Virger Zeitung Nr. 92

59 Dorfleben – Menschen Virger Zeitung Bürgermeister Ing. Dietmar Ruggenthaler nimmt den Spendenscheck von Thomas Gasser und Virgil Wurnitsch als Vertreter der Klaubauf- gruppe Niedermauern in Empfang. Die Freude, das Klaubaufbrauch- tum nach zwei Jahren pandemiebe- dingter Zwangspause wieder in sei- ner gewohnten Form auszuleben, war ebenso groß wie die Spenden- bereitschaft der Virgerinnen und Virger. € 8.500,00 konnten die Niedermaurer Kleibeife mit Niko- laus, Engeln und Lotterleit bei ihren Hausbesuchen im vergange- nen Dezember „erlottern“ und an den Hilfs- und Solidariätsfonds der Gemeinde Virgen übergeben. Die Klaubaufgruppe bedankt sich für die vielen offenen Türen und die großzügigen Spenden. Der Hilfs- und Solidaritätsfonds der Gemeinde Virgen wird von einem Gremium verwaltet. Aus den Mitteln werden Virgerinnen und Virger, vor allem Familien in Notsituationen unbürokratisch, rasch und anonym unterstützt. Solche Notlagen können schwere Krankheit, tragische Todesfälle, Unfälle u.dgl. sein. Kontoverbindung Hilfs- und Solidaritätsfonds: AT25 3637 8000 3114 8984 Kleibeife sammelten für den guten Zweck teilweise aber auch in Virgen. Zu die- ser Zeit war es nicht einfach, neue Stoffe zu ergattern, sie waren selten und schwer zu bekommen. Deshalb arbeitete man nach dem Grundsatz „Aus Alt mach Neu“. Wir trennten alte Sachen auf, schnitten das Beste heraus und fabrizierten damit Neues. Trachten, Brautkleider, Hemden, Blusen, verschiedene Schürzen und Hosen wurden genäht. Manchmal gab es auch viel zum Flicken: in Män- nerhosen Gesäßteile auswechseln, Zerrissenes kunstvoll „stopfen“ oder austauschen, kürzen, verlängern und anderes mehr. Bei Arbeiten mit Loden musste fast alles händisch ge- macht werden, da unsere Näh- maschinen zu schwach dafür waren. Wir nähten nur mit sogenannten „Handmaschinen“, die man auf den Tisch stellte und durch Drehen an einem kleinen Kurbelrad in Betrieb setzte. Die „Tretmaschinen“ hatten ein Wipp-Pedal, das mit den Füßen auf und nieder bewegt wurde. Elek- tronähmaschinen gab es noch nicht. Ein Wort zu den Stoffen: Nach dem Krieg erhielt man in Lienz schon Nähmaterial, aber nicht für Geld, sondern gegen Essbares! Dort gab es auch noch ein Lager mit Soldaten- wäsche, meistens neue Bettlaken und Überzüge, die aus schönem Stoff waren, den man im Handel nicht bekam. Bis die ärgste Not überstanden war, haben auch die Geschäftsleute ihre Waren nur gegen Lebensmittel eingetauscht. Auf der Stör Auf der Stör erlebten wir neben der strengen Arbeit auch lustige Zeiten. Wir schliefen im Haus der Auftrag- geber und fast überall mussten wir zwei Lehrlings-Mädchen uns ein Bett teilen. Oft rückten auch die Haus- leute zusammen, damit die Störleute Platz hatten. Besonders nett war es in einem Winter auf einer Stör in Hin- terbichl. Ein größerer Bauernhof, da- mals noch das Wirtshaus dabei, und die Kinder im gleichen Alter wie wir Lehrlinge. Dort waren wir zur selben Zeit drei Schneider, drei Näherinnen und ein Schuster. Der Schuster lebte im Ort und ging abends nach Hause. Gearbeitet hat er in der Nebenstube. Wir sechs Leute nähten in der Bau- ernstube. Die dort lebende Familie war groß und es gab viel Neues zu machen. Geschlafen haben wir in Gästezimmern. Die Tante hatte un- tertags immer wache Augen auf uns Lehrmädchen. Doch der Abend, vor dem Zu-Bett-Gehen, gehörte uns – und den nutzten wir Gleichaltrigen aus, wobei es immer sehr lustig war. Auf jeder Stör verbrachten wir meh- rere Tage. Es war, unter anderem, fast die schönste Zeit in meiner Jugend.

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