Fodn Kals Nr. 81

Bunt gemischt Fodn Nr. 81 104 Kalser Gemeindezeitung 105 Vor hundert Jahrenverstarbder letzte Kaiser von Österreich Von der Öffentlichkeit kaum erwähnt und nur wenig beachtet verstarb vor 100 Jahren fern seiner Heimat am 1. April 1922 Österreichs letzter Kaiser und apostolischer König von Ungarn Karl I. in der Verbannung auf der portugie- sischen Insel Madeira im Alter von nicht ganz 35 Jahren an einem Lungen- leiden. Während heute praktisch ein Politskandal den anderen ablöst, Korruption und Gaunerei auf der Tagesordnung stehen, ist es durchwegs angebracht, dass wir uns an den letzten Monarchen des alten Österreich erinnern, der durch seinen edlen Charakter für andere Werte stand, die heute wenig bis gar nicht gefragt sind, und der in seiner kaum zweijährigen Regierungszeit nur wenige seiner Vorhaben auch umsetzen konnte. Es ist nicht möglich, im Rahmen eines solchen Berichtes detaillierte Infor- mationen über sein Leben und Wirken wiederzugeben. Dazu gibt es mehrere Bücher. Am 17. August 1887 erblickte der letzte Monarch in Persenbeug das Licht der Welt und wurde auf den Namen Karl-Franz-Joseph getauft. Eine reli- giöse Erziehung prägte sein ganzes Leben, was aber nicht überall gut ankam. Nicht zu seiner besonderen Freude musste er auch eine militärische Ausbil- dung zum Offizier der k. und k. Armee absolvieren. Am 21. Oktober 1911 heiratete Erzherzog Karl seine Gemahlin Zita von Bour- bon-Parma. Diese Hochzeit war nach habsburgischer Tradition nicht nur Bericht Text Vinzenz Warscher (mit Auszügen aus: „Der letzte Kaiser – ein Heiliger? Karl von Österreich“ von Prof. Dr. E. J. Görlich; Christiana Verlag, Stein am Rhein, 2. Auflage 1978) Bei der Krönung zum König von Ungarn: Karl I. (1887-1922) mit Kronprinz Otto und Kaiserin Zita Quelle: picture-alliance / akg-images/akg) Wenzl Weis – Jörg C.Steiner: Der k.u.k. Hofstaat – 1858-1918. ALBUM Verlag für Photografie, Wien 1997 Verlobung Karl und Zita ,© 10/1911 Privat- archiv der Familie standesgemäß, sondern auch eine Liebesheirat. Besonders erfreut über diese Hochzeit war sein Großonkel, der schon über 80-jäh- rige Kaiser Franz Joseph, der auch an der Hochzeit teilnahm. Auf Wunsch des Brautpaares entsandte Papst Pius X. seinen persön- lichen Vertreter, um die Trauung vorzunehmen, und der Papst emp- fing das jung Paar später auch im Vatikan. Geprägt war das Leben des angehenden Kaisers und seiner Gemah- lin von einer tiefen Frömmigkeit, Friedensliebe und Gerechtigkeits- sinn – Charaktereigenschaften, die im heutigen politischen Alltag nicht nur keine Rolle mehr spielen, sondern sogar verpönt sind. Relativ glücklich und unbeschwert verliefen die ersten Ehejahre des jungen Paares. Nacheinander stellten sich auch die Kinder ein, 5 Buben und 3 Mädchen. (Der älteste Sohn Otto machte später auch Karriere als Politiker und Publizist: Autor mehrerer Bücher, Präsi- dent der internationalen Paneuropa Union und 20 Jahre Abgeord- neter der bayrischen CSU im Europaparlament.) Die Geburt seiner jüngsten Tochter Elisabeth sollte der junge Kaiser nicht mehr er- leben. Das unbeschwerte Leben des jungen Paares änderte sich jedoch mit der Ermordung des österreichischen Thronfolgers Franz Ferdi- nand in Sarajewo und mit dem darauffolgenden Ausbruch des ers- ten Weltkrieges, an dessen Beginn der spätere Kaiser Karl keinerlei Anteil hatte. Karl war nunmehr Erzherzog und nach dem Tod seines Onkels Franz Ferdinand an die Stelle des zukünftigen Thronfolgers aufgerückt. Schon die ersten Monate des Krieges zeigten, dass die aus 13 Nationalitäten bestehende k. und k. Armee zwar stark an Mannschaftsstärke, aber die Ausrüstung und Ausbildung veraltet war, und es im Gegensatz zum deutschen Heer an fähigen Offizieren fehlte. Außerdem hatte, wie man erst später draufkam, der öster- reichische Oberst Redl die Aufmarschpläne der k. und k. Armee an die Russen verraten. Allein im ersten Kriegsjahr in Galizien auf dem Gebiet der Ukraine hatte die k. und k. Armee über eine Million Tote zu beklagen. Im zweiten Kriegsjahr 1915 wurde klar, dass Kaiser Franz Joseph das Ende Krieges wohl nicht mehr erleben würde. An ein baldiges Ende war nicht zu denken. Griechenland, Italien und Rumänien waren an der Seite der Entente in den Krieg eingetreten, Bulgarien und die Türkei auf Seite der Mittelmächte. Der junge Thronfolger war sowohl an der Italienfront als auch in Russland als Frontoffizier im Einsatz, wo er das Grauen des Krieges hautnah erlebte. Am 21. November 1916 verstarb Kaiser Franz Joseph nach 68 Regierungs- jahren, und sein Großneffe Karl folgte ihm für knapp zwei Jahre als Monarch eines Reichs, das sich vom Gardasee bis nach Czernowitz in der heutigen Ukraine erstreckte, mehr als ein Dutzend Nationali- täten beheimatete und sich seit über zwei Jahren in einem mör- derischen Krieg befand. Der junge Kaiser hatte also nicht nur das Reich, sondern auch den Krieg von seinem Vorgänger geerbt. Ein letzter glanzvoller Höhepunkt der bald untergehenden Monarchie war die Krönung des Kaisers zum apostolischen König von Ungarn am 30 Dezember 1916. Beseelt von der Überzeugung, dass der Krieg rasch beendet werden müsse, um weiteres Blutvergießen zu vermeiden, startete der junge Kaiser mehrere Friedensinitiativen, die aber letztendlich alle schei- terten. Über den Bruder seiner Frau Zita, Sixtus, der als Offizier in der belgischen Armee diente, nahm er Kontakt zur französischen Regierung auf, um Möglichkeiten für eine Beendigung des Krieges

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