Die Sonnseiten Nr. 73

66 66 Die Sonnseiten Nummer 60 - August 2018 Nachrufe i i u er 73 - Jänner 23 „Der Schöpfer wirft uns in die Luft, um uns am Ende überraschenderweise wieder aufzufangen“ (Hape Kerkeling) Diese Worte lesen wir am Ende des Pilgerberichtes über den CAMINO von Sepp und Gretl Tschurtschenthaler im Mai 2007 in den „Sonnsei - ten“. Und in der Tat kann man im Lebensverlauf etliche „Luftwürfe“ nachvollziehen. Sohn Thomas gab beim Ster- begottesdienst am Mittwoch, dem 4. Jänner 2023, einen spannenden Einblick in die 87 Jahre seines Vaters Josef Tschurtschenthaler: „Unser Papa wurde am 16. Sept. 1935 in Lienz geboren und war der Erstgeborene von fünf Kindern. In seiner frühesten Kindheit haben seine Eltern Alois und Bar- bara mehrmals den Wohnsitz gewechselt. Ainet, Sexten, Oberdrum und anschließend die „Wachtlechner Sennerei“ in Gaimberg waren die ersten Wohnorte in seinem Leben. Papa erzählte oft, dass sein Vater Alois ihn von Sexten in Südtirol mit der Buggelkraxe über den Helm nach Sillian getragen hatte. In Gaimberg erlebte er als Kleinkind auch die Wirren des beginnenden Zweiten Weltkrieges. Mehr- mals erzählte er, wie er ein- mal über das Wachtlechner Feld heimgehend, plötzlich die Bomber über der Stadt gewahrte und nur noch um sein Leben rannte. Die Volks- schule besuchte Papa seit seinem 9. Lebensjahr in Ni- kolsdorf. Dort sollte er den Sommer verbringen und den Verwandten in der Land- wirtschaft und beim Mes- nerdienst helfen. Geworden sind es dann mehrere Jahre seines Kindseins mit schwe- rer Arbeit, dem Fehlen seiner Eltern und Geschwister, hatte kein eigenes Zimmer, schlief in der „Lawe“ und muss- te um 5 Uhr morgens in die Kirche zum „Betläuten“! Ge- rade durch diese Tätigkeiten, später auch als Ministrant, hat unser Papa wohl seinen Glauben erfahren und ist sein ganzes Leben nicht mehr da- von abgewichen. 1952 be- gann er mit 17 Jahren bei der Fa. Wassermann in Lienz als Schlosserlehrling und legte 1954 die Gesellenprüfung ab, der noch ein Jahr Betriebszu- gehörigkeit folgte. Anschlie- ßend arbeitete er sieben Jahre als Dreher im Dolomitenwerk in der Peggetz. Unterbrochen wurde diese Zeit durch einen 1 1/2-jährigen Auslandsauf- enthalt in einer Schlosserei in Regensdorf/Schweiz. Im Jahr 1964 trat unser Papa seinen Dienst beim Städt. Wasser- werk in Lienz an, wo er bis zu seiner Pensionierung am 30. September 1995 wirkte. In dieser Zeit wurde er auch Werkleiter des Betriebes, war in den späteren Dienstjahren nebenbei auch als Lehrlings- ausbildner beim WIFI sowie als Berufschullehrer tätig. Mit Vater Alois und den Brüdern Lois und Paul wurde 1962 mit dem Bau eines Zweifami- lienwohnhauses in Gaimberg begonnen. Vor Dienstbeginn und nach Dienstende wurde hart am großen gemeinsamen Ziel gearbeitet. Im Novem- ber 1962 lernte Papa seine große Liebe Margaritha beim Feuerwehrball im Haidenhof kennen und das Eigenheim war Anfang 1965 soweit fertiggestellt, dass nach der Hochzeit im Februar 1965 in die eigenen vier Wände ein- gezogen werden konnte. Im Dezember 1965 wurde Tho- mas, im Mai 1967 Ursula, im November 1968 Martin und im März 1972 Josef ge- boren. Was uns Kindern von Papa am meisten geblieben ist? Die Liebe zu den Bergen: Wunderbare Wochen auf ver- schiedenen Almhütten, ge- meinsame Wanderungen und Bergtouren am Wochenende sind - wie in späteren Jahren der einwöchige Urlaub an der Adria - in wacher Erinnerung. Papa war auch für die Allge- meinheit tätig, engagiert in Pfarre und Gemeinde. Im ver- dienten Ruhestand haben sich unsere Eltern einen großen Traum verwirklicht und pil- gerten den Jakobsweg von der französischen Grenze in zwei Jahresabschnitten bis Santia- go de Compostela und weiter bis nach Finistère, dem „Ende der Welt“. Das nächste große Ziel war der Franziskusweg, von La Verna folgte man ge- meinsam den Spuren des hl. Franziskus nach Assisi und ein Besuch Roms bildete den bedeutsamen Abschluss die- ses Pilgerweges. In der Zeit des Älterwerdens erfuhr man durch gemeinsame Urlaubs- wochen im Kloster Wernberg -dort wurde 2015 die Golde - ne Hochzeit im Kreise der ge - samten Familie gefeiert - oder im Kloster Maria Luggau spi- rituelle Stärkung. So hat Papa mit großer Sorgfalt und Ge- nauigkeit 20 Jahre den freitä - gigen Rosenkranz in der Kir- che Grafendorf vorgebetet. In den letzten Jahren hat er daheim immer wieder selbst gekocht und erwies sich dabei als Feinspitz. Ganz viel Lie- be lag in der Zubereitung der Speisen, sie zeigte sich auch in der geordneten Küche. Bemerkbar machte sich sei- ne Zuneigung zum biologi- schen Garteln - trotz seines immer wieder auftretenden Schwindels hat er gerade im vergangenen Sommer noch eine großartige Tomatenernte erzielt. Besondere Glücks- momente für Papa waren si- cherlich die Geburten seiner elf Enkelkinder und das Opa- Sein hat er vor allem in den letzten Jahren sichtlich genos- sen und daraus für sich selbst sehr viel Kraft geschöpft. Die Hochzeit von Enkel Tobias mit Theresa im Herbst des vergangenen Jahres mach- Am9. Oktober 2010wurde auchJosef Tschurtschenthalermit der Tiroler Ehrenamtsnadel ausgezeichnet. Bgm. in Martina Klaunzer, Maria Gutternig, Josef Tschurtschenthaler und LH Günther Platter (v.l.) Foto: Ortschronik

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