen
nacken auf, der unterschiedlich deutlich
und ausgedehnt ist. Der Schnabel ist im
Vergleich mit den deutlich größeren Krähen-
vögeln sehr kurz. Auffällig ist ihre weiße
iris, wie sie ähnlich nur der eichelhäher
aufweist. Alle anderen genannten Krähen-
vögel haben ein schwarzes Auge.
Kennzeichnend für die Art ist ihr unver-
wechselbarer und klangvoller ruf. er kann
mit „kja“ oder „kjack“ umschrieben wer-
den. Als geselliger Vogel ruft sie sehr oft,
was dem Zusammenhalt der Gruppe dient.
Hier werden alle Angaben über ihr frü-
heres Vorkommen zusammengestellt und
ihr heutiges (1996 bis 2011) Auftreten dar-
gestellt.
erste Angaben verdanken wir A
lTHAM
-
Mer
(1857), wonach die Dohle „in Süd-
Tyrol von unregelmäßigem Durchzuge, in
manchen Jahren in nord-Tyrol bleibend
und nistend“. für die Kreuzkofelgruppe
nennt K
eil
(1859) sie nicht. erstmals führt
M
Ayr
(1869) die Dohle als Brutvogel an:
Sie „nistet in den ruinen des Schlosses
Wallenstein, früher auch im Schloß
Bruck“. Wallenstein ist identisch mit
ruine Walchenstein (950 m) oberhalb Döl-
sach. Und Schloss Bruck (730 m) war zu-
mindest vor 1869 Brutplatz. Diese Aus-
sage wird wörtlich von D
AllA
T
orre
(1890) übernommen, ohne neue Daten zu
nennen. im Jahr 1938 besuchte ein Gast
aus leipzig Kals a. G. und sein Weg kann
ihn nur über lienz geführt haben. Jedoch
auch er erwähnt nicht die Dohle im Stadt-
gebiet von lienz (D
ATHe
1944).
für die lienzer Gegend kennt K
ÜHTrei
-
Ber
(1952) die Angaben von J. Mayr (1869)
und stellt fest, dass sie auf dem heute fast
völlig verschwundenen Schloss Wallenstein
nicht mehr brütet, „aber auf Schloß Wei-
ßenstein bei Matrei“; Seehöhe ca. 980 m.
leider führt er keine Details an. erst knapp
20 Jahre später liegt eine Beobachtung vor.
Am 23. April 1968 hielten sich „über 100
Turmdohlen auf frisch gedüngten Wiesen
bei Matrei“ auf (H
einricHer
1969).
Zum Brutplatz der Dohle auf
Schloss
Heinfels/Pustertal
(1.050 m) äußert sich K
ofler
(1969): „Von diesem Tier ist in
osttirol derzeit nur ein einziges
sicheres Brutvorkommen be-
kannt. Seit Jahrzehnten lebt eine
starke Kolonie auf Schloß Heim-
fels, der ,Königin des oberlan-
des‘. eine vor Jahren beabsich-
tigte Vernichtungsaktion konnte
verhindert werden, ein strengerer
Schutz dieser vogelkundlichen
Besonderheit unserer Heimat er-
scheint durchaus angebracht. Be-
obachtungen der Tiere liegen vor
in der Umgebung von Panzendorf
und Sillian, dann in der Umge-
bung von Matrei (irgendwo ist
dort sicherlich auch eine Brut-
stätte; vielleicht in der Pro-
seggklamm oder auf Schloß Wei-
ßenstein?).“ Diese Überlegungen
wiederholt H
einricHer
(1973).
Damals gab es auf Heinfels auch einige
Baumbrüter. ihre nisthöhlen lagen in
eschen, wovon heute noch einige stehen
(A. Kofler, pers. Mitt.). Jahrelang war es der
höchstgelegene Brutplatz Österreichs. in der
Schweiz dagegen brütet eine große Kolonie
auf 1.230 m Seehöhe, Kleinkolonien errei-
chen 1.400 m (S
cHMiD
et al. 1998).
einige Beobachtungen nennt H
einri
-
cHer
(1971) für das Jahr 1970:
31. März, 2 ex mit rabenkrähen und
Staren auf feldern bei Amlach;
29. April, etwa 150 Stück auf Wiesen bei
Jungbrunn. Die von ihm genannte geogra-
fische form ist im felde nicht bestimmbar,
worauf neben G
lUTZ Von
B
loTZHeiM
&
B
AUer
(1993) auch l
AnDMAnn
(1996)
hinwies;
21. September, über 250 ex in lienz,
Taler Acker, an der iselmündung;
29. September, großer Schwarm, Pfarr-
siedlung lienz.
Zur Brutkolonie Heinfels verdanken wir
G
lUTZ Von
B
loTZHeiM
(1973) folgende
NUMMER 6/2012
80. JAHRGANG
OSTTIROLER
HEIMATBLÄTTER
H e i m a t k u n d l i c h e B e i l a g e d e s „ O s t t i r o l e r B o t e “
Annemarie Bachler – Dieter Moritz
Die Dohle (Coloeus monedula),
Vogel des Jahres 2012
Dohle (Coloeus monedula) mit dem leuchtend weißen Auge und
auf einem Mauerwerk sitzend, was für einen Höhlenbrüter sehr
typisch ist.
Foto: J. Zmölnig