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OSTTIROLER
NUMMER 10/2010
4
HEIMATBLÄTTER
hat, als Tiroler in diesem Land, dem
er viel zu verdanken gehabt habe,
freundlich aufgenommen worden zu
sein.
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Auch der Steiermark widmete
er viele Einzeluntersuchungen wie
z. B. über Erzherzog Johann. – Im
Jahr 1982 erhielt er in Anerkennung
seiner Leistungen in Wissenschaft
und Forschung vom Kuratorium der
Johann-Wolfgang-von-Goethe-Stif-
tung in Basel den Wolfgang-Ama-
deus-Mozart-Preis zuerkannt.
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In
der Begründung wurde hauptsäch-
lich der Aspekt von Wiesfleckers
„biographischer Kunst“ betont. Der
Preis wurde auf der Weiherburg in
Innsbruck überreicht.
Es seien nur noch die Ehrungen
von Seiten Tirols bzw. tirolischer Vereine her-
vorgehoben: Von Landesseite wurde Profes-
sor Wiesflecker der Tiroler Adler-Orden
überreicht (1985), die Universität Innsbruck
zeichnete ihn mit dem Ehrendoktorat der
Staatswissenschaften aus, das im Jahr 1823
gegründete Tiroler Landesmuseum verlieh
ihm 1998 die Ehrenmitgliedschaft für seine
wertvollen Beiträge zur Erforschung der Ti-
roler Geschichte und für die Beratungstätig-
keit bei den Tiroler Großausstellungen über
Kaiser Maximilian I. (1969) und Meinhard
II. (1995). Seine Tiroler Heimatstadt Lienz
unter Bürgermeister Nationalrat Hubert
Huber verlieh ihm 1979 den Ehrenring der
Stadt, wobei natürlich besonders seine wis-
senschaftlichen Verdienste um die Erfor-
schung der Stadtgeschichte und der Regent-
schaft der Grafen von Görz hervorgehoben
wurden.
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Seine stete Verbundenheit mit sei-
ner Heimatstadt drückt sich bereits darin aus,
dass er seine Studienbibliothek zur österrei-
chischen Geschichte der Stadt Lienz ver-
macht hat.
Im Jahr seiner Emeritierung, 1984, er-
lebte Wiesflecker die Genugtuung, dass die
biographischen Maximilian-Bände abge-
schlossen wurden und er sich nun der Be-
arbeitung bzw. Herausgabe der Regesten
Maximilians I. im Rahmen des monumen-
talen Quellenwerks der „Regesta Imperii“
widmen konnte. Die Maximilian-Forschung
war für ihn wirklich Lebensaufgabe.
der Arbeit zurückgegeben, würde ich
den Druck des ersten Regestenban-
des wohl nicht mehr erlebt haben.
Sie machte mich auch mit ihrer Hei-
mat Salzburg näher bekannt, wo ich
seither alljährlich den Reichtum
dieser herrlichen Stadt und ihrer
Festspiele genieße.“
Em. o. Univ.-Prof. Dr. Dr. h. c.
Hermann Wiesflecker starb in sehr
hohemAlter am 19. September 2009
zu Graz. Am Partezettel standen
Worte, die sein Leben und sein Werk
treffend charakterisieren: „Er hat
sein erfülltes, arbeitsreiches Leben
vollendet, in dessen Mittelpunkt die
Familie und die Geschichtswissen-
schaft in Lehre und Forschung stan-
den. Die Hingabe an seine wissenschaftliche
Arbeit ließ ihn bis zuletzt die Mühen des
Alters bewältigen.“ – Beim Requiem in der
Pfarrkirche St. Leonhard hielt Univ.-Prof. Dr.
Walter Höflechner, den Hermann Wies-
flecker gefördert hatte, die Trauerrede,
wobei er nicht nur auf die wissenschaftlichen
und akademischen Leistungen einging: „Bei
aller eben geschilderten Bedeutung beein-
druckte Hermann Wiesflecker aber am
meisten als Mensch. Selbst klaren Vorstel-
lungen verpflichtet und von der Auffassung
beseelt, dass der Mensch gut, guten Willens
und verständig sei, besaß er die Größe zu un-
bedingtem Vertrauen, zu ihm selbstver-
ständlicher Toleranz, verbunden mit Weit-
blick und heiterer Gelassenheit, aber auch
mit Bestimmtheit, Disziplin und mit einer
aus der Verantwortlichkeit der Gesellschaft
gegenüber resultierenden Forderung nach
Leistung und Verantwortung. Wenig er-
schütterte ihn mehr als Versagen und Fehl-
leistungen von Verantwortungsträgern, sei es
in der akademischen Selbstverwaltung, in
der Forschungsleistung oder in der Lehre.
