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OSTTIROLER
NUMMER 12/2007
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HEIMATBLÄTTER
dass er in Innervillgraten die dortige Volks-
schule besucht hat und danach bei einem
einheimischen Tischler in die Lehre gegan-
gen ist. Dabei wird er sich auch das Schnit-
zen beigebracht und dafür Talent gezeigt
haben. Vielleicht ist er als fertiger Geselle in
das benachbarte Defereggental gekommen
und hat in der Pfarrkirche den „Fliegenden
Schutzengel“ von dem einheimischen baro-
cken Holzbildhauer Johann Paterer (1712
bis 1785) gesehen. Auch im Pustertal, in
Innichen wird er gewesen sein und die Bild-
hauerwerkstatt Schranzhofer im Ortsbezirk
„Weidach“ kennen gelernt haben. Dort
dürfte seine Schnitztechnik verbessert und
es dürften ihm theoretische Kenntnisse und
Stilkunde vermittelt worden sein. Auch das
Fassen, die farbige Bemalung von Holzbild-
werken und Vergolden wird man ihm dort
beigebracht haben. Ähnlichkeiten seiner
Arbeiten mit Schnitzwerken aus Südtirol,
wie den Kopf des Hl. Josef von Hans
Klocker aus dem Krippenaltar in der Franzis-
kanerkirche in Bozen (um 1500) lassen er-
kennen, dass Karl auch über seine engere
Heimat hinausgekommen ist.
Aus dieser Zeit, nach 1820, dürfte das
Relief
„Englischer Gruß“ im Haus Jene-
wenz
stammen.
Es trägt keine Signierung und hängt in
der Schlafstube bei Fürhapter vlg. Jenewenz,
Innervillgraten, Ebene Nr. 50. Bei demWerk
handelt es sich um eine Darstellung der Ver-
kündigung mit Engel, Maria und einem Blu-
menstock auf einem Sockel, in einem Raum
mit Ausblick durch eine Architekturkulisse
in eine Landschaft, wo im Himmel Gott in
einem Medaillon thront und der Heilige
Geist in einer Sonnenscheibe auf einem
Strahlenbündel die Verbindung zwischen
Gott und Maria herstellt. Die Maße sind
31 x 24 cm, die Rahmenmaße 44 x 36 cm.
Alles deutet darauf hin, dass Karl hier
ein Übungswerk während oder nach der
theoretischen Ausbildung in Innichen ge-
schnitzt hat. Die Vermischung von Stil-
elementen verschiedener kunsthistorischer
Epochen deutet darauf hin.
Die Marienfigur entspricht den „Schönen
Madonnen“ der Hochgotik um 1400. Das
verkehrte korinthische Kapitell, die darauf
stehende Doppelhenkelvase in Form einer
Bauchamphora und die aiolischen Kapitelle
der Säulen, sind griechischen Ursprungs.
Das Palladio-Motiv in der Mittelgrund-
architektur wurde in der Renaissance ent-
wickelt, ebenso das Tondo mit Gott, wobei
letzteres schon in der Antike als Medaillon,
Münzbild u.a. bekannt war. Die Säulen-
fundamente, der geraffte Vorhang und der
Rahmen mit Aufsatz stehen für das Barock.
Der junge Karl war im Sommer zum
„Küaholtn“ auch auf der Unterstalleralm
und hatte Zeit zum Schnitzen. Dabei könnte
ebenfalls als Frühwerk das im
Herrgotts-
winkel der Riepenkammer hängende
Hauskreuz
entstanden sein. Es zeigt schon
die typische Gesichtsform seiner Gekreu-
zigten, ist aber in den Proportionen und der
Detailausführung noch nicht ganz stimmig.
Kreuz von Karl Fürhapter auf der Riepenalm, wo sich der Künst-
ler mehrfach aufgehalten hat.
Jenewenz-Wegkreuz, Beispiel für die zahlreichen von Karl Für-
hapter geschaffenen Kruzifixe.
Beispiele für die Lendentuchgestaltung bei den Kruzifixen von Karl Fürhapter: Haus-
kreuz Jenewenz (l.) und Jenewenz-Wegkreuz.