Dorfzeitung Nr. 115

8 Dölsacher Dorfzeitung Der letzte Schub der Völkerwanderung bewegte sich in zwei Zügen auf unser Gebiet zu und fand hier sein Ende. Vermutlich um 590 drangen die Slawen, besser gesagt: die Slowenen, von Osten her in das Drautal ein, blieben aber nicht am Zusammen- fluß von Lienz und Drau stehen, sondern ein Teil zog weiter, ins Pustertal hinüber. Beweis: Aßling ist die westlichste Ort- schaft im Pustertal mit slawischem Namen; slawische Flurnamen finden sich noch bis in die Gegend von Toblach, und aus dem Slawischen stammende Bezeichnungen für landwirtschaftliche Gegenstände und Einrichtungen finden sich sogar noch westlich und nördlich von Bruneck. Im westlichen Pustertal begegneten den Slawen die Bajuwaren (später Baiern genannt), welche über den Brenner nach Süden und ins Pustertal eindrangen. Da die Bajuwaren den Slowenen offenbar überlegen waren und auch kriegerischer, drängten sie letztere zurück bis x in unsere Gegend und sogar weiter, das Drautal hinab bis gegen Teurnia, wo man vor einiger Zeit bajuwarische Gräber fand. Diese rühren wahrscheinlich von einem Kampf her, bei welchem der Vormarsch der Bajuwaren aufgehalten worden war. Dazu ist zu wissen, daß die Slowenen ein Volk von Viehzüchtern waren mit starken familiären Bin- dungen, weshalb sie überall versuchten, auf friedliche Art zuWeidengebieten zu kommen. Die Slawen wurden aber ihrerseits stark bedrängt und ausgebeutet von den kriegerischen Awaren, denen sie abgabepflichtig waren. Daher könnte man die ein- tretende Wendung auch so sehe: Die Awaren fürchteten mit Recht, beim weiteren Rückzug der Slawen einen empfindlichen Abgang in ihren Einkünften zu erleiden. Daher übernahmen nun die kriegskundigen und grausamen Awaren das Kommando und zwangen den Baiernherzog Tassilo II. zum Rückzug. Sein Sohn, Herzog Garibald, stellte jedoch ein für damalige Begriffe riesiges Heer von 2000 Mann auf, um die Slawen endgültig zu schlagen. Aber es kam umgekehrt: Der Changan (Gebieter der Awaren und Slowenen) überfiel die Bajuwaren aus dem Hinterhalt und schlug sie bei Aguntum vernichtend (610). Einen wei- teren Vormarsch der Slawen in Richtung Innichen konnten die Bajuwaren mit Mühe verhindern. Herzog Tassilo III. sicherte sich gegen diese Nachbarn ab, indem er im J. 769 das Benediktinerstift Innichen gründete und das Kloster mit einem großen, geschlossenen Grundbesitz ausstattete, der Schenkung (lt. Schenkungsurkunde): „Um das ungläubige Volk der Slawen auf den Weg der Wahrheit zu führen.“ (Im J. 816 übergab der Kaiser Ludwig das Stift Innichen dem Hochstift Freising). DIE SLAVEN UND DIE BAJUWAREN IM GEBIET VON DÖLSACH Auszug aus der Dölsacher Dorfchronik von Prof. Josef Astner, 1. Band 1974 Foto Atlas Quelle: Peter Anich und Blasius Hueber Tyrolensis 1774

RkJQdWJsaXNoZXIy MTUxMzQ3