Achse Nr. 262

Seite 32 06/2022 Grundprinzipien der Natur- heilkunde