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Komplex der ehemaligen Messinghandels-
verwaltung, kaufte im Jahr 1831 Michael
Sartori. Die an der Energiequelle Drauwiere
gelegenen Baulichkeiten wurden entspre-
chend genützt. Der wichtigste Betrieb ent-
stand 1892 durch Johann Winkler mit seiner
„Kunstmühle“.
Die neuen Hausbesitzer gibt das „Bau
Parzellen Protokoll der Stadtgemeinde
Lienz“ von 1859 wider:
14
Messinggasse Nr 1: Franz Brigl – Nr. 2:
Josef Tschurtschenthaler – Nr. 3: Lorenz
Wasser – Nr. 4: Helene Oblasser – Nr. 5:
Josef Mair – Nr. 6: Anna Müllmann – Nr. 7:
Johann Tschurtschenthaler – Nr. 8: Adolf
Wohlgemuth – Nr. 9: Karl Pichler – Nr. 10,
10a: Franz Putzenbacher – Nr. 11: Franz
Putzenbacher – Nr. 12: Theresia Rogger –
Nr. 13-15: Karl Sartori – Nr. 14: Karl Sartori
– Nr. 16: Andreas Pontiller und Josef Gruber
– Haus Nr. 17: existierte noch nicht – Nr. 18:
Johann Rainer – Nr. 19: Karl Sartori (nörd-
licher Teil) und Anton Mair (südlicher Teil)
– Nr. 20: Josef und Martin Tschappeller –
Nr. 21: Friedrich Amberger – Nr. 22: Bern-
hard Rottinari – Nr. 27: Karl Sartori – Nr.
29: Rainer Johann – Nr. 31: Franz Vest.
Erst in dieser Zeit, im Jahr 1851, taucht
die Bezeichnung „Messinggasse“ auf.
Über Anordnung des Kreisamtes für das
Pustertal mit Sitz in Bruneck mussten die
Gassen mit Inschriften, also Namensbe-
zeichnungen und die Häuser mit Nummern
versehen werden. Die bisher ausschließ-
liche Bezeichnung „Meranergasse“ ersetzte
man nun – wohl in Erinnerung an die lang-
jährige Messinghütte – durch die Bezeich-
nung „Messinggasse“. Die Malerarbeiten
führte Johann Waginger d. J. im September
desselben Jahres im Akkord aus.
Schlussbemerkung
Im architektonischen Erscheinungsbild
der Messinggasse hat sich lange Zeit nicht
viel verändert. Erst ab den 1960er-Jahren
wurden Häuser aufgestockt, Fassaden verän-
dert und Häuser erneuert. Mit dem Abbruch
der ehemaligen Messingwerk- bzw. Mühlen-
bauten verändert sich der obere Teil ganz we-
sentlich. Wenn auch das Messingwerk schon
vor bald 200 Jahren geschlossen worden ist,
gehörten die Bauten, wenn inzwischen auch
verändert, zum Lienzer Stadtbild. Nun steht
ihr endgültiges Aus bevor. Erworben von der
HOBAG IMMOBILIEN GMBH, ist auf die-
sem Areal die Errichtung eines Kaufhauses
geplant. Der Abbruch der Baulichkeiten hat
2011 begonnen. Damit verschwindet wieder
ein vertrautes Stück von Alt-Lienz. Man
sollte aber nicht vergessen, den zahlreichen
Betrieben entlang der Drauwiere
15
mit dem
Messingwerk als Höhepunkt und damit – als
Akt der Pietät – den vielen Tausend Men-
schen, die im Lauf der Jahrhunderte in der
Lienzer „Industriezone“ gearbeitet haben, mit
einer Dokumentation ein Denkmal zu setzen.
Der größte Teil der Messinggasse, die
sich nach der Engstelle bei der Abzwei-
gung der Alleestraße wie ein lang ge-
streckter Saal verbreitert, um sich auf der
Höhe der Häuser Nr. 17 und 18 wieder zu
verengen, bot sich als idealer Standplatz
für den Lienzer Stadtmarkt an, der an die-
sem Standplatz im April 2000 eröffnet
wurde. Damit kam wieder die weit zurück
reichende Tradition der öffentlichen
Märkte zum Tragen. Nach kurzfristiger
Aussiedlung und der gelungenen Renovie-
rung des Areals und der neuen Pflasterung
kehrt er wieder an seinen alten Stadtplatz
zurück, womit seine „Erfolgsgeschichte“
fortgesetzt werden wird.
Den Herren Manfred Gasser und Mag.
Rudolf Ingruber ein herzlicher Dank für
tatkräftige Unterstützung!
Anmerkungen:
1
Über die prinzipielle Stadtentwicklung ist mehrfach ge-
schrieben worden; nur um die wichtigste einschlägige Lite-
ratur zu nennen: Hermann Wiesflecker, Entstehung der Stadt
Lienz im Mittelalter, in: Lienzer Buch. Beiträge zur Hei-
matkunde von Lienz und Umgebung (= Schlern-Schriften
98), Innsbruck 1952, S. 153-197 – Meinrad Pizzinini, Lienz.
Das große Stadtbuch, Lienz 1982 – Meinrad Pizzinini, Lienz
(= Österreichischer Städteatlas, 8. Lieferung), Wien 2004.
2
Innsbruck, Tiroler Landesarchiv, Urbar 59/1.
3
Innsbruck, Tiroler Landesarchiv, HS 63/II.
