Seite 4 - H_2007_12

Basic HTML-Version

weinen an und hörten nicht mehr auf.“
Was wissen wir noch über den Karl und
warum wurde er der „blinde Karl“ ge-
nannt? Er war Tischler, Bienenzüchter und
Schnitzer, aber auch ein großer Jäger. Er
war nicht blind, sondern hatte ein Auge,
wahrscheinlich das rechte, auf der Jagd
nach 1867 verloren, als ihm bei einem
Schuss der Flintenlauf zersprang. Nach
seinen Erzählungen sei das Auge noch zu
retten gewesen, wenn er zu einem guten
Arzt gekommen wäre. Karl schoss auch
den letzten Hirsch im Tal (um 1867) und
zwar im Saumwald zu Unterstaller.
Nach dem Artikel in den „Osttiroler Hei-
matblättern“ hat er, auch im Zusammenhang
mit seiner Jagdleidenschaft Häupter von Hir-
schen, Rehen und Gämsen geschnitzt, die,
mit aufgesetzten Geweihen bzw. Hörnern,
einen guten Absatz erzielt haben. Bei den
örtlichen Nachforschungen konnten keine
solcher Schnitzarbeiten verifiziert werden.
Über seine ganze Schaffensperiode hat der
Künstler Kruzifixe angefertigt, siehe das
Hauskreuz in der Riepenkammer oder das
Wegkreuz bei der Zufahrt Jenewenz. Bei die-
sem Sujet war es besonders schwierig, von
den vielen Kreuzen im Villgratental, die von
ihm geschaffenen, herauszufiltern. Ausge-
hend vom Jenewenz Kruzifix wurde u.a. als
ein typisches Merkmal seiner Arbeiten die
Gestaltung des Lendentuches entdeckt.
Die übereinstimmenden Gewandmulden,
das „Stecktuch“, der Gewandumschlag und
die Faltenmulden sind untrügliche Zeichen,
dass sie von
einem
Künstler geschaffen
worden sind. Zusammen mit anderen De-
tails konnte so die Urheberschaft von Karl
Fürhapter an weiteren Weg- und Hauskreu-
zen als eindeutig und an anderen als wahr-
scheinlich nachgewiesen werden. Wie-
derum bei anderen Kruzifixen war er man-
gels bestimmter Merkmale und Qualität als
Schnitzer auszuschließen.
Seine Kruzifixe sind nicht nur im Vill-
gratental zu finden, sondern auch in Süd-
tirol, wie z. B. im Herrgottswinkel der Zir-
benstube beim Eggele zu Winnebach.
Wie ist es dem „Hobbykünstler“ bis zu
seinem Lebensende ergangen?
Wir wissen nicht viel. Nach seiner akti-
ven Zeit lebte er in dem Haus „zu Außer-
mauern“, heute Ebene 53, nur etwa 150 m
talauswärts von seinem Geburtshaus ent-
fernt. Nach dem Sterberegister ist Karl am
3. Juni 1883 an einer Lungenentzündung
gestorben. Nach Aussage der heutigen
Hausbesitzerin wurde nach dem Tod sein
gesamter persönlicher Besitz samt schrift-
lichen Aufzeichnungen und Dokumenten
vernichtet. Leider!
Karl Fürhapter ist auf dem Friedhof in
Innervillgraten beerdigt, sein Grab ist nicht
mehr auffindbar, da der Friedhof vor etwa
30 Jahren umgestaltet wurde.
Zusammenfassend kann ich über Karl
Fürhapter sagen, dass er Tischler war, mit
Talent und guter Ausbildung zum Schnit-
zer und Fasser. Er war kein „Holzbild-
hauer“, der seine Schnitzwerke aus eigener
Phantasie geschaffen hat, sondern ein
Schnitzer in der Tradition nach Vorlagen,
bzw. Beispielen. Sein Kunsthandwerk übte
er nur nebenbei aus, wenige Werke sind
noch vorhanden. Wegen seines Talents und
Könnens überragt er aber seine künstle-
risch tätigen Zeitgenossen und deren
Nachfolger deutlich.
Er war ein Sohn seiner Osttiroler Hei-
mat, vielleicht ein wenig wunderlich, aber
er schuf Skulpturen, die seine tiefe Fröm-
migkeit zeigen.
Die Vorliebe für den „Englischen Gruß“,
seine Kreuze und seine Jagdleidenschaft
sind bekannt und seine trockenen, humor-
vollen Anmerkungen werden noch heute
erzählt.
Diese mündlich überlieferten Begebenhei-
ten müssen nicht immer der reinen Wahrheit
entsprechen, kennzeichnen aber sicher den
Charakter und die Lebensweise meines
Ururonkels, „unseres Familienkünstlers.“
OSTTIROLER
NUMMER 12/2007
4
HEIMATBLÄTTER
IMPRESSUM DER OHBL.:
Redaktion: Univ.-Doz. Dr. Meinrad Pizzinini.
Für den Inhalt der Beiträge sind die Autoren
verantwortlich.
Anschrift des Autors dieser Nummer: Mag.
Dipl.-Ing. Heinrich L. Fürhapter, w. HR i. R.,
A-8330 Feldbach, Oedt Nr. 76.
Manuskripte für die „Osttiroler Heimatblät-
ter“ sind einzusenden an die Redaktion des
„Osttiroler Bote“ oder an Dr. Meinrad Pizzinini,
A-6176 Völs, Albertistraße 2 a.
Blick in den Altarraum der Kirche zum Hl. Geist in Ried, Pfarre Anras. Die seitlichen
Statuen der „Wetterherren“ Johannes und Paulus schuf Karl Fürhapter, nach 1850.
„Wetterherr“ Paulus.
„Wetterherr“ Johannes.