So ist jemand von uns gegangen, von dem
wir unter so vielen Aspekten enorm viel ge-
lernt haben, an dem wir Maß nehmen konn-
ten. Nur wer ihn gekannt hat, vermag zu er-
messen, was seine Frau, seine Kinder und
ihre Familien, aber auch wir alle, die wir von
ihm lernen und mit ihm zusammenarbeiten
durften, verloren haben.“
Ein harter Schlag traf Professor Wies-
flecker zwei Jahre später, als nach fast 50-
jähriger Ehe am 9. Februar 1986 seine Ge-
mahlin starb. Die Ehe war harmonisch ver-
laufen und vier Kinder waren daraus hervor-
gegangen: Heinrich, Christian, Maria,
Angelika. H. Wiesflecker erinnerte sich:
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„Ich hatte früh geheiratet und in Herma, ge-
borenen Pöschel, eine tapfere Kameradin für
den Lebenskampf gefunden, die mich in glei-
chem Schritt und Tritt fast 50 Jahre lang be-
gleitete. Sie gestattete mir die völlige Hin-
gabe an den Schreibtisch und an die Bücher,
was nicht selten auf ihre Kosten ging …“ Der
Tod der Gattin schien eine nicht zu schlie-
ßende Lücke zu reißen. War es der von Her-
mann Wiesflecker erwähnte St. Christopho-
rus, der „einsprang“? Hermann Wiesflecker
wörtlich:
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„Hätte sich in dieser kritischen
Phase meines Lebens nicht meine langjährige
Assistentin Frau Doktor Ingeborg Friedhuber,
meine gegenwärtige Frau, meiner Einsamkeit
angenommen, mir Lebensmut und Freude an
Anmerkungen:
1) Hermann Baltl / Nikolaus Grass / Hans Konstantin
Faußner (Hgg.), Recht und Geschichte. Ein Beitrag zur
österreichischen Gesellschafts- und Geistesgeschichte
unserer Zeit. Zwanzig Historiker und Juristen berichten
aus ihrem Leben (Studien zur Rechts-, Wirtschafts- und
Kulturgeschichte, Band XIV), Sigmaringen 1990,
S. 311-329, hier S. 311.
2) Recht und Geschichte (wie Anm. 1), S. 312.
3) Recht und Geschichte (wie Anm. 1), S. 312.
4) Hermann Wiesflecker, Die Verwaltung der „vorderen
Grafschaft Görz“ im Pustertal im 15. Jahrhundert, phil.
Diss., MS, Wien 1936.
5) Hermann Wiesflecker, Dr. Andreas Veider – Zum 50.
Todestag des Lienzer Heimatforschers, in: Osttiroler
Heimatblätter 61. Jg. (1993), Nummer 11.
6) Andreas Veider, Die Verwaltung der vorderen Graf-
schaft Görz im Pustertal und Oberkärnten bis zum Ende
des 14. Jahrhunderts, phil. Diss., MS, Wien 1939.
7) Recht und Geschichte (wie Anm. 1), S. 320.
8) Recht und Geschichte (wie Anm. 1), S. 321.
9) Recht und Geschichte (wie Anm. 1), S. 322.
10) Hermann Wiesflecker, Die Regesten der Grafen von
Görz und Tirol, Pfalzgrafen in Kärnten, Band I: 957-
1271 (Publikationen des Institutes für österreichische
Geschichtsforschung IV/1), Innsbruck 1949.
11) Hermann Wiesflecker, Die Regesten der Grafen von
Tirol und Görz, Herzoge von Kärnten, Band II/1: Die
Regesten Meinhards II. 1271-1295 (Publikationen des
Institutes für österreichische Geschichtsforschung
IV/1), Innsbruck 1952.
12) Hermann Wiesflecker, Quellen und Forschungen zur
Geschichte der Stadt Lienz 1000-1500, in: Osttiroler
Heimatblätter 18. Jg. (1950), Nr. 1-13, 19, 21-23,
25-26, 19. Jg. (1951), Nr. 1.
13) Hermann Wiesflecker, Die politische Entwicklung der
Grafschaft Görz und ihr Erbfall an Österreich, in: Mit-
teilungen des Österreichischen Instituts für Ge-
schichtsforschung, 56 (1948), S. 329-384.
14) Hermann Wiesflecker, Entstehung der Stadt Lienz im
Mittelalter, in: Lienzer Buch (Schlern-Schriften 98),
Innsbruck 1952, S. 153-197.
15) Hermann Wiesflecker, Meinhard II. Tirol, Kärnten und
ihre Nachbarländer am Ende des 13. Jahrhunderts
(Schlern-Schriften 124), Innsbruck 1955.