4
Innsbruck, Tiroler Landesarchiv; auszugsweise veröffentlicht
von Augustin Unterforcher, in: Lienzer Zeitung, 1891, Nr. 6-
9, 11-13, 15, 19-21, 23-26, 29, 31. Die drei angeführten Bei-
spiele sind aus dem Unterforcher-Beitrag entnommen.
5
Josef Oberforcher, Skizze zur Geschichte der Stadt Lienz,
in: Osttiroler Heimatblätter, 20. Jg., 6-7/1952.
6
Der große Archivbestand des Lienzer Messingwerks wird im
Tiroler Landesarchiv in Innsbruck aufbewahrt und ist noch
nie detailliert untersucht worden. – Eine Zusammenfassung
bietet Meinrad Pizzinini, Lienz. Das große Stadtbuch, Lienz
1982, S. 194-204 (mit detaillierten Anmerkungen und wei-
terführender Literatur). Diese Ausführungen, denen hier teils
wörtlich gefolgt wird, bieten die Grundlage für die vorlie-
gende Darstellung der Geschichte des Messingwerks.
7
Das Gemälde, verwahrt im Benediktinerstift Seitenstätten
(NÖ), wurde gezeigt bei der Ausstellung Spurensuche³ im
Museum der Stadt Lienz Schloss Bruck im Jahr 2006.
Siehe Katalog Spurensuche³, Teil II: Viele Grenzen – Viele
Herren, Lienz 2006, S. 46 (Abb.) und S. 100.
8
Eine gründliche Untersuchung der Katastrophe bei Wilfried
Beimrohr, Der große Stadtbrand von Lienz im Jahre 1609, in:
Osttiroler Heimatblätter, 77. Jg., 3-5/2009, S. 1-8.
9
Während sich das Aktenmaterial im Tiroler Landesarchiv
befindet, wird diese Federzeichnung in der Bibliothek des
Tiroler Landesmuseums aufbewahrt (FB 7004).
10
Original im Tiroler Landesarchiv; Beilage 1 zum Untersu-
chungsbericht; verwendet wurde hier die Abschrift von Josef
Oberforcher im Museum der Stadt Lienz Schloss Bruck (Fas-
zikel „Landwirtschaft, Handwerk, Industrie und Handel“).
11
Original im Tiroler Landesarchiv, Beilage 6 zum Untersu-
chungsbericht; verwendet wurde hier die Abschrift von J.
Oberforcher im Museum der Stadt Lienz Schloss Bruck. Der
Titel lautet: „Ungefährlicher Summarischer Überschlag …“
über die großen Schäden, welche die Freiherren von Wol-
kenstein und Rodenegg „bei dero Messinghüttwerch zu
Lienz, welliches (sambt sieben andern darzue gehörten, für
die Messinghandelsarbeiter gebrauchten Behausungen) am 8.
Aprilis des 1609. Jahrs durch ein eilfertige erschreckhliche
Brunst erbärmlich in die Aschen gelegt …“ (Faszikel „Land-
wirtschaft, Handwerk, Industrie und Handel“). S. 138-212
12
Otto Stolz, Geschichte Osttirols im Grundriß, in: Osttirol.
Festschrift, Lienz 1925, S. 136-212, hier S. 192.
13
Die Original-Akten befinden sich im Tiroler Landesarchiv in
Innsbruck. Benützt wurden hier die verlässlichen Abschrif-
ten von Josef Oberforcher in der Sammlung Oberforcher im
Museum der Stadt Lienz Schloss Bruck. Oberforcher hat
auch die Bauparzellen-Nummern nach dem Theresianischen
Kataster eingefügt bzw. rückwirkend eingesetzt.
14
Original im Tiroler Landesarchiv, Innsbruck.
15
Siehe die verdienstvolle Arbeit von Alois Heinricher, Die
einstigen Betriebe an der Leisacher-Lienzer Drauwiere, in:
Osttiroler Heimatblätter, 74. Jg., 10-12/2006, S. 1-16.
IMPRESSUM DER OHBL.:
Redaktion: Univ.-Doz. Dr. Meinrad Pizzinini. Für
den Inhalt der Beiträge sind die Autoren verant-
wortlich.
Anschrift der Autoren: Dr. Meinrad Pizzinini
(siehe unten) – Mag. (FH) Oskar Januschke, Stadt-
marketing Lienz, A-9900 Lienz, Hauptplatz 7.
Manuskripte für die „Osttiroler Heimatblätter“
sind einzusenden an die Redaktion des „Osttiroler
Bote“ oder an Dr. Meinrad Pizzinini, A-6176 Völs,
Albertistraße 2 a.
OSTTIROLER
NUMMER 3/2012
7
HEIMATBLÄTTER
Blick auf die nördliche Häuserzeile der Messinggasse; Aufnahme
März 2012.
Foto: Manfred Gasser
Im östlichen Teil der Messinggasse sind noch einige Häuser in
ziemlich ursprünglichem Zustand erhalten geblieben; Aufnahme
März 2012
Foto: Josef Assmayr, Lienz
Bauten, die ehemals zum Messingwerk gehörten, inzwischen starke Veränderungen er-
fahren haben: Guss- oder Brennhütte (links), Anbau an eines der Hammerwerke (Mitte),
Schabhaus mit den Schabstuben (rechts), dahinter die Türme der ehem. Genossen-
schaftsmühle; Aufnahme Mai 2011.
Foto: M. Pizzinini