Seite 1 - H_2007_07

Basic HTML-Version

NUMMER 7/2007
75. JAHRGANG
OSTTIROLER
HEIMATBLÄTTER
H e i m a t k u n d l i c h e B e i l a g e d e s „ O s t t i r o l e r B o t e “
Der Turmfalke ist Vogel des Jahres
2007, den Vogel abgeschossen bei den
Insekten hat ein Vertreter von recht unbe-
kannten, ungeliebten und mit schlechtem
Image behafteten Tieren:
Die Ritterwanze (Lygaeus equestris)
Die „Tapetenflunder“ mit ihrem platten
Körper und oft hinter den Tapeten ver-
steckt hat die ganze Insektengruppe in Ver-
ruf gebracht. Wenn schlechthin von Wan-
zen die Rede ist, denkt jeder an diese Bett-
wanze. Sie ist heute zumindest bei uns fast
ausgestorben, ihre nächsten Verwandten an
Fledermaus und Mauersegler sind eben-
falls echte Blutsauger, alle beide gibt es
auch in Osttirol.
Das zweite recht widerliche Merkmal
bei diesen Insekten liegt daran, dass alle
mehr oder weniger stinken, die „Grüne
Stinkwanze“ (Palomena prasina) ist
ebenso „berüchtigt“ wie der im Volks-
mund als „Stink-Ander“ (Pentatoma rufi-
pes) recht große Vertreter, der beim Sau-
gen auf den reifen Früchten und Beeren
Schreck und Ärger auslöst, falls man ihn
zufällig angreift. Außer den Wasserläufern
(Gerris), die an stehenden Gewässern auf
der Oberfläche laufen, haben alle Wanzen
eigene Stink-Drüsen, die sie brauchen, um
in Gemeinschaft mit oft knalligen Farben
nicht zur Beute anderer Tiere zu werden,
eine recht wirksame Schutzfunktion.
Die Wanzen bevölkern fast die ganze
Erde, ihre Artenzahl wird mit etwa 30.000
Arten angegeben, diese Zahl ist sicherlich
viel zu niedrig. In Osttirol wurden 1976
etwa 330 Arten genannt. Derzeit ist eine
Fortführung dieses Verzeichnisses in Aus-
arbeitung, das mehrere Dutzend neue
Arten umfasst, darunter mehrere Einwan-
derer als Neozoen, einige andere vermis-
sen wir allerdings seit langem.
Die Ritterwanze ist auffallend schwarz-
rot-weiß gefärbt und gut kenntlich, weit
gestreut bekannt: Ainet: Gwabl, Assling:
Kristeiner Tal, Dölsach: Kapaun, Heinfels:
Panzendorf, Innervillgraten: Sinkersee,
Iselsberg: Stronach Alm, Kals: Lesach-
Riegel, Kartitsch: Schöntal, Leisach, Lienz:
Maria Trost u. a., Matrei: Ort, Matrei:
Innergschlöß, Obertilliach: Rollertal,
St. Jakob: Kleiner Leppleskofel noch bei
2.500 m, St. Johann, Sillian: Gadein,
Strassen: Tassenbach, Virgen: Obermauern.
Die Tiere saugen an verschiedenen Pflanzen
wie Löwenzahn, Schwalbenwurz u. a. Ein-
zelne besonders auffällige Arten werden
abgebildet: aus der Familie der Lang- oder
Bodenwanzen stammt auch die Ritter-
wanze, ihr ähnelt die häufigere Feuer-
wanze (Pyrrhocoris apterus), die aber einer
eigenen anderen Familie angehört.
Die offizielle Auswahl einzelner Tiere
und Pflanzen zu jedem Jahr dient dem Be-
kanntwerden, dem neuen Studium und
auch der konsequenten, flächendeckenden
Beobachtung (Monitoring) nicht nur durch
Spezialisten, sondern für alle, die mit offe-
nen Augen durch Wald, Feld und Garten
wandern. Bei den Tieren wurden in den
letzten Jahren bereits ausgesucht: viele
Vögel, einzelne Säugetiere, Schlangen und
Lurche, bei den Insekten: Schmetterlinge,
Libellen, Fliegen, Netzflügler, Käfer,
Wanzen und bei den Pflanzen: Bäume,
Blumen, Orchideen.
Alois Kofler
Ritterwanze: Insekt des Jahres 2007
Abb. 1:
Ritterwanze,
Gruppenbild
am warmen
Felsen.
Abb. 2:
Sechs ver-
schiedene
Wanzenarten
aus Osttirol:
linke Reihe
von oben nach
unten: Ritter-
wanze, Feuer-
wanze, Glas-
flügelwanze,
rechte Reihe
von oben nach
unten: Grüne
Stinkwanze,
„Stink-
Ander“, Bett-
wanze
beide Abb.:
Foto H.
Deutsch