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Gebieten, diese Kirchen, die als Orte der
Häresie und des Aberglaubens galten,
durch Steinkirchen abzulösen.
In den folgenden Jahrhunderten trat die
Bauhütte immer mehr in den Vordergrund.
Sie erwirkte mit ihren Auftraggebern eine
geheimnisvolle Sprache, die mit einer für
uns verschlüsselten Symbolik an Bedeu-
tung gewann. Die Hütte entwickelte sich
zur bestimmenden Institution für die ge-
samte Gestaltung im Kirchenraum, sei es
die Architektur der Altäre oder die stilisti-
sche Darstellung in den Glasfenstern. Ihr
ist deshalb dieses komplizierte System,
nach dem die Gotteshäuser in den mittel-
alterlichen Städten und ihrer Umgebung
errichtet wurden, zuzuordnen.
Für die Archäologie scheint der Standort
der Kirchen aus praktischen Gründen er-
folgt zu sein.
18
Darüber hinaus zeigt sich
hingegen für einen bestimmten Zeitraum
ein mystisches Gestalten, das einen über-
geordneten Sinn widerspiegelt. Es handelt
sich um das für uns so schwer verständli-
che Denken dieser Zeitspanne, dessen
Umfang immer neue Rätsel erkennen lässt.
So ist zu sehen, dass die Sakralarchitek-
tur der Stadt Lienz und des Talbodens von
Oberlienz bis Lavant in ihrer Gesamtheit
als eine einheitliche Schöpfung gesehen
werden kann, die eine zum Teil noch un-
bekannte Ausrichtung zeigt.
Gegenwärtig steht stellvertretend für die
romanische Mensa der Kirchturm, der als
äußeres Zeichen in die Mystik des Mittel-
alters zurückführt. Für die Erhaltung dieser
historischen Ausdrucksform wäre es we-
sentlich, deren Autonomie, die von einer
dominierenden gegenwärtigen Architektur
bedroht wird, zu bewahren.
Anmerkungen:
1 Günter Bandmann, Mittelalterliche Architektur als Be-
deutungsträger, Darmstadt, 1990, S. 10.
2 Ebenda, S. 146.
3 Die Kunstdenkmäler des politischen Bezirkes Lienz
Österreichische Kunsttopographie (hrsg. vom Bundes-
denkmalamt, Band LVII), Teil I: Bezirkshauptstadt
Lienz und Lienzer Talboden, Horn 2007 (Register!).
4 O. A. W. Dilke, Mathematik, Maße und Gewichte in der
Antike, Stuttgart 1991, S. 61.
5 Kompass Wanderkarte 1:25.000, Lienzer Talboden, 047.
6 Hannelore Sachs / Ernst Badstüber / Helga Neumann,
Christliche Ikonographie, Leipzig 1980, in: Milos
Kruml, Die mittelalterliche Stadt (wie Anm. 8), S. 113.
7 Baualtersplan der Stadt Lienz, in: Meinrad Pizzinini,
Lienz. Das große Stadtbuch, Lienz 1982; Zeichnung:
Peter Sölder.
8 Milos Kruml, Die mittelalterliche Stadt als Gesamt-
kunstwerk und Denkmal, Dissertation an der Techni-
schen Universität Wien, Wien 1992, S. 216.
9 Aaron J. Gurjewitsch, Das Weltbild des mittelalterlichen
Menschen, Moskau 1972, in: Kruml, Die mittelalter-
liche Stadt (wie Anm. 8), S. 56.
10 Kruml Milos, Die mittelalterliche Stadt (wie Anm. 8),
S. 109.
11 Paul von Naredi Rainer, Architektur und Harmonie.
Zahl, Maß und Proportion in der abendländischen Bau-
kunst, Köln 1982, S. 40 ff.
12 Dietmar Najok, Zahlenmystik, in: Der kleine Pauli,
Lexikon der Antike, Bd. 5, München 1975, S. 1447.
13 Eberhard Beindl, Zum Bauordnungssystem des Salz-
burger Doms: Orientierung, Bauplatz, Maß- und Pla-
nungsschema, in: Virgil von Salzburg, Missionar und
Gelehrter, Beiträge des internationalen Symposions vom
21.- 22.9.1984, Salzburg 1989, S. 332.
14 Kruml, Die mittelalterliche Stadt (wie Anm. 8), S. 212.
15 Albrecht Kottmann, Fünftausend Jahre messen und
bauen, Planungsverfahren und Maßeinheiten von der
Vorzeit bis zum Ende des Barock, Stuttgart 1981,
S. 232, 257, 259-260.
16 Breatnach A. Padraig (Dublin), Über Beginn und Eigen-
art der irischen Mission auf dem Kontinent einschließ-
lich der irischen Missionare in Bayern, in: Beindl, Zum
Bauordnungssystem des Salzburger Doms (wie Anm.
13), S. 76 ff.
17 Renate Wagner-Rieger, Architektur, in: 1.000 Jahre
Babenberger in Österreich, Stift Lilienfeld, Ausstel-
lungskatalog, Lilienfeld 1976, S. 141.
18 Wilhelm Sydow, Kirchenarchäologie in Tirol und Vor-
arlberg, in: Fundberichte aus Österreich, Materialheft
A 9, hrsg. vom Bundesdenkmalamt Wien, S. 174.
OSTTIROLER
NUMMER 7/2011
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HEIMATBLÄTTER
Abb. 4: Die räumliche Situierung von St. Marien, Hl. Geist und St. Michael.
IMPRESSUM DER OHBL.:
Redaktion: Univ.-Doz. Dr. Meinrad Pizzi-
nini. Für den Inhalt der Beiträge sind die
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blätter“ sind einzusenden an die Redaktion
des „Osttiroler Bote“ oder an Dr. Meinrad
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