GZ Kartitsch Nr. 94

Seite 29 Ausgabe 94 Historisches Anzuführen bleibt aber, dass der Wald in den ersten Jahrhunderten seit der Besiedelung für den einzelnen Hofbesitzer neben der Nutzung für den Eigenbedarf sowie für Weide und Streubezug weit weniger Bedeutung als heute hatte. Bis zu den Waldteilungen (ab Mitte des 16. Jahrhunderts) waren es überwiegend Gemeinschaftswälder (Gemein - , Nachbarschafts - und Hofwälder) mit nur gemeinschaftlicher Holzschlägerung für den Export und geringem Ertrag. Auch Waldpflege war kaum bekannt. Noch zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurde in Übergabsverträ- gen oder Verlassenschafts - Abhandlungen Wald kaum benannt, wenn überhaupt eher Waldnutzung. Erzählt wird, dass bei der Einführung der Grundsteuer um 1870 nicht selten sich ein Bauer beklagte, dass die jährliche Steuer den Wert und Ertrag mancher hochgelegenen Waldflächen übersteige. Das eingangs zitierte Sprichwort galt daher wohl erst seit mit dem Bau der Südbahn der Holzverkauf lukrativ wurde. Wie aber wurden unsere Bauern überhaupt Waldbesitzer? In Berichten zu unserer Siedlungsgeschichte wird der Wald auffallend selten erwähnt. Verbindliche Angaben von Historikern zur Erstbesiedelung unserer Talschaft bestehen nicht. Aufgrund verlässlicher Hinweise darf angenommen werden, dass in diesem Hochtal - damals überwiegend als Weide genutzter Urwaldbestand mit entsprechenden Kahlflächen in unmittelbarer Nähe zur Pustertaler Talfurche - erste Siedler vereinzelt zur Zeit der Römer im 3./4. Jahrhundert Land zur Rodung nahmen und sesshaft wurden. * 1) Unser Wald Der Wald sei die Sparkasse des Bauern, sagten unsere Vorfahren. Vor allem in den wirtschaftlichen Notjahren der Zwischenkriegszeit rettete er manchen Oberländer Bauern vor dem Ruin. Die enormen Sturmschäden im Herbst 2018 und beinahe mehr noch die Schneebruchschäden im Frühwinter 2019 und 2020 setzten dem Waldbestand unseres Tales und weiten Teilen Osttirols und Oberkärntens aber furchtbar zu. Dem nicht genug, ist wohl als Folge dieser Schäden und begünstigt durch den Klimawandel seit 2021 über weite Waldflächen und in allen Höhenlagen bis zur Waldgrenze ein Borkenkäferbefall enormen Ausmaßes festzustellen und selbst Fachleute wissen derzeit nicht, wie sich der Bestand unserer heimischen Wälder in den nächsten Jahren und Jahrzehnten entwickeln wird. Wiederholt hört man daher die Frage, ob und wann es derartige Waldschäden schon früher gegeben habe. Den vorhandenen und bekannten Aufzeichnungen zufolge ist dies eher zu verneinen. Neben den Waldschäden in neuerer Zeit, etwa im Winter 2013/2014 und Schäden durch Schneedruck im Winter 1916/17, in Kartitsch und Tilliach sowie auch die Schlägerungen im Zusammenhang mit der Kriegsfront zwischen 1915 bis 1917 sind Waldschäden größeren Ausmaßes nicht aufgezeichnet. In den Verfachbüchern der Gerichte Anras und Heinfels sowie den Oberforcherregesten auf Schloss Bruck findet man Aufzeichnungen über Unwetter, Missernten, Seuchen, Heuschrecken, Erdbeben, Hochwasser, strenge Winter mit Kälte und Lawinen und auch über roten Schnee (1847 durch Wüstensand), nicht aber von größeren Waldschäden. Zudem stand unser Wald beinahe immer unter behördlicher Aufsicht und es erfolgten wiederholt Zustandsberichte. Einige davon sind wegen Überschläge- rung sogar allarmierend. Sodass anzunehmen ist, dass gravierende Unwetterschäden oder ein Käferbefall größeren Ausmaßes mit Sicherheit vermerkt worden wären. Wenn derzeit neu geschlägerte Holzpartien auffallend oft auf ein Holzalter von zwischen 150 bis 200 Jahre hinweisen und daher auf größere Waldschäden etwa zu Beginn des 19. Jahrhunderts und nachfolgender Waldverjüngung deuten. So ist nachgewiesen, dass in den großen Notjahren während der bayerischen Herrschaft von 1805 bis 1814 in den Wäldern allgemein überschlägert und gewüstet wurde, worunter die Bestände arg litten. Erst durch rigorose Maßnahmen bis zu Schlägerungsverbo- ten und Verjüngungsvorschriften konnte sich der Wald in den Folgejahren wieder erholen. Hollbruck gegen Hollbruckertal, um 2018 Hollbruck mit Waldschäden oberhalb der Ortschaft und im Hollbruckertal, Februar 2023

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