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Nummer 3/2004
72. Jahrgang
OSTTIROLER
HEIMATBLÄTTER
H e i m a t k u n d l i c h e B e i l a g e d e s „ O s t t i r o l e r B o t e “
Menschen, die sich im Allgemeinen für
Kunst interessieren und auch die Zeit zur
Auseinandersetzung mit ihr suchen, ent-
wickeln ab einem bestimmten Punkt der
Konfrontation jenes Gespür für Beurtei-
lungswerte, wie ansprechend oder nicht,
die im Grunde genommen den Künstler als
solchen in seiner Qualität justieren und ihn
damit klassifizieren.
Es sollte nicht die Aufgabe eines
Kunstschaffenden sein, gefällig zu arbei-
ten und den Weg der Inakzeptanz mit ein-
hergehendem Desinteresse für seine Arbeit
zu meiden, sondern viel mehr das Wesen
seiner Intention uns, den Zuschauern, mit
seinen gewählten Medien zu offerieren.
Die Blamage gesellt sich auf beiden Seiten
zu denjenigen, die besagten Diskurs mei-
den und in der Kunst sogenannte Schablo-
nen liefern. Die Wahl der Inhalte und der
Ausdrucksformeln sollte keinem Gefällig-
keitsprinzip unterstehen, das die Massen
sucht. Intonierte Kunst findet ihre Kenner,
bzw. diejenigen, die sich ihrer annehmen
und ihr den verdienten Stellenwert einräu-
men. Das Kunsterlebnis kann durchaus als
Symbiose zwischen Werk, Akteur und Be-
schauer aufgefasst werden. Entscheidend
für das Zustandekommen eines Dialoges
ist der Gedankenaustausch, der zur erwar-
teten Wechselwirkung führen kann.
„Kunst bedeutet Kommunikation. Wenn
die Arbeit für den Beschauer keine Rele-
vanz hat, kann es für diesen auch kein
Kunstwerk geben“
1
, formuliert Hermann
Pedit seine grundlegende Auffassung vom
Wechselspiel Künstler und Betrachter.
„Für mich existiert kein umfassendes
Definitionsschema für Kunst, sie ist un-
definierbar. Im Grunde genommen geht es
um eine Annäherung an das Absolute, was
hoffnungslos ist: Das ist für mich Kunst.“
Hermann Pedit kam am 29. Oktober
1933 in Lienz zur Welt und empfand als
einziges Kind seiner Eltern, die einen
Kunstschlossereibetrieb in Lienz führten,
das Kunstverständnis seiner unmittelbaren
Umgebung als ganz der Tradition ver-
pflichtetes Anliegen. Dementsprechend
Hermann Pedit in seinem Atelier 2004 mit Arbeiten aus der Wotruba-Zeit im Hintergrund.
Eleonora Bliem-Scolari
Hermann Pedit: Ein Maler als Eroberer
der intonierten Geisteswelt
konnte er keine Förderung in eine explizit
freiorientierte Kunstentfaltung erfahren,
die den Akademismus des 19. Jahrhunderts
zwar anerkannte, ihn aber nicht bereit war
zu überwinden. Vielleicht waren es auch
die Prämissen der Zeit, die das „Schön-
zeichnen“ einer freien Stilentwicklung vor-
zogen. Jedenfalls verspürte er bereits in
jungen Jahren eine immanente Affinität
beim Betrachten von Bildern, Plastiken
und anderen kunstorientierten Sujets.
„Ich kann mich noch daran erinnern,
als ich mit sieben Jahren im Garten ein
Bild mit Wasserfarben malte; die Berge
waren rot, der Himmel war schwarz – ich
war tatsächlich der einzige, der davon be-
geistert war.“
Die Berufsvorstellung, sich zum Maler
ausbilden zu lassen, konnte Hermann Pedit
tatsächlich sukzessive verwirklichen;
nach der Pflichtschulzeit begann er mit
dreizehn Jahren die Lehre des Kunst-
schlossers im väterlichen Betrieb und be-
1955: „Mädchenporträt“, die Kohlestudie
zeigt bereits die individuelle Eigenstän-
digkeit in der Linienführung.