16) HermannWiesflecker, Aguntum – St. Andrä – Luenzina
– Patriarchesdorf. Betrachtungen zur Frage der Sied-
lungskontinuität im Lienzer Talboden, in: Alpenregion
und Österreich. Geschichtliche Spezialitäten, Kramer-
Festgabe, Innsbruck 1976, S. 171-191.
17) Hermann Wiesflecker, Kaiser Maximilian I. Das Reich,
Österreich und Europa an der Wende zur Neuzeit – Bd.
I: Jugend, burgundisches Erbe und Römisches König-
tum bis zur Alleinherrschaft 1459-1493, Wien 1971;
Bd. II: Reichsreform und Kaiserpolitik 1493-1500. Ent-
machtung des Königs im Reich und in Europa, Wien
1975; Bd. III: Auf der Höhe des Lebens 1500-1508.
Der große Systemwechsel. Politischer Wiederaufstieg,
Wien 1977; Bd. IV: Die Gründung des habsburgischen
Weltreiches. Lebensabend und Tod 1508-1519, Wien
1981; Bd. V: Der Kaiser und seine Umwelt. Hof, Staat,
Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur, Wien 1986.
18) Hermann Wiesflecker, Die Fundamente des habsburgi-
schen Weltreiches, Wien-München 1991; Ders., Öster-
reich im Zeitalter Maximilians I. Die Vereinigung der
Länder zum frühmodernen Staat. Der Aufstieg zur
Weltmacht, Wien-München 1999.
19) Wiesflecker, Meinhard II. (wie Anm. 15), S. 3.
20) Recht und Geschichte (wie Anm. 1), S. 325.
21) U. a. Bericht in Osttiroler Bote 29 Jg., 1964, Nr. 45 (12.
November), S. 17.
22) Nikolaus Grass, Zum 70. Geburtstag von Professor
Wiesflecker, in: Kulturberichte aus Tirol, 38. Jg., 1984,
Folge 303/304, S. 30 f.
23) Recht und Geschichte (wie Anm. 1), S. 324.
24) Walter Höflechner / Helmut J. Mezler / Othmar Pickl
(Hgg.), DOMUS AUSTRIAE. Festgabe für Hermann
Wiesflecker, Graz 1983.
25) Lediglich aus der Tiroler Presse seien beispielhaft an-
geführt: Nikolaus Grass, Professor Wiesflecker, Sohn
der Stadt Lienz, 65, in: Tiroler Tageszeitung 1969, Nr.
4 (5. Jänner), S. 10 – Nikolaus Grass, Zum 70. Ge-
burtstag von Professor Wiesflecker, in: Kulturberichte
aus Tirol, 38. Jg., 1984, Folge 303/304, S. 30 f. –
[Meinrad Pizzinini,] Univ.-Prof. Dr. Hermann Wiesfle-
cker – 80 Jahre, in: Osttiroler Heimatblätter 61. Jg.
(1993), Nr. 11 – Meinrad Pizzinini, Univ.-Prof. Dr. Her-
mann Wiesflecker – 85 Jahre, in: Osttiroler Heimat-
blätter 66. Jg. (1998), Nr. 11 – Meinrad Pizzinini,
Univ.-Prof. Dr. Hemann Wiesflecker 90 Jahre, in: Ost-
tiroler Bote 58. Jg., 2003, Nr. 48 (27. Nov.), S. 28.
26) Der Historiker Hermann Wiesflecker. Nach einem
Interview von Josef Riedmann, in: das Fenster. Tiroler
Kulturzeitschrift, 34. Jg., Heft 69, Frühjahr 2000,
S. 6.658-6.667.
27) Recht und Geschichte (wie Anm. 1), S. 324.
28) Meinrad Pizzinini, Mozart-Preis 1982 für Professor Dr.
Hermann Wiesflecker, in: Osttiroler Bote 37. Jg., 1982,
Nr. 21 (27. Mai), S. 30.
29) W. O., Lienz ehrte heimatverbundenen Historiker, in:
Tiroler Tageszeitung 1979, Nr. 215 (17. September), S. 6.
30) Recht und Geschichte (wie Anm. 1), S. 321.
31) Recht und Geschichte (wie Anm. 1), S. 328.
IMPRESSUM DER OHBL.:
Redaktion: Univ.-Doz. Dr. Meinrad Pizzinini.
Für den Inhalt der Beiträge sind die Autoren
verantwortlich.
Manuskripte für die „Osttiroler Heimatblät-
ter“ sind einzusenden an die Redaktion des
„Osttiroler Bote“ oder an Dr. Meinrad Pizzinini,
A-6176 Völs, Albertistraße
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