Dorfzeitung Nr. 116

31 Dölsacher Dorfzeitung Aus dem Nachruf ihres ältesten Patenkindes Hans-Henrich dürfen wir nochmals berich- ten: Eleonore Mair, die schon als Kind streb- sam und talentiert war, war auch eine sehr temperamentvolle Persönlichkeit mit starken Emotionen und Durchsetzungsfähigkeit ge- wesen. Für die damalige Zeit zu temperament- voll schickte sie Vater Mair, der in Dölsach Volksschuldirektor und Organist war, in das von Nonnen geführte Internat „Zum guten Hirten“ nach Hall in Tirol. Dort hat die Ver- storbene wohl so manche Schul- und Lebens- weisheiten mitgenommen. Kriegsbeginn 1938 1938 – Lore war damals 13 – wurde Österreich an das Deutsche Reich angeschlossen. Sie war gezwungen, nach Lienz zurückzukehren und dort die Hauptschule zu besuchen. Ihr Ziel war es, Lehrerin zu werden, doch da der Vater nicht mit den Nazis sympathisierte und daher kein Parteibuch hatte, verweigerte man ihr die Aufnahme an der weiterführenden Leh- rerbildungsanstalt. So ging Lore 1941 in die Handelsschule Lienz, anschließend besuchte sie die höhere Frauenberufsschule in Inns- bruck mit ausgezeichnetem Abschluss 1944. Im letzten Kriegsjahr war Lore als Schulhelfe- rin in Marburg tätig. Als aber 1945 zu Kriegs- ende wieder die Lehrer zurückkamen, verlor sie diese Arbeit und ging nach Innsbruck, wo sie eine Anstellung bei der Caritas bekam und so ihr eigenes Geld verdiente. Mit ihrer besten Freundin, welche sie nach ihrer Marburger Zeit in Innsbruck beim Singen kennengelernt hatte, und zwei Männern gründete Lore das Mentelberger Quartett, aus dem sich später der Mentelberger Kammerchor entwickelte. Arbeiten als „Gastarbeiterin“ 1948 bot sich die Gelegenheit, in der Schweiz als ‚Mädchen für alles‘ in einer Zahnarztpraxis in Sursee zu arbeiten. Dort erlebte Lore einen viel höheren Lebensstandard als in Österreich, das ja damals ein kriegsbedingt verarmtes Land war. 1954 zurück nach Innsbruck, 1960 erst nach Rom, später dann nach Mailand. Lore wollte unbedingt Italienisch perfekt ler- nen, weil sie die Sprache so faszinierte. Und um dort nicht nur zu lernen, sondern auch zu überleben, heuerte Lore als Erzieherin für Kinder reicher Eltern an. 1962 wieder Arbeit in einer Zahnarztpraxis in der Schweiz, wo sie bis zur Pensionierung im Jahr 1989 blieb. Dann zog Lore zurück in ihren Heimatort Dölsach. Zurück in die Heimat Eheglück blieb der Verstorbenen leider ver- wehrt, wiewohl es an Verehrern nicht gefehlt haben sollte, war Lore doch eine gebildete und fesche Frau. Aber Lore hat dennoch ein sehr erfülltes Leben gelebt und sich als groß- artiges, sehr sozial engagiertes Mitglied der Gemeinschaft erwiesen. Die Literatur, das philosophische Nachdenken über die Dinge des Lebens, und natürlich die Musik waren ihre Welt. Lore hat in vier Ländern gearbei- tet, mindestens 10 Länder bereist, also viel ge- sehen und erlebt. Als Pensionistin engagierte sich Lore ehrenamtlich als Leiterin der Büche- rei in Gemeinde Dölsach und sang auch im Kirchenchor. Nach einem Unfall zog sie dann ins Wohn- und Pflegeheim Lienz, wo sie bis zu ihrem Heimgang am 23. April bestens be- treut lebte. HH/possenig ELEONORE MAIR (98), † 23.4.2023 Frau Eleonore Mair, in Dölsach bekannt als Lehrer-Lore, verstarb als letzte von sechs Geschwistern aus der „Lehrer- Villa“ in Dölsach. Eine große Anzahl von Trauergästen begleitete sie auf ihrem letzten Weg aus der Pfarre St. Martin zum Familiengrab.

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