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OSTTIROLER
NUMMER 7/2011
2
HEIMATBLÄTTER
Leistung und dem künstlerischen Aus-
druck beruhte, sondern dass sie auf einen
übergeordneten Inhalt weist, den der Kult
hervorrief. Dieser übergeordnete Inhalt
griff in das Kunstwerk ein und wurde unter
anderem durch die Beziehung zwischen
zwei oder mehreren Kirchen ausgedrückt.
1
Weiters weist er auf die Ausrichtung des
Bauwerks nach einer bestimmten Him-
melsrichtung und die planmäßige Anord-
nung der einzelnen Raumteile einer Kir-
che, die in den ländlichen Gegenden meist
aus dem Laienraum und Chor oder der
Apsis bestanden.
2
Hier soll auf den Zusammenhang und
die Orientierung der romanischen Kirchen
hingewiesen werden.
Die romanische Architektur findet sich
überwiegend in Form von Grundmauern
unter den Folgebauten, in einigen Fällen,
wie in St. Andrä und St. Michael in Lienz,
wurden alte Mauerzüge weiterverwendet,
und schließlich hat sich mit der Margare-
thenkapelle in Dölsach ein Bauwerk in
einem weitgehend ursprünglichen Zustand
erhalten.
3
Bei den Gotteshäusern, wie auch an ver-
ehrungswürdigen Orten, die durch Kreuze
oder Feldkapellen teilweise bis in unsere
Zeit vorhanden sind, ist zu sehen, dass sie
meist in einer linearen Reihung, zum Teil
in einer rechtwinkligen Dreieckskonstruk-
tion oder in Form eines Kreuzes erstellt
wurden, deren Zustandekommen mehrere
Jahrhunderte beanspruchte und die sich
noch immer dem zeitgenössischen Be-
trachter zeigen.
Die Voraussetzung für deren Planung
und Durchführung findet sich in der römi-
schen Messtechnik, die bis in das Mittel-
alter Anwendung fand. Sie wurde beim
Bau der Fernstraßen von Aquileia in die
nördlichen Gebiete, wie bei der Bemes-
sung von Stadtgründungen und den frühen
Bauvorhaben der Babenberger mit großer
Erfahrung durch die „Agrimensores“ ein-
gesetzt.
4
Mit diesem Wissen erfolgte auch die
geographische Orientierung im mittel-
alterlichen Lienz und im Talboden, die es
hier zu untersuchen gilt.
5
Auf einem strahlenförmigen Ordnungs-
system liegen die Kirchen von (Abb. 1):
Dölsach St. Martin, Tristach St. Lauren-
tius, Leisach St. Michael;
Gödnach St. Georg, Dölsach St. Mar-
gareth, Lienz St. Michael, Patriasdorf
St. Andrä;
Lavant St. Ulrich, Lienz St. Michael,
Oberdrum St. Georg;
Lavant St. Ulrich, Tristach St. Lauren-
tius, Oberlienz Mariä Himmelfahrt;
Grafendorf St. Bartholomäus, Lienz
St. Michael, Amlach St. Ottilia;
Patriasdorf St. Andrä, Lienz Klösterle,
Leisach St. Michael;
Gödnach St. Georg, Aguntum Höhe-
punkt 669 m, Thurn St. Nikolaus.
Es handelt sich um sieben Achsen, die
von Osten nach Westen und von Norden
nach Süden Markierungen aufweisen, die
in Zusammenhang stehen.
Die Achse von St. Georg in Gödnach
nach Thurn St. Nikolaus überquert exakt
den Höhepunkt 669 m an der Ostseite vom
Grabungsgelände Aguntum, deren mittel-
alterliche Bedeutung vielleicht archäolo-
gisch zu klären ist. Weiters wird belegt,
dass der Standort der Kapelle von St. Ulrich
in Amlach aus Gründen der Sicherheit im
17. Jahrhundert verändert wurde.
Es wäre möglich, die Zahl der achsialen
Verbindungen noch zu erweitern, doch
könnten Zufälle sichtbar werden, die bei
der ursprünglichen Planung nicht vorge-
sehen waren.
Abb. 2: Rechtwinklige Anordnung der Sakralarchitektur.