Die Sonnseiten Nr. 72

42 42 Die Sonnseiten Nummer 60 - August 2018 Chronik i i Nummer 72 - September 2022 Federstil samt dazu gehö- render Feder fanden in einer „Federschachtel“ Platz. Und alle diese Schulutensilien tru- gen wir in einer ganz schlich- ten Ledertasche oder einem ganz einfachen Rucksack zur Schule. - die Schulbänke besaßen ein integriertes Tintenfass. Im Unterrichtsfach „Schreiben“ wurde noch mit Federstil und Feder geschrieben und zwar in schönst möglicher Schrift. Wir nannten dieses Fach „Schönschreiben“. - Unterrichtshilfsmittel für die Lehrer waren spärlich. Es gab diverse Landkarten für den Unterricht in Erdkunde, Geschichte und einige Kar- ten/Tafeln für den Unterricht in Naturkunde und Naturleh- re und einen Filmprojektor. Diese Behelfsmittel wurden in einem Schrank im Klassen- zimmer aufbewahrt. - Highlights in der Schule wa- ren Filmvorführungen. Die Filmverleihstelle war in der damaligen Mädchenhaupt- schule neben dem Kloster in Lienz angesiedelt und zwei Schüler der Oberstufe durften die Filmrollen für die vom Lehrer ausgewählten Filme dort abholen. Meine Favo- riten waren: „Die Landmaus und die Stadtmaus“, „Schnee- weißchen und Rosenrot“ und „Der Hase und der Igel“. Mucksmäuschenstill wurde es im Klassenraum, sobald die Filmrollen zu surren be- gannen. - auch Klassenausflüge gab es; je einen Halbtagsausflug im Herbst und im Frühjahr (meistens zum Helenekirchl, auf das Zettersfeld oder zum Schloss Bruck) und einen Ganztagesausflug, der uns u.a. nach Hollbruck oder zum „Millstätter See“ führte (in- kludiert manch aufregende Bahn- und Busfahrt). - eine Besonderheit im Schul- alltag war auch der jährliche Besuch des Bezirksschulin- spektors; zu dieser Zeit war das der Bezirksschulinspek- tor Hans Waschgler. - wir Mädchen trugen alle Schürzen über unseren Klei- dern (meistens waren es Dirndlkleider), Hosen wa- ren in den späten 50er- und frühen 60er-Jahren für uns Mädchen kein Thema (auch im Winter nicht!). Wir trugen unsere Haare geflochten (bis auf wenige Ausnahmen), als „Gretlfrisur“ oder eben in einem oder zwei Zöpfen he- runterhängend. Es gab zu dieser Zeit - keine komfortablen, schi- cken, farbenfroh leuchtenden Schultaschen/Schulrucksä- cke; - keinen Turnsaal mit Turn- gerätschaften, keinen Sport- platz. „Geturnt“ wurde bei Schönwetter im Freien, bei Schlechtwetter im Klassen- zimmer. Im Vordergrund stand in Ermangelung jeg- licher Behelfsmittel einfach die Bewegung. Im Freien wurde Ball gespielt, gelaufen, Schnur gehüpft, etc., im Win- ter wurde die Straße zur Ro- delbahn. Im Klassenzimmer gab es Gymnastikübungen, die im Stehen bzw. im Sitzen gemacht werden konnten. - keinen Schulbus! Alle Kin- der, vom höchst gelegenen Bauernhof in Obergaimberg bis zum entlegensten Hof in Untergaimberg kamen zu Fuß zur Schule oder nützten im Winter für eine Strecke die Rodel. Für Fitness war somit reichlich gesorgt und so man- che Rodelkarriere baute sich auf. Auf dem Schulweg taten sich natürlich auch Gruppen zusammen, es wurde ge- tratscht, diskutiert, gestritten, gerauft, usw. Ich selbst ver- misste diese gemeinsame Zeit mit anderen Schulkindern, hätte es ja nach der Schu- le genügend Gesprächsstoff zu verarbeiten gegeben. So freute ich mich immer auf den wöchentlichen Handarbeits- unterricht im „Oberen Schul- haus“, der immer am Nach- mittag stattfand. Gleich nach dem Mittagessen stürmte ich an diesen Tagen mit meinem Handarbeitskoffer auf den Kirchplatz, wo schon andere Schülerinnen warteten und es wurde ausgiebig gespielt; sehr beliebt war das Rollen- spiel „Mutter-Vater-Kind“. Dabei durften zwei Schüle- rinnen der „Oberstufe“ den Part der Eltern übernehmen, wir Kleinen waren die Kinder mit zugeteilten Rollen - gut und böse! - keinen Pausenraum; bei Schönwetter stürmten wir ins Freie. Ein Pfiff mit der Trillerpfeife der Lehrerin/des Lehrers ließ die in alle Winde verteilten Schüler zurück in das Klassenzimmer eilen. Bei Schlechtwetter mussten wir uns wohl oder übel im Vor- raum bzw. Klassenraum im Schulgebäude aufhalten. - keinen Werkunterricht für Knaben. Und es gab keine ei- gene Werklehrerin. Die Mäd- chen wurden alle (außer der 1. Schulstufe) im Klassen- raum im Mesnerhaus von der Frau Lehrerin unterrichtet. Es wurde gestrickt, gehäkelt, gestickt; wir saßen dabei auf den Tischen, so manches Lied wurde gesungen und am Ende jedes Schuljahres konnten wir Mädchen unsere Meister- werke stolz bei einer Ausstel- lung im Feuerwehrhaus der Allgemeinheit präsentieren. - keine Schülerin, die nach der 4. bzw. 5. Schulstufe di- rekt ins Gymnasium wech- selte. Die Anzahl der zumeist nach der 5. (!) Schulstufe in die Hauptschule Lienz (da- mals streng getrennt in Mäd- chen- und Knabenhauptschu- le!) wechselnden Mädchen und Buben lag damals bei zir- ka 50 %; dazu kamen immer noch zwei bis drei Buben, die ins Gymnasium (in Lienz, Hall i. T., Bischofshofen) „übersiedelten“. Vertreter der kirchlichen Orden kamen von Zeit zu Zeit in die Volksschu- le, um Schüler „anzuwer- ben“. Die Franziskaner Patres warben für ihr Gymnasium in Hall i. T., die Styler Missio- nare für das Missionshaus St. Rupert in Bischofshofen. Das sind zusammenge- fasst einige Erinnerungen an meine Kindheit. Und wenn ich eben an diese mei- ne Kindheit in Gaimberg zu- rückdenke, tue ich es aber im- mer mit Freuden. Die Mühen, Plagen, Sorgen und eventuell Ängste der Eltern waren ja für uns nicht sichtbar. Wir Kinder hatten jedenfalls eine schöne Zeit: wir vermiss- Nicht als „Covergirl“ sondern auf Seite 8 der Nr. 17 (Jg. 1959) des damaligen „Tiroler Kirchenblattes“ findet man die „Lehra Rita“ als Erstkom - munionkind mit folgendem Begleittext: Herr! Laß Engel um sie stehen in demAndrang dieser Welt, daß sie niemals irre gehen, allzeit tun, was Dir gefällt! Laß sie mit dem Un- schuldskleid kommen in die Ewigkeit!

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