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OSTTIROLER
NUMMER 7/2010
3
HEIMATBLÄTTER
den unter römischer Verwaltung zu einer
civitas
(Gaugemeinde) zusammengefasst.
Die Kelten vom heutigen Sillian westwärts
gehörten zur
civitas Saevatum et Laianco-
rum. Sebatum
(St. Lorenzen bei Bruneck)
war der Hauptort der
Saevates
, jener der
Laianci
war wohl
Littamum
(bei Innichen).
Aguntum
war, als ihm von Kaiser
Claudius
von 41 bis 54 n. Chr. Stadtrechte verliehen
wurden, die Hauptsiedlung eines Untergaues
der
civitas
der
Ambidravi
, der mit Ausnahme
der Gegend von Sillian das erzreiche Gebiet
des heutigen Osttirol, also auch den Bereich
der oberen Isel, umfasste. Seine Bewohner
waren wohl die
Aguontenses
(Inschrift auf
einem Bruchstück vom Magdalensberg,
Kärnten, frühes 1. Jh. n. Chr.).
14
Das
Municipium Claudium Aguntinum
wurde dann im Raum zwischen dem Stadt-
gebiet von
Teurnia
(St. Peter im Holz bei
Spittal an der Drau) und der Westgrenze der
Provinz
Noricum
am Eisack im Brixner
Becken zum politischen, ökonomischen und
kulturellen Zentrum (
municipium
= Land-
stadt mit Selbstverwaltung).
15
Apropos: Das
Brunecker Becken, um 1030
in pago
Pustrissa
(im Gau P.) genannt, gab dem ge-
samten Pustertal den Namen, abzuleiten
vom keltischen Personennamen
Bustur-us
,
in
Noricum
mehrfach in römischen Inschrif-
ten bezeugt. Vielleicht war es der Name des
Fürsten der
Saevates
, der in
Bustur-issa
herrschte. Der Name von Innichen z. B.
wird mit keltisch (altirisch)
ind
„stattlich,
prächtig“ und dem Personennamen
Indius
erklärt, romanisch
Indica
, 788
Intichinga
(mit der deutschen Ortsnamenendung -ing),
erst seit dem 15. Jh. Innichen.
16
Von der Besiedlungsgeschichte her sind
also romanische Namen älter als slawische.
Katin z. B. stammt vom lateinischen
cati-
nus
„flache Schale“, friulanisch
chadin
(eine romanische Sprache wie das Rätoro-
manische und das Dolomitenladinische).
„Kessel“, in altem Deutsch
kezzil
(9. Jh.)
Kar, mit einem Kargletscher ausgefüllt (oben) bzw. von einem Karsee eingenommem, der
durch einen Moränenwall aufgestaut wird (unten).
Skizzen: Prof. Dr. Karl Krainer, Geologisches Institut der Universität Innsbruck
Ausschnitt aus dem „Atlas Tyrolensis“ von Peter Anich und Blasius Hueber (1774) mit
dem Hinweis auf den Soyet B. (= Berg)
„kesselförmige Vertiefung“, ist von
catinus
entlehnt – ein Lokalaugenschein bestätigt das
ausgeprägt kesselförmige Gelände.
17
Tim-
meltal (laut AV-Karte, in der Tirolkarte von
1774 steht nur
Timl Ba
. = Bach) geht auf das
lateinische
tumulus
„Anschwellung, Hügel“
zurück, er lebt in Graubünden als „tömbl“
fort (vergleiche auch Timmelsjoch zwischen
Ötztal und Passeier). Wer die vom Gletscher
geschliffenen Felsbuckel vor der Steilstufe,
mit der das Timmeltal in das Virgental mün-
det, betrachtet, kann gut verstehen, dass die
romanischen Hirten die Benennung
in tumu-
lis
„bei den Buckeln“ gewählt haben.
18
Apro-
pos: Im erwähnten Timmeltal ist in der Tirol-
karte von 1774 die
Wallhorner A.
= Alm ein-
getragen, auf der Schattseite der
Walchner
Wald
. Zum Tal sagen die Einheimischen
„Walchna Alple“ (nicht Timmeltal!). „Wall-
horn“ auf der Sonnseite scheint eine „noble“
Umdeutung von „Walchn“ zu sein. In altem
Deutsch bedeutet
Walch
oder
Walhe
„Ro-
mane, Walscher“. Der heutige Weiler „Wall-
horn“ war wohl von Romanen besiedelt.
19
In den Sajat Mähdern (laut AV-Karte) gel-
ten die Wiesen mit Goldschwingelrasen
(
Festucetum paniculatae
) als botanische
Rarität.
20
Die Gesteinsunterlage ist sehr ab-
wechslungsreich, sie sorgt für eine Flora mit
einer besonderen Fülle von Arten, damit ver-
bunden ist eine Vielfalt von Insekten (Käfer,
intensive
Frostverwitterung
Bergschrund
Kargletscher
Moränenwall
flacher Karboden
Felsuntergrund
Glazialerosion
(„Ausnagen“ durch
Gletschereis)
Hangschutt
Moräne: vom
Gletscher
angehäufte Steine
und Sand
Karsee
Karschwelle
Felsuntergrund