Achse Nr. 263

Seite 36 08/2022 In alten Zeitungen geblättert... Kristein: 3. August 1928, Lienzer Nachrichten, Seite 7 Kristein : (Hochgewitter und anderes) Am Freitag, den 27. Juli, entlud sich um 3 Uhr nachm. über unser kleines Bergdörflein ein heftiges Hochgewitter vom Kristeinertal kommend, ver- bunden mit Hagelschlag. Das ganze Gewitter dauerte fast eine halbe Stun- de, war von starkem Regen begleitet und die Hagelkörner – mitunter boh- nengroß – richteten im allgemeinen Gott sei Dank nicht einen allzu großen Schaden an. Das Wetter erstreckte sich auch über die Fraktion Kossten und wie man hört, mit größerem Schaden. Alles in Allen wird bei vielen Besitzern der „Samen“ ausgeschlagen sein, was hier umso mehr ins Gewicht fällt, da fast sämtliche Bauern auch bei guter Getreideernte nur für die Hälfte des Jahres ernten. Abends 6 Uhr kam ein zweites Gewitter, das aber mehr im Oberland sein Unwetter trieb. Hier setzte bloß ein star- ker Regen ein, der auch in der Nacht anhielt und den ausgetrockneten Flu- ren sehr zu gute kam. Die Trockenheit hat ziemlich geschadet, die Grum- meternte wird schwach ausfallen. Der Auftrieb auf die Hochalmen ist mit Jakobi bewerkstelligt worden. Dieselben stehen sehr schön und weil es geregnet hat, kam auch das spärliche Quellwasser fürs Vieh wieder zum Vorschein. Hoffentlich ist der August an Regen reicher als sein Vorgänger, die Gewitter weniger, sonst sehen wir Bauern heuer einem traurigen Herbst entgegen, zumal, wenn die Viehpreise bis Schutzengel nicht anzie- hen. In unserem einsamen Bergnest sind heuer sogar Sommerfrischler. Der Bindermeister Oberwasserlechner beherbergt 7 Personen und die Wirtin Kaler deren drei. Alles christliche Wienersleute. Recht so – wenn nur sol- che kommen. Das Kristeinertal besuchen hie und da leider Fremde im Paradieskostüm und benehmen sich wie die Kannibalen – ist halt unsere Mittel- und Unterschicht des Stadtvolkes – bei Tag ein Ärgernis für jeden anständigen Menschen, in der Nacht durch ihr kannibalisches Gejohle eine Ruhestörung für Mensch und Tier. Da wär ein Hagelwetter gesund! Wenn das mit den Jahren so zunimmt wie bisher und Sport und Fremden- verkehr immer größere Formen annehmen und bestimmte Elemente von Fremden beiderlei Geschlechtes als Freunde der Paradieskostümierung der Natur sich anpassen, dann Volk, wisse, du gehst nicht bloß wirtschaft- lich zu Grunde, sondern auch geistig an deinen eigenen Kindern. Volks- vertreter! Wie lange muss noch zugeschaut werden? Der Gesundheitszustand ist heuer seit Frühjahr ein sehr ungünstiger. Meh- rere Personen sind gegenwärtig krank, 4 bettlägerig. Blutvergiftung, Leberleiden, Rückenmark- und Lungentuberkulose reichen sich gegensei- tig die Hand, dazu gesellt sich noch in einem Falle Nervenleiden. Spital- behandlung brachte in 2 Fällen keine Heilung – da muss man wohl etwa zum Wunderdoktor nach Gsprugg fahren, (so er) noch lebt oder nicht in der Keuche ist. Unterm Vieh grassiert ebenfalls heuer bei einigen Bauern eine Kälber- krankheit. Vollständige Austragung des Kalbes – günstige Geburt – nach 2 Tagen Erkrankung des Kalbes (Durchfall) und Schluß wars mit dem Leben. So verlor der Jörmerbauer hier 5 Kälber hintereinander. Auch zwei erwachsene Tiere mußten krankheitshalber geschlachtet werden. Da tät eine Viehversicherung wohl not.

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