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PORTRAIT
PUSTERTALER VOLLTREFFER
SEPTEMBER/OKTOBER 2012
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Franz Senfter ist ein Steyler
Missionar. Der Hauptsitz dieser
Missionare befindet sich in
Mödling im Haus St. Gabriel.
Seit fast 30 Jahren ist der heute
56-Jährige nunmehr in der Pro-
vinz Misiones in Argentinien
tätig, die im Nordosten des
Landes an der Grenze zu Para-
guay und Brasilien liegt.
„Seit eineinhalb Jahren ar-
beite ich in einem jungen Dorf,
in der Nähe der Wasserfälle des
Iguazú, ein Weltnaturerbe der
Unesco gleich hinter dem Na-
tionalpark“, erzählt Senfter.
Dort ist ein ungarischer Mit-
bruder als Pfarrer tätig und
Senfter als Kaplan. „Es ist eine
angenehme Erfahrung, nicht
immer der Pfarrer mit all der
Verantwortung sein zu müssen.
Pfarrer war ich die letzten 20
Jahre ohnehin. Jetzt bin ich
zudem mehr draußen bei den
Leuten auf dem Land, was mir
große Freude macht.“ Das
wünschte er sich schon bei sei-
ner Ausreise von Österreich
nach Argentinien am 2. März
1983. „Allerdings kam ich
dann als erstes in eine Stadt“,
lacht er.
Völlig neues Leben
Der Flug nach Argentinien
war damals sein erster Flug.
„Und als ich mit dem Nachbar
im Flieger etwas reden wollte,
antwortete er nicht, weil er kein
Deutsch sprach. Da fragte ich
mich erstmals, auf was ich
mich mit der Auswanderung
einlasse. Aber in Argentinien
war ich dann nie alleine, habe
immer Leute gefunden“, so
Senfter, der lediglich in einem
Grundkurs ein paar Brocken
Spanisch gelernt hatte. Schon
lange spricht er die Sprache
fließend. „Weil ich einfach
auch viel und gerne rede“, lacht
er. Er liebt es sehr mit der Be-
völkerung beisammen zu sein.
„Die Menschen dort sind ein-
fach sehr herzlich und offen.
Aber die Argentinier sind auch
dafür bekannt, dass sie nicht
viel in die Kirche gehen. Man
muss schon auf sie zugehen.“
„Bin immer noch
Ausländer“
Doch ein wenig bedrückt es
ihn schon, dass er nach den vie-
len Jahren in Argentinien
immer noch als Ausländer gilt.
„Obwohl ich schon länger dort
bin als etliche Argentinier. Aber
schon alleine wenn ich ‚Guten
Morgen’ sage, hören sie mei-
nen Akzent.“
Senfter tut sich auch ein biss-
chen schwer mit dem Lebens-
standard in Österreich, wenn er
nach drei Jahren wieder in
seine Heimat Sillian reisen
darf. „Der Unterschied zum Le-
bensstandard in Argentinien ist
sehr groß. Wir leben hier in
Horst
Österreich in einer Hochleis-
tungsgesellschaft, die immer
Neues und noch Besseres er-
wartet. Und das Rad dreht sich
immer schneller“, stöhnt er.
Schließlich ist Senfter gerade
beim Überlegen, ob er für
immer in Argentinien bleiben
wird oder in die Heimat zu-
rückkehren soll.
Baldige Entscheidung
„Die Entscheidung muss ich
bald fällen. Denn in meinem
Alter kann ich mich noch an
Vieles anpassen und einarbei-
ten. Später nicht mehr. Aber die
Umstellung wäre natürlich sehr
groß. Auch die Sprache ist in
Österreich anders geworden,
vor allem jene der Jugendli-
chen“, fiel Senfter auf. Vor
einer endgültigen Entscheidung
fürchtet er sich sogar etwas.
„Viele junge Menschen in Mi-
siones gehen für einige Jahre
ins Ausland, um Geld zu ver-
dienen. Obwohl es ihnen dort
gut ergeht, sind sie immer froh,
wieder in der Heimat zu sein,
weil anderswo alles so streng
kontrolliert ist. Wenn ein Ar-
gentinier am Wochenende bei-
spielsweise nicht einfach so zu
einem Gewässer gehen kann,
um zu grillen, wird er krank“,
erzählt er.
Familie
In Argentinien vermisst Franz
Senfter besonders die Eltern.
Vater Josef (89) und Mutter
Paula (88) von Sillianberg
(vulgo „Simmler“) wohnen
noch immer im Weiler Schlit-
tenhaus. „Wenn ich heim-
komme, haben sie natürlich
immer eine große Freude. Doch
vor allem die Gesundheit der
Mutter ist recht angeschlagen.
Nach dem Heimaturlaub wie-
der nach Argentinien zu reisen,
fällt mir deshalb immer schwe-
rer“, gesteht er.
Senfter wuchs mit mehreren
Geschwistern am Sillianberg
auf: mit Josef (pensionierter Ei-
senbahner), Martin (Bergbauer,
übernahm den elterlichen Hof),
Hans (ehemaliger Postange-
steller), Ewald (arbeitet bei der
Biochemie in Kundl) und
Schwester Bernadette (Haus-
frau). Dass Bruder Franz den
geistlichen Weg einschlug, war
keine Selbstverständlichkeit.
„Ich rang um die Entscheidung,
bis sie in Überzeugung über-
ging. Heute muss ich sagen: Es
war nicht der verkehrte Weg“,
schmunzelt er. Martina Holzer
Missionar Pater Franz
Senfter aus Sillian lebt
und arbeitet schon
einige Jahrzehnte in
Argentinien. Eine Rück-
kehr nach Österreich
schließt er aber nicht
aus.
Eine schwere Entscheidung steht an