Die Sonnseiten Nr. 72

67 Die Sonnseiten Nummer 60 - August 2018 6 Nachrufe Nu mer 72 - September 2022 Am Freitag, 20. Mai 2022, vollendete sich der Lebens- kreis von Frau Erna Perfler. Sie war als Gattin des Tier- arztes Dr. Bernhard Perfler natürlich der bäuerlichen Be- völkerung bestens vertraut. Besonders tat ihre ruhige, unaufgeregte Art gut, wenn so mancher „dringliche An- ruf“ kam und es um rasche Hilfe für das Großvieh ging, aber auch kleinere Tierlein der fachkundigen Hilfe ihres Mannes Bernhard bedurften. Die „Perfler Erni“ integrierte sich rasch in die Dorfgemein- schaft und war in ihrer fröh- lichen Art schon bald nach der Übersiedlung in das neue Eigenheim in der Dorfstraße nicht nur bei den legendären Hausfrauennachmittagen eine gern gesehene Gesprächsteil- nehmerin. Die Nachbarschaft schätzte Ernis Nähe und man genoss einfach die „Ratscher über Gott & die Welt“. Als Mitglied der evangelisch- lutherischen Glaubensge- meinschaft bereicherte sie die religiösen Vorträge im Dorf recht temperamentvoll durch interessante Diskussionsbei- träge und etliche Leute erin- nern sich noch an die „Glau- bensabende“ mit den Pfarrern Herwig Sturm (evang.) und Adolf Jeller (kath.) Ende der 70-ger Jahre im Schulhaus. Daraus entwickelte sich am Rande ein nettes „kulinari- sches Miteinander“ beider „geistlichen Frauen“ - Gertru- de (Sturm) und Paula (Klam- mer). Die ausgetauschten Kuchenrezepte interessierten auch Erni Perfler, sie war ob dieser Form von Ökumene höchst erfreut! Gerne besuch- te sie manchmal den Sonn- tagsgottesdienst bei Ortspfar- rer Otto Großgasteiger, da beeindruckte sie besonders die Predigt. Durch ihre gesundheitliche Beeinträchtigung hat die Dorfgemeinschaft Erni in den letzten Jahren etwas aus den Augen verloren. Die zahlrei- che Beteiligung amAbendge- bet und am Verabschiedungs- gottesdienst bezeugte jedoch die hohe Wertschätzung, die der Verstorbenen und der Trauerfamilie gegolten hat. Den Verabschiedungsgottes- dienst in der voll besetzten Gaimberger Kirche am 25. Mai 2022 leitete der evange- lische Pfarrer Hans Hecht, er ließ Begebenheiten aus Ernis bewegtem Leben im wahrs- ten Sinn des Wortes noch ein- mal „Revue passieren“: Erna, geb. Sieberer, wurde am 5.11.1946 geboren. Sie war das zweite von drei Mäd- chen. Der Vater, ein Maurer, erbaute zusammen mit seiner Frau in Scharnstein in Ober- österreich das Eigenheim. Man betrieb auch eine klei- ne Landwirtschaft und ver- mietete Zimmer. Erna hatte eine schöne Kindheit, konnte spielen, war viel im Wald und genoss ihre Freiheit. Sie ver- brachte eine tolle Jugend als Mitglied im Alpenverein Wels und liebte das Bergsteigen. In Wels erlernte sie das Schneiderhandwerk. Eine Blinddarmoperation erwies sich als zukunftsweisend. Be- eindruckt von den hübschen Häubchen der Kranken- schwestern wollte auch sie nun Krankenschwester wer- den und ging dazu nach Salz- burg. Als diplomierte Kran- kenschwester arbeitete sie in der Augenklinik des AKH in Wien und genoss Wien sowohl als Kulturstadt als auch die Wiener Kulinarik. Zu dieser Zeit war auch Bernhard Perf- ler in Wien. Bernhard und Erna heirate- ten 1974. Er arbeitete bereits als Tierarzt und war mit sei- ner Doktorarbeit beschäftigt. 1975 kam die Tochter Iris zur Welt und nach fünf Ta- gen weniger als einem Jahr der Sohn Daniel. Die Kinder empfanden ihre Mutter nicht als sehr streng, sie gewährte ihnen viele Freiheiten, be- stand aber auf den Abschluss des Gymnasiums und einem „g’scheiten“ Studium. Erna arbeitete tüchtig in der Tierarztpraxis mit, war Ope- rationsassistentin, führte das Büro und die Hausapotheke und pflegte auch ihre musika - lische Ader, indem sie Zither und Gitarre spielte und zum Schrecken der Kinder sich noch im Erwachsenenalter am Geigenspiel versuchte. In späterer Zeit wurde ihr Amnesty International (die größte Menschenrechtsbewe- gung der Welt) sehr wichtig und ihre Mitarbeit in dieser Organisation war beachtens- wert. Die Familie Perfler unter - nahm viele Reisen. So führte die Hochzeitsreise in den Os- ten der Türkei und durch viele Jahre war dieses Land auch das Urlaubsziel der Fami- lie. Die Liste der Länder, die Erna bereiste, liest sich wie der Katalog eines internatio- nalen Reisebüros. Sie besuch- te die Philippinen, Korsika, Mexiko, China, Indien, Ägyp- ten… und man könnte noch mehr aufzählen. Ernas Engagement in der Evangelischen Kirche wurde geschätzt. Es begann in der Zeit, als Herwig Sturm - der spätere Bischof der Evan- gelischen Kirche in Öster- reich - in Lienz Pfarrer war. Als Gemeindevertreterin und Presbyterin gab es viel zu besprechen und für die Kin- der war das oft eine harte Geduldsprobe, wenn sie nach dem Gottesdienst im Auto warteten und es eine Stunde dauerte, bis die Mutter end- lich daherkam. Erna, evangelisch, mit einem Katholiken verheiratet, war die treibende Kraft für die Bildung des ökumenischen Gesprächskreises. Zu die- sem Kreis kamen etliche ge- mischtkonfessionelle Paare, dabei ein evangelischer und ein katholischer Pfarrer. Na- türlich kam es öfters zu hef- tigen Diskussionen und ich bekenne mich schuldig, dass ich dabei oft bloß meine eige- ne Meinung verteidigen woll- te, ohne richtig zuzuhören. So bin ich Erna gegenüber wohl nicht immer gerecht gewesen. Auch sie konnte - das haben die Angehörigen bestätigt - bisweilen sehr stur sein. Es war jedoch eine glaubens- vertiefende Zeit, die man mit und durch Erna verbringen durfte. Als Dank an Gott dafür, dass Erna viele gute Jahre leben konnte und Gott uns diesen wertvollen Menschen durch viele Jahre hindurch an die Seite gestellt hat, singen wir „Wohlan denn Herz, nimm Abschied und gesunde“ Stufen - Gedicht von Hermann Hesse Erna Perfler † 20.05.2022

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