Achse Nr. 264

Seite 27 10/2022 Medikamenten-Mülldepo- nie Mensch Neben der Vergiftung von Luft, Wasser und Boden und unserer gesamten Nahrungskette, dessen oberstes Glied wir Menschen sind, gibt es auch die „hausgemachte“ Vergiftung des Menschen durch die Medizin, vor allem die Produkte der Pharmaindustrie. In den vergangenen Jahrhunderten waren Vergiftungen und Infektionen als Folge verunreinigten Trinkwassers an der Tagesordnung. Heute scheint das Gegenteil zum Problem zu werden. Das Bedürfnis der Gesellschaft nach Hygiene und Gesundheit wird zum Bumerang. Das Wort „Brunnenvergif- tung“ bekommt eine neue Bedeutung. Heilmittelrückstände gelangen in unser Wasser, ohne dass es dadurch zum „Heil- wasser“ wird. Die Forschungsergebnisse der noch jungen Disziplin des Abwassermonitorings lassen schlimmste Befürchtungen auf- kommen. Womöglich wird in Zukunft ein ordentlicher Schluck Wasser genügen, um eine therapeutisch wirksame Menge von Schmerzmedikamenten, Hormonen, Antibiotika und Zytostatika zu sich zu nehmen. Medikamentenrückstände und Medikamentenabbauprodukte im Grund- und Trinkwasser tragen nicht zur Gesundheit der Bevölkerung bei, sondern können ganz im Gegenteil Entwicklungsstörungen und Krank- heiten verursachen. Es gibt mehr Menschen als je zuvor. Der Wohlstand der Indu- striestaaten macht uns dick, unbeweglich, begehrlich und unzufrieden. Wir wollen Gesundheit, Glück, Schönheit, Vor- sorge und Sauberkeit. Wir wollen ein langes, desinfiziertes und beschwerdefreies Leben. Immer und sofort. Um dieses Ziel zu erreichen, gibt es mehr Operationen, mehr Medikamente, pharmakologische Substanzen und Medizin- produkte als je zuvor. Gefährlich mehr. Alleine in Österreich werden täglich mehr als zwei Tonnen Arzneimittel verbraucht. Zum Einsatz kommen sie in der Prävention und Therapie von Krankheiten bei Mensch und Tier. Aber dabei bleibt es nicht. Ein Sprichwort sagt: „Irgendwann geht alles den Bach hinun- ter“. Das gilt auch für die Abfälle, Haupt-, Neben-, und Abbauprodukte der Medizin- und Gesundheitsindustrie. Im wahrsten Sinn des Wortes. Menschen und Tiere scheiden ein Leben lang über Stuhl und Urin die Überreste von Medikamenten samt ihren übriggeblie- benen Wirkungen und Nebenwirkungen aus. Damit trägt jeder medizinisch behandelte Patient zur fortlaufenden Anreiche- rung des Abwassers mit Heilmitteln bei. Seinen Höhepunkt erreicht dieser Prozess gegen Lebensende eines Menschen. In keiner Phase unseres Lebens pumpen wir so viel Arzneimittel und Medizinprodukte in unsere Körper wie in den letzten drei bis sechs Monaten vor unserem Tod. Nach den Richtlinien der Abfallwirtschaft müssten die Verstorbenen am Endpunkt moderner Therapien von Rechts wegen als Sondermüll ent- sorgt werden. Unsere Wasservorräte sind begrenzt und kostbar. Das weiß mittlerweile jeder. Aber gleichzeitig wollen wir nicht wahrha- ben, dass wir unser Wasser schleichend vergiften. Damit ver- giften wir uns selbst. Wenn die jeweiligen Schadstoffkonzen- trationen die aktuell festgelegten Grenzwerte erreichen, haben wir unsere Gesundheit längst schwer beschädigt. Es ist der Medizinindustrie gelungen, das Auftreten jedweder Gesundheitsstörung in der öffentlichen Wahrnehmung reflex- artig mit der Notwendigkeit einer medikamentösen Behand- lung zu verknüpfen. Ärzte sollten es eigentlich besser wissen. Aber dank der von der Pharmaindustrie geförderten Schu- lungsprogramme reagieren sie genauso reflexartig wie die Patienten. Die Fortbildung hat eine klare Richtung eingeschla- gen. Das verpflichtende Fortbildungsdiplom ist vor allem ein biochemisch-pharmakologisches. Dieser kollektive Reflex belastet auch das Ab- und Grundwasser. Wer ein moderner Arzt sein will, verordnet Kau-, Lutsch-, Brause- oder Filmtabletten, Dragees, Kapseln, Retard-Duriles, Granulate, Pillen, Zäpfchen, Einläufe, Lösungen, Tropfen, Aerosole, Sprays, Salben, Cremes, Emulsionen, Lotionen, Tinkturen, Pasten, Gels, Injektionen und Infusionen. Jede der erwähnten Darreichungsformen belastet irgendwann den Wasserkreislauf. Ginge es um die konsequente Entgiftung unseres Wassers, wären Zeit, Zuhören, kontrolliertes Zuwar- ten und das ärztliche Gespräch die besten Therapeutika. Aus vielen Studien wissen wir, dass Patienten nur dreißig bis fünfzig Prozent der verordneten Medikamente auch tatsäch- lich einnehmen. Oft werden sie übers WC etc. entsorgt. Wel- che Medikamentenrückstände speist ein Schwerpunktkranken- haus über seine Abflussrohre in den Wasserkreislauf ein? Was passiert mit Medikamenten nach der Applikation? Sie lösen sich jedenfalls nicht in Luft auf. Ein aus der Sicht der Umwelt ideales Medikament wäre nach dem Eintreten der erhofften Wirkung verbraucht und biochemisch nicht mehr auffindbar. Solche idealen Medikamente gibt es nicht. Sie werden im Kör- per ab- und umgebaut und über Darm und Niere ausgeschie- den. Dabei entstehen sowohl inaktive als auch therapeutisch aktive Stoffwechselprodukte. Die Bandbreite reicht von harm- los bis hoch toxisch. Oberflächengewässer im Nachlauf von Kläranlagen bieten ein erschreckendes Sammelsurium von Medikamentenrückstän- den. Der Eintrag von toxischen Abbauprodukten der Medizin- industrie in die Nahrungsmittelkette ist ein ernstes Thema. Zum Beispiel gelangen östrogenhaltige Verbindungen in den Boden und damit in den Wasserkreislauf. Die Wirkung auf die embryonale Entwicklung reicht von körperlichen Fehlbildun- gen bis hin zu psychischen Entwicklungsschäden bei Neuge- borenen. In der wissenschaftlichen Literatur lassen sich Hin- weise finden, dass die Zahl jener Kinder wächst, die nicht mehr eindeutig als männlich oder weiblich identifizierbar sind. Dass Antibiotika im Grundwasser zur Resistenzentwicklung von Bakterien beitragen, gilt als gesichert. Die Seite für die Gesundheit mit Doktor Adelbert Bachlechner Fortsetzung nächste Seite

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