Dorfzeitung Nr. 113

August 2022 Dölsacher Dorfzeitung Seite 25 Klassen- foto ver- mutlich um 1908- 1910 – es gab vier Klassen. Foto: Privat, Fotograf unbe- kannt Während der Unterrichtszeit durfte kein Schüler das Haus verlassen, durfte jedoch dort seine Morgensuppe und Jause genießen, wozu je eine halbe Stunde Pause angesetzt war. Dem Schulmeister war inner- und außerhalb des Hauses ein ehrbarer Wandel vorgeschrieben. Auch mußte er die Kinder zu anständigem Benehmen gegenüber jedermann anleiten und ihr Be- tragen sogar außerhalb der Schule beobachten lassen. Als Zuchtmittel diente die Rute, doch sollte der Lehrer nie im Zorn strafen und sich jeder Roheit enthalten. „Reudige Schaf“ mußten dem Scholarchen (Schulinspektor) angezeigt wer- den, der den Ausschluß der Unverbesserlichen verfügte. Die Schulordnung mußte im Schulzimmer vorhanden sein und war den Schülern jedenAdvent vorzulesen. Die Eltern erhielten bei der Schüleraufnahme davon Kenntnis und mußten ver- sprechen, sie zu befolgen. Als Besoldung erhielt der Lehrer vierteljährig: Für ein Kind, das lesen oder schreiben lernte, 24 kr. Für ein Kind, das mit Ziffern oder auf der Linie rechnen lernte, 1 fl. Für Kinder, welche zierliche Schriften oder „künstliche Rechnungen“ lernen wollten, durfte der Lehrer mehr verlangen. Dazu kommen noch die Ausstreichkreuzer für jedes Kind, das aus der Schule entlassen wird sowie der Erlös für die vom Lehrer hergestellten Unterrichts- behelfe, und zwar: Für ein Namensbüchlein 6 kr., für eine Schriftvorlage 5 kr. und für ein Zifferntäfelchen 1 kr. Kinder die ohne Ursache vor der festgesetzten Schulzeit austraten, hatten die bedungene Be- soldung zur Gänze zu bezahlen und durften vor Tilgung der Schuld von keinem anderen Schulmeister aufgenommen werden. Um die öffentliche Schule nicht zu schädigen, wurde der Obrigkeit aufgetragen, „die ver- dächtigen Winkelschulmeister nit zu dulden“. Gemeint waren die Lehrer alten Stils, die nicht zugelassen waren und heimlich etwas verdienen wollten. – Die Überwachung oblag dem Ortspfarrer zusammen mit zwei weltlichen Schulherren. Sie hatten ein Schülerverzeichnis zu bekommen und hatten die Schule mindestens alle Quatember einmal zu visitieren, Übelstande abzustellen und der Regierung Bericht zu erstatten. Diese Schulordnung galt fast 200 Jahre lang. Aber da es keine planmäßig ausgebildeten Lehrer gab, keinen Schulzwang, keinen Lehrplan und auch keine Schulbücher, war der Erfolg klein. Auszug aus der Dorfchronik Band I von Prof. Josef Astner 1974: Die Schule (Teil 3)

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