Koflkurier Nr. 54

Juni 2023 Die Odyssee der Fam. Kolodzieczyk 21 verdissen. Nach einem Monat wurde ihnen ein Privatquartier zugewiesen, eine Wohnung von 20 m². Dort wurden sie von den Hausbesitzern schikaniert. Die Kinder durften weder im Haus noch im Umkreis des Hauses spielen, um 8 Uhr abends wurde die Toilette und der Brunnen abgeschlossen und dass das hölzerne Geländer der Treppe mit Pack- papier umwickelt war, fand die Familie besonders entwürdigend. Wieder Boden unter den Füßen Beide Eltern bekamen Arbeit bei der englischen Besatzung, Frau Kolod- zieczyk als Köchin, Herr Kolodzieczyk bei den Pferden. Er fand dann eine An- stellung als Buchhalter bei einer Bau- firma und wechselte als Verwaltungs- angestellter in die Kreisverwaltung Herford, arbeitete sich mit immensem Fleiß und laufender Fortbildung bis zum Amtmann hinauf. Berufsbedingt wurde am Amt der für deutsche Zun- gen unaussprechliche Familienname auf „Kolb“ geändert. Das war vor al- lem für die Kinder eine Besserstellung. Denn sie hatten in der Schule unter dem komplizierten Namen sehr zu lei- den und wurden laufend verspottet. Im Herbst 1952 konnte die Familie in eine Neubauwohnung einziehen. Der Kreis schließt sich Heidi war nach der Ausbildung Se- kretärin im Amt in Löhne und wechselte dann als Hotel-Rezeptionistin nach Bad Oeynhausen. Ihr Chef vermittelte sie nach Kirchberg in ein neues Hotel. Dort gab es untragbare Verhältnisse - viel Arbeit und wenig Geld. Frau Geir, mit der Familie Kolb seit den Kriegstagen immer noch freundschaftlich verbun- den, vermittelte Heidi eine Stelle als Se- kretärin im damaligen Dolomitenwerk, später Wito. Dort lernte sie ihren Mann, Peter Rojko, kennen. Er war Leiter des technischen Büros. 1966 wurde Hoch- zeit gefeiert und 1973 konnte das neue Haus in Tristach, in der Roseggerstraße bezogen werden. Herr Kolb zog nach dem Tod seiner Frau zur Familie seiner Tochter nach Tristach. Bei der Anmeldung am Ge- meindeamt konnte sich Frau Meixner noch an ihn erinnern, nach 27 Jahren! Herr Kolb verstarb 1983 und ist in Tris- tach beerdigt. Eine Rückkehr in seine alte Heimat, auch nur besuchsweise, hat er immer abgelehnt. Die Erinnerun- gen daran waren wohl zu schmerzhaft. Herr Kolb hatte ein Tagebuch über die Flucht und die Ausweisung geführt (siehe unten). Deshalb ließ sichdieOdys- see der Familie genau rekonstruieren. Herzlichen Dank an Heidi Rojko für die große Offenheit und die Einsicht in fa- miliäre Unterlagen sowie an Dr. Martin Kofler. Burgl Kofler

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