GZ Leisach Nr. 157

24 Woran wir Kinder uns gut erinnern, ist die große und selbstverständliche Verbunden- heit unseres Vaters mit seinen Eltern und Geschwistern, nicht nur weil er im Betrieb seines „großen Bruders“ sechs Jahre lang bis zur Meisterprüfung im Jahre 1953 mitgearbeitet hat. Auch zu den Kindern seines Bruders, den Nichten und dem (leider zu früh verstorbenen) Patenkind Alfred hatte er immer einen sehr guten Draht. Ebenso harmonisch war das Verhältnis zu sei- nen Schwiegereltern, mit denen wir über zehn Jahre gemeinsam mit Onkel, Tante und Cousinen in Leisach 57 wohnten, bis wir 1968 in die Hausgemeinschaft Leisach 4 übersiedelten. Von seiner 35-jährigen Tätigkeit als Lehrer – nicht wenige sagen: als „begnadeter Päda- goge“ – in der Berufsschule Lienz haben wir zunächst seine Freude am Beruf mitbekom- men, die fast ein (Berufs-)Leben lang unge- trübt blieb; vor allem sichtbar aber waren und sind für uns die Treue und Anerkennung, die ihm eine große Anzahl von Schülern – auch durch ihre Besuche – entgegenbrachte. Nach seiner Heirat und den ersten beiden Kindern warteten auf ihn herausfordernde Jahre. Neben seinen Aufgaben als pflichtbe- wusster Ehemann und geforderter Familienva- ter, neben seiner Tätigkeit an der fachlich gewerblichen Berufsschule in Lienz musste er sechs Jahre lang Zeit für die Vorbereitung auf die Externisten-Matura finden, die er 1964 erfolgreich ablegte – „nach dem Lehrplan der Realgymnasien“, wie er in einem Lebenslauf stolz vermerkte. Uns älteren Kindern blieb aus dieser Zeit – wir waren Volksschüler – vor allem das Vor-Bild eines stets von Büchern umgebenen, in die Nacht hinein Studieren- den in Erinnerung, wach und konzentriert, auch dank seiner lebenslang einzigen „Droge“, dem Nikotin. Naturgemäß blieb da wenig Zeit für Aktivitä- ten in Vereinen oder zur Einkehr im Gast- haus, aber der Kirchenchor blieb für unseren Vater, zusammen mit seiner Maridl, jahrzehn- telang ein Fixpunkt. Nur kurz, aber erfolg- NACHRUF AUF JOSEF GOTTFRIED SENFTER AUS DER PERSPEKTIVE SEINER KINDER reich war seine „Karriere“ als – auch von Experten gelobter – Bass im damals aufstreben- den Leisacher Männer- quartett, so kurz wie seine (ebenfalls geschätzten) Auf- tritte als Schauspieler auf Schloss Bruck in den Fünfzi- gerjahren. Für die Musik und die Bühne hatte er Talent, das wusste er, aber er wusste auch, dass Talent allein zu wenig war. Nach dem schönen Erfolg seiner Reifeprü- fung durfte sich unser Vater in den folgenden Jahren über die Geburt seiner zweiten Toch- ter (1966) freuen und sodann über das gelun- gene Studium der drei Kinder – das war für ihn wichtig! Dafür, dass er immer an uns ge- glaubt hat, sind wir ihm sehr dankbar; und wir sind uns auch sicher, dass er das wusste. Mit unserem Eintritt ins Berufsleben ergab sich auch für unseren Vater eine denkwürdige Zäsur: Plötzlich erwachte – auch für ihn selbst unerklärbar – das Interesse für seine Vorfah- ren, die Herkunft seiner Familie(n). In die so genannte „Ahnenforschung“, für die es nicht an passionierten Gesprächspartnern mangeln sollte , wurde nun so viel Zeit und Hingabe investiert, dass unser Vater auch im Dorf wie- der in Erscheinung trat, in „wichtiger Mis-

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