GZ Leisach Nr. 158

9 Dorflinde Anlässlich des 60-jährigen Regierungs- jubiläums von Kaiser Franz Josef I. wurden im Jahre 1908 zahlreiche Gedenkbäume ge- pflanzt. In einer Festschrift des Forstvereins für Tirol und Vorarlberg (Innsbruck 1910) findet sich eine akribische Auflistung der gepflanz- ten Bäume, in Tirol immerhin in Summe 146.872! Damit soll, wie ausgeführt wurde, die „Gesinnungstreue und die unverwandel- bare Liebe zu dem gütigen, allüberall verehr- ten Landesvater“ kommenden Geschlechtern vor Augen geführt werden. Im Internet ist diese Broschüre unter folgender Adresse zu finden: https://www.tiroler- forstver- ein.at/fileadmin/user_upload/pdf/ festschrift_gedenkbaeume.pdf Für unsere Gemeinde finden sich Einträge für die damals noch selbständige Gemeinde Burgfrieden („Eine Linde bei der Lourdes- kapelle“) sowie für Leisach selber. „Zwei Linden am östlichen und südlichen Platze des Kirchweges. Die Bäumchen wur- den mit Pfählen und Querlatte geschützt und werden später Ruhebänke angebracht wer- den. In Anwesenheit der Gemeindevorste- hung von den Schulkindern gepflanzt; nach entsprechender Ansprache wurde die Volks- hymne gesungen. In Obhut der ganzen Ge- meinde übernommen.“ 1930 war die Linde schon zu einem mächti- gen Baum geworden. Gottfried Jaufer („Pon- gitzer Friedl“, geb. 3. Juni 1914, gestorben 20. Juni 1995) verfasste damals nachfolgen- des Gedicht: Am Dorfplatz steht die Linde mit Ästen groß und weit, und alles was ich an ihr finde deutet an vergangene Zeit. Viel Freud und Leid hat sie gesehen, wie die Zeit es eben gab, Menschen sah sie vorübergehen, die längst schon ruhen im kühlen Grab. Sie hörte im Turm die Glocken klagen, und rauschte als hätte sie die Trauer gefühlt, wenn man unsere Ahnen zu Grabe getragen, die als Kinder einst unter ihr gespielt. Nun steht sie kahl und entlaubt vor mir, ein Wundergebilde der Jahre. O Linde, wie wird zumute mir, du siehst auch meine Bahre. Durch die notwendig gewordene Sanierung und Abdichtung des Dorfbaches vor wenigen Jahren wurde der Baum von der gewohnten üppigen Wasserversorgung abgeschnitten, so dass er die letzten Jahre zunehmend Dürräste erhielt. Aus Gründen der Unfallvermeidung wurde die Linde schließlich vor wenigen Wochen bis auf das Stammstück entfernt. Für allfällige Ideen zur Gestaltung dieses Stammes ist die Gemeindeführung dankbar. Für die Redaktion, Martin Diemling

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