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„Schon in den 50er Jahren
hieß es, dass es im Bezirk Lienz
am dringendsten in Sillian eine
Umfahrung bräuchte“, erzählt
KR Josef Leiter, der einer der
ersten war, der für eine Umfah-
rung kämpfte. Auch in den 60er
und 70er Jahren als Gemeinde-
rat bzw. Vizebürgermeister.
„Denn genau in dem Haus, in
dem ich meine Metzgerei mit
Restaurantbetrieb hatte und
auch wohnte, klirrten die Fens-
ter jedes Mal, wenn ein Lkw in
Richtung Italien vorbeifuhr.
der Tür. Und die, die im Norden
leben, wollen sie natürlich auch
nicht haben.“
Projekt sterben ließen. Sie sag-
ten, dass Sillian ein Sumpfge-
biet sei und sie für möglicher-
Denn die Fahrer bremsten stets
in der Kurve bei dem Gebäude
ab und gaben dann wieder Voll-
gas.“
Dass die Umfahrungspläne
mittlerweile „gestorben“ zu sein
scheinen, wundert ihn nicht.
„Das Land will für die Tunnel-
variante kein Geld ausgeben.
Und jene Bewohner, die eigens
wegen des Lärms im Norden in
den Süden gezogen sind, wollen
nicht erst recht die Straße vor
für ihn die Zeit, während der
Hochwasserkatastrophe im No-
vember 1966. „Sämtliche Be-
triebsräumlichkeiten standen
1,92 Meter unter Wasser. Die
Schäden waren horrend. Das
Verkaufsgeschäft war erst zwei
Jahre vorher gänzlich neu ge-
staltet worden.“
Traumberuf Tierarzt
Eigentlich hätte er ja Tierarzt
werden wollen. „Aber da bei
uns vier Buben waren, musste
ich als Ältester daheim bleiben.
Zudem verstarb unser Vater, als
ich zwölf Jahre alt war.“ Die
Brüder sind mittlerweile auch
alle verstorben. Anton war Di-
rektor der Brucker Zuckerfa-
brik, Erich verdiente sein Geld
als Universitätsprofessor an der
TU Wien und Oskar übernahm
ein Anwesen in Villgraten.
„Dennoch kam ich hinaus in die
Welt“, schmunzelt er.
Immerhin hatte er auch etli-
che Jahre das Amt des Bundes-
innungsmeisters der Fleischer
inne. So war er unter anderem in
die Errichtung der HTL in Hol-
labrunn fest eingebunden, und
maßgeblich an der Beschluss-
fassung des Codex-Kapitel B 14
beteiligt. Das heißt: Österreich-
weit gab es nun endlich eine
einheitliche Bezeichnung für
Bodenmechaniker
Leiter erinnert sich: „Obwohl
es eine Zeit gab, in der eine Um-
fahrung in Sillian leicht reali-
sierbar gewesen wäre – nach
den Hochwasserkatastrophen.
Eine Umfahrung parallel zur
Drau von Tassenbach bis zur
Grenze. Ich bin mir sicher, da
hätte kein Bürger etwas dagegen
gehabt. Alle wären froh gewe-
sen. Doch letztendlich waren es
die Bodenmechaniker, die das
weise einstürzende Häuser
keine Verantwortung überneh-
men wollten“, so Leiter: Für ihn
ist die damalige Argumentation
bis heute nicht verständlich.
Seine Energie steckte er aber
nicht nur in die Umfahrung,
sondern vor allem in seinen Job
abseits der Politik. Schon in den
50er Jahren, gleich nach seiner
Fleischerlehre, begann er eine
Metzgerei mit Restaurantbe-
trieb mitten im Ortszentrum von
KR Josef Leiter, ein ge-
bürtiger Sillianer, war
einer der ersten Ver-
fechter für eine Umfah-
rung in Sillian, die mitt-
lerweile auf Eis liegt.
Der heute 80-Jährige
war einst auch Bundes-
innungsmeister der Flei-
scher und baute schon
als junger Bursche eine
Metzgerei mit Restau-
rantbetrieb in Sillian auf.
PORTRAIT
PUSTERTALER VOLLTREFFER
APRIL/MAI 2012
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KR Josef Leiter war einer der ersten, der für eine Umfahrung Sil-
lian kämpfte.
Foto: Martina Holzer
„Fensterscheiben klirrten jedes Mal“
Sillian aufzubauen. Den Betrieb
führte er 40 Jahre lang.
Nur mit Motorrad
„Damals war das Geschäfte-
machen anders als heute. Zu
jener Zeit bekamen wir das Ma-
terial, sprich das Fleisch, nur
sehr schwer. Das Verkaufen ging
hingegen von alleine. Seinerzeit
waren sogar etliche Hoteliers aus
Südtirol und Italien bei uns Kun-
den, weil das Fleisch bei ihnen
daheim um die Hälfte teurer war.
Über die Grenze brachten sie die
Ware dann mit allerhand Tricks“,
schmunzelt Leiter, der in den
Anfängen seiner beruflichen
Karriere allerdings kein Auto
hatte, sondern nur ein 250 Puch-
Motorrad. „In vielen Gegenden
gab es zudem noch keine Wege
hinauf in die Berge, nur kleine
Steige. So wie in Villgraten.
Deshalb wickelte ich im Winter
immer eine Kette um einen Rei-
fen. Hinauf kam ich gut, aber
beim Herunterfahren lag ich bei
jeder Kurve im Schnee. Dann
schöpften mich die Bauern wie-
der aus. Das waren harte Zei-
ten“, so Leiter. Die schlimmste
Periode als Selbstständiger war
Das Verkaufslokal in Sillian kurz vor der Hochwasserkatastrophe.