Koflkurier Nr. 53

6 Das Schaf März 2023 M it der Rückkehr des Wolfes in unser Land ist die Diskussion zwischen Bauern und Naturschützern heftig entbrannt. Kamen die Schafe auf den Trista- cher Almen im vergangenen Jahr „unge- schoren“ davon, so wüteten Wölfe zum Leidwesen der Bauern auf den Lavan- ter-Almen hemmungslos. 33 Schafe, die halbe Herde von zwei Bauern, fielen den Raubtieren zum Opfer. Darunter wa- ren auch Tiere, die im Pferch eingezäunt waren oder ein elektronisches Halsband hatten. Appetit hatte sich der Wolf, oder die Wölfe, schon im Jahr 2021 geholt. Da war der Tod von neun Schafen und einem Ochsen zu beklagen, außerdem wurden einige Schafe und zwei Ochsen verletzt. 1955 wurden in Tristach 131 Scha- fe gehalten, Tiefstand war 1970 mit nur noch 22 Tieren, 1989 waren es 58, der Höchststand war 2017 mit 181 Scha- fen. 2022 weideten 156 Tiere verschie- denster Rassen auf der Alm: Tiroler Steinschaf, Tiroler Bergschaf, Braunes Bergschaf, Jura, Suffolk, Kärntner Bril- lenschaf, Kugelschecke, Merino und Berrichon du Cher. Vor dem Almauftrieb müssen alle Tiere durch ein Räudebad oder gegen Räude geimpft werden. Mene Eine Institution in Bezug auf Schafe ist in Tristach Frau Assmayr, die Wohler Mene, die, wie ein Iseltaler Schafbauer sagte: „Die Happlfrau, die Tötlinge auf- teddlt.“ Übersetzt: „Die Schaf-Frau, die lebensschwache Lämmer mittels Schaf- ersatzmilch-Lammtrockenmilch mit der Flasche aufzieht.“ Manchmal ist ein Muttertier krank oder es nimmt sein Kind nicht an, bei Mehrlingsgeburten reicht gelegentlich die Muttermilch nicht und sehr selten gibt es auch Lammwaisen. Mene kümmert sich um solche Tiere mit Futter und Zuwendung. Hin und wieder wird Mene auch als Geburtshelferin ge- rufen, als Schafhebamme sozusagen. Hirten Über Schafhirten gibt es in Tristach keine schriftlichen Aufzeichnungen. Es ist aber sicher, dass bis Mitte der 1950er Jahre „Schafler“ auf der Skihütte logiert haben, die sich auf der Alm um die Her- den gekümmert haben. Im Dorf erinnert man sich noch an Lorenz Klocker-Altbau- er beim Bacher, Paulus Bundschuh und Johann Klocker-Altbauer beim Schmiedl. Lorenz Wendlinger („Maurer Lenz“) war wahrscheinlich der letzte Schafhirte. Ehe in Tristach um 1960 der Bauboom ausbrach, durften die Schafe vor dem Almauftrieb „auf dem Land“ weiden. Das Brachland und der Wald entlang der Drau wurde allgemein als „in den Stauden“ bezeichnet. Hüterbuben küm- merten sich um die „Happl“ und sorgten dafür, dass sie jeden Abend im Jakober Anger eingepfercht wurden. In Österreich werden 394.000 Scha- fe gehalten (2021), die meisten Schafe gibt es im Vergleich zur Einwohnerzahl in Neuseeland, auf den Falklandinseln und auf den Färöer-Inseln, die übersetzt Schafinseln heißen. Nutztier Ehe Chemiefasern so ab dem 2. Weltkrieg die Modewelt eroberten, war das Schaf in unseren Breiten ein Nutztier ersten Ranges. Der Mensch im Gebirge - und nicht nur er - hüllte sich in Wolle: gestrickt, gehäkelt, gewebt, als Loden gewalkt und gefilzt. Von Kopf bis Fuß, vom Hut bis zu den „Patschen“ war Wolle neben Leinen und Baumwol- le seine zweite Haut. Schafwolldecken wärmten Mensch und Ross. Mittels Lar- ve, Glocken und Schaffellen werden aus friedlichen Menschen wilde Krampusse. Heute ist Wolle in Teppichen begehrt, als Lodenjacken in den diversen Trachten der Vereine, als modisches Accessoire in gefilzten Handtaschen und bis zur Un- kenntlichkeit verfeinert im Tuch von nob- len Anzügen und Kostümen. Wolle dient als Isoliermaterial für Häuser und als bio- logisches Düngemittel und muss von den Schafhaltern um einen lächerlich niedri- gen Preis verkauft werden. Goldenes Vlies Nach der griechischen Mythologie ist das „Goldene Vlies“ das Fell eines Widders, der fliegen und sprechen konn- te. „Philipp der Gute“ gründete 1430 den Ritterorden des Goldenen Vlieses. Ab 1700 wurde er zum Hausorden der Habsburger. Ziel des Ordens ist die Er- haltung des Katholischen Glaubens, zum Schutz der Kirche und die Wahrung der Ehre des Rittertums. Seit der Gründung des Ordens gehören 30 bis 70 „Ritter“ zum Verein unter der Leitung eines Sou- veräns, eines Großmeisters. Zurzeit ist dies Karl Habsburg. Mene als Schafsmama Im Gleichschritt ► Das Schaf

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