GZ Leisach Nr. 155

23 tüchtige Art bald überall geschätzt. Für Her- mann war sie eine ideale Partnerin, die viele seiner Interessen teilte und ihn in allem unter- stützte. Auch Henriette war eine wagemutige Autofahrerin, und so fuhren die beiden in ihrem Auto mitten ins Zentrum von Paris, wo Hermann im mehrspurigen Kreisverkehr beim Arc de Triomphe, wo zwölf Straßen stern- förmig auseinanderführen, nicht mehr weiter- wusste und kurzerhand stehenblieb, um Henriette ans Steuer zu lassen. Er selbst kur- belte das Seitenfenster hinunter und ruderte deutlich mit dem Arm, so dass ihn nachsich- tige Franzosen unbeschadet abbiegen und abfahren ließen. Solche Abenteuer schmie- den natürlich zusammen. 1987 kam ihre erste Tochter Ingeborg zur Welt und machte Hermann zum stolzen Vater. Sieben Jahre später folgte Sonja. In- zwischen wurden über dem Pferdestall zwei Ferienwohnungen gebaut, die immer gut gebucht waren. Ein weiteres Bauprojekt ging Hermann 1997 an. Mit Freunden und Verwandten renovierte er in mühevoller Handarbeit die alte Linder- mühle am Dorfbachl und setzte sogar das Mahlwerk wieder instand, so dass sie seit 2004 wieder funktionsfähig ist. Es war Her- mann ein Anliegen, sie vor dem Verfall zu bewahren, weil dort bis in die 1960er-Jahre Weizen, Roggen und Buchweizen von den eigenen Äckern gemahlen worden waren. Mit seinen beiden Töchtern und den mittler- weile fünf Enkelkindern hat Hermann viel Freude. Ingeborg besuchte die Landwirt- schaftliche Lehranstalt und machte dort die Facharbeiterprüfung. Einige Saisonen arbei- tete sie auf der Adlersruhe und war dann Hüttenwirtin im Sadnighaus und auf der Ster- nalm. Jetzt lebt sie mit ihrem Mann und den drei Kindern Anna Carina, Raphael und Mariella in Mörtschach. Sonja besuchte ebenfalls die Landwirtschaftliche Lehranstalt und machte dann die Lehre zur Restaurant- fachfrau im Tiroler Hof in Dölsach. Später arbeitete sie im Hotel Haidenhof. 2014 kam ihr erster Sohn Florian zur Welt, 2019 dann Markus. 2018 wurde die Vermietung der Ferienwoh- nungen aufgegeben und die Räumlichkeiten so umgebaut, dass Sonja mit ihrer Familie dort einziehen konnte, um in der Nähe ihrer Eltern zu sein und sie zu unterstützen. Henriette hatte 2010 eine Krebserkrankung überstanden und sich gut erholt, aber 2019 flammte die Krankheit wieder auf und führte zu ihrem Tod. Der Verlust war für Hermann sehr schwer zu verkraften, aber die liebe- volle Betreuung durch seine Töchter und die Freude an den Enkelkindern gaben ihm wieder Lebensmut. Er selbst ist ja auch durch die Folgen eines Autoabsturzes, der ihn beinahe das Leben gekostet hätte, nicht mehr so kräftig und belastbar wie früher. Das war im Juni 2013, als er in seinem Suzuki zu Waldpflegearbei- ten auf dem alten Glorcher Weg unterwegs war. Der Weg war so verwachsen, dass eine Abbruchstelle nicht zu sehen war, obwohl Hermann am Vortag den Weg zu Fuß abge- gangen war. So überschlug sich das Auto, und als Hermann nach längerer Zeit wieder zu sich kam, schleppte er sich barfuß und blutüberströmt bis zum Kerschbaumer, von wo aus ihn die Söhne des Bauern sofort in ihrem Privatauto ins Krankenhaus brachten. Hermann musste mehrere Wochen dortblei- ben und war auch daheim noch eine Weile auf Hilfe angewiesen, aber er ließ sich nicht unterkriegen. Weiterhin war er als Mitglied und langjähri- ger Kassier des Jagdvereins Schattseite- Koflalm tätig und rückte auch gern mit dem Leisacher Landsturm aus. Erst in letzter Zeit wird ihm das zu beschwerlich, aber an Aus- flügen und Besichtigungen mit dem Pensioni- stenverband nimmt er immer noch gerne teil. Bis zu seinem Übertritt in den Reservestand war Hermann Jahrzehnte lang Feuerwehr- mann und auch als Klarinettist bei der Musik- kapelle war er früher aktiv, bis ihm bei einem Arbeitsunfall der linke Zeigefinger verkürzt wurde. Auch wenn derzeit ein paar Hühner, ein Hund und eine Katze die einzigen Tiere auf dem Hof sind, findet Hermann ums Haus immer etwas zu tun. Und wer vorbeikommt, wird auf ein gutes Schnapsl eingeladen und kann sich bei herrlicher Aussicht auf den Spitzkofel von Hermann über vergangene Zeiten erzählen lassen. M. H.

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