Thurner Blattl Nr. 45

Seite 16 A LLGEMEIN „Reden Sie mit uns!“ - So lautet das Motto der vier neuen Psychosozialen Zentren in Tirol, eines davon ist seit Mitte Juli in Lienz in Betrieb. Das psychosoziale Zentrum ist ein kos- tenloses, vom Land Tirol finanziertes, niederschwelliges und vertrauliches Angebot für erwachsene Menschen (ab 18 Jahren) in der Krise, für Men- schen mit psychischen Belastungen und für deren Angehörige. Wir sind der Meinung, es sollte genau so normal werden, sich in einer psychischen Krise Hilfe zu holen, wie dies jeder Mensch etwa bei einem Knochenbruch tut. Rasch und unkompliziert, ganz ohne Zuweisung, ohne Diagnose, ohne E-Card usw. kann unter der Telefon- nummer 050-500 ein Termin verein- bart werden. In dringenden Fällen ist es auch möglich, ohne Voranmeldung vorbeizukommen. Wir hören Ihnen zu und versuchen zu klären, was Ihr An- liegen ist. Oft kann schon ein erstes Gespräch neue Türen öffnen. Wir sind gut vernetzt und informiert in der sozi- alen Landschaft Osttirols und können mit Ihnen nach bedarfsgerechten An- geboten und Behandlungen suchen. Mit regelmäßigen Gesprächsterminen können wir die Zeit bis zum Beginn eines weiterführenden Angebots, z.B. einer Psychotherapie, überbrücken. Auf Wunsch kommen wir auch zu Ih- nen nach Hause. Unser vierköpfiges Team besteht aus einer Sozialpäda- gogin, einer Psychologin, einem Kran- kenpfleger mit psychiatrischem Diplom und einem Sozialarbeiter. Das Psychosoziale Zentrum Ost- tirol ist in Lienz, Maximilianstraße 20, angesiedelt und von Montag bis Freitag von 9 bis 14 Uhr geöffnet. Zusätzlich können Beratungen auch dienstags von 17 bis 19 Uhr verein- bart werden. Wenn Sie sich in irgendeiner Weise angesprochen fühlen, so zögern Sie nicht und kontaktieren Sie uns, denn: Reden hilft! Das Team des PSZ Osttirol Die Teammit- glieder vom Psychosozi- alen Zentrum Osttirol. V.l.: Michaela Webhofer, Sylvia Ebner, Hans Schantl (Standortlei- tung), Wolf- gang Jaritz. „Reden Sie mit uns!“ Sie befinden sich vielleicht selbst in einer belastenden Phase ihres Lebens oder brauchen einfach jemanden, der ihnen zuhört? Sie sind Angehörige von Menschen, die sich in einer psychischen Ausnahmesituation befinden? Psychosoziales Zentrum Osttirol – Fallbeispiele • Herr A. befindet sich nach dem plötzlichen Tod seines Sohnes in ei- ner akuten Krise. Er kann nicht ver- stehen, wieso sein Sohn vor ihm ge- hen musste. Er nimmt Medikamente gegen Schlaflosigkeit und Depressi- onen. Der Alltag ist sehr schwer ge- worden und für ihn fast nicht mehr zu bewältigen. Für seine Frau und seine anderen Kinder muss er stark bleiben. • Frau S. lebt alleine. Die Zeit des Co- rona Lockdowns hat sie allein in ihrer Wohnung verbracht. Über Wochen und Monate hat sie kaum Menschen getroffen. Die Diskussionen rund um die Impfungen haben sie sehr be- schäftigt und mit der Zeit große Äng- ste in ihr ausgelöst. Sie konnte sich nicht zu einer Impfung entscheiden, fühlte sich zunehmend von der Ge- sellschaft ausgeschlossen. Seit eini- gen Monaten hat sie depressive Epi- soden. Zudem plagen sie Existenz- ängste, da sie befürchtet, mit ihrer Mindestpension ihren Lebensunter- halt nicht mehr stemmen zu können. • Brigitte lebt gemeinsam mit ihrer Familie in einem entlegenen Seiten- tal auf einem Bauernhof. Der Hof ist übergeben an den Sohn. Frau B. braucht seit einer Operation eine Gehhilfe. Sie ist aufgrund der expo- nierten Lage an das Haus gebunden und nicht mobil. Mit ihrem Mann hat sie sich schon vor Jahren auseinan- dergelebt. Mit dem Sohn, der mit sei- ner Familie im gleichen Haushalt lebt, gibt es immer wieder Differenzen. Frau B. lebt zwar bei ihrer Familie, trotzdem leidet sie unter Einsamkeit. • Andreas ist ein junger, intelligenter Mann. Beim ersten Gespräch sind seine Pupillen auffällig erweitert. Er ist bereits seit 10 Jahren drogenab- hängig. Immer wieder versucht er zu Hause alleine von den Drogen loszu- kommen. Im Laufe der Jahre hat sich ein Schuldenberg angehäuft. Er hat noch nie über längere Zeit einen Ar- beitsplatz behalten und deshalb keine Versicherung. Seine Familie hat sich von ihm abgewandt. Er möchte einen Platz in einer Entzugsklinik und sein Leben ordnen. Allein ist er den He- rausforderungen nicht gewachsen. Allen diesen Menschen gemeinsam ist: sie befinden sich in einer Krise, sie haben das Gefühl, dass sie allein nicht mehr weiterkommen. Es gibt viele Ursachen, warum Menschen vorübergehend oder längerfristig in psychische Krisen geraten. Fast je- der Mensch kennt Phasen seines Lebens, die psychisch belastend sind oder waren.

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