Virger Zeitung Nr. 91

4 Gemeinde Virger Zeitung Immer geringeres Vertrauen in den Staat, in die Politik, in alle möglichen Institutionen und Or- ganisationen prägen unsere Zeit. Die Menschen sind gesättigt mit Nachrichten und Informationen. Gleichzeitig nimmt die Skepsis der Menschen in die Berichterstattung enorm zu. Demokratie benötigt die Vielfalt der Sichtweisen und Meinungen, das gesamte sich of- fenbarende Spektrum des Seins soll möglichst objektiv ausgeleuch- tet werden. Wir werden durch Me- dien ständig mit neuen „Experten- meinungen und Expertenaussa- gen“ konfrontiert. Solche werden uns als Mehrheitsmeinung ver- kauft. Bei genauer Betrachtung können diese dem Wahrheitsan- spruch oft nicht standhalten. Ich lese gerade ein sehr interessan- tes Buch zu dem Thema Medien mit Bezug besonders auf Deutsch- land. Der Inhalt lässt sich prak- tisch 1:1 auf die österreichische Medienlandschaft übertragen. „Die vierte Gewalt“ – Wie Mehr- heitsmeinung gemacht wird, auch wenn sie keine ist. Das erste gemeinsame Buch der beiden Bestseller-Autoren Richard David Precht und Harald Welzer: Wie Massenmedien die Demokra- tie gefährden Was Massenmedien berichten, weicht oft von den Ansichten und Eindrücken großer Teile der Bevöl- kerung ab – gerade, wenn es um brisante Geschehnisse geht. So ent- abzuweichen. Diese Angst ist der bestmögliche Dünger für den Zer- fall der Gesellschaft. Denn Maßlo- sigkeit und Einseitigkeit des Ur- teils zerstören den wohlmeinenden Streit, das demokratische Ringen um gute Lösungen. In ihrem ersten gemeinsamen Buch analysieren die Bestseller- Autoren Richard David Precht und Harald Welzer die Mechanis- men, die in diese Sackgasse füh- ren: Wie kann eine liberale Demo- kratie mit pluraler Medienland- schaft sich selbst so gefährden? Wie ist es in Deutschland, dem Land einer lange vorbildlichen Qualitätspresse und eines im inter- nationalen Vergleich ebenso vor- bildlichen öffentlich-rechtlichen Rundfunks dazu gekommen? Wie konnte und kann die Medienland- schaft durch die »vierte Gewalt« selbst unfreier werden? Und was bildet das veröffentlichte Mei- nungsbild ab, wenn es mit dem öf- fentlichen so wenig überein- stimmt? Wir müssen verstehen, wie unsere Demokratie nicht durch Willkür und Macht „von oben“, sondern aus der Sphäre der Öffentlichkeit selbst unterspült wird – erst dann kann die „vierte Gewalt“ ihrer Rolle wieder gerecht werden (zitierte Kurzinformation). Ein sicheres Zeichen dafür, dass dieses Buch den Nerv vieler Redak- teure und Medienvertreter getrof- fen hat sind empörte Reaktionen Liebe Virgerinnen, liebe Virger, geschätzte Leserinnen und Leser der Virger Zeitung! DER BÜRGERMEISTER INFORMIERT Bürgermeister Bmstr. Ing Dietmar Ruggenthaler. Foto: R. Köfele steht häufig der Eindruck, die Mas- senmedien in Deutschland seien von der Regierung oder »dem Staat« manipuliert. Aber die heu- tige Selbstangleichung der Medien hat mit einer gelenkten Manipula- tion nichts zu tun. Die Massenme- dien in Deutschland sind keine Vollzugsorgane staatlicher Mei- nungsmache. Sie sind die Vollzugs- organe ihrer eigenen Meinungsma- che: mit immer stärkerem Hang zum Einseitigen, Simplifizieren- den, Moralisierenden, Empören- den und Diffamierenden. Und sie bilden die ganz eigenen Echokam- mern einer Szene ab, die stets da- rauf blickt, was der jeweils andere gerade sagt oder schreibt, ängstlich darauf bedacht, bloß davon nicht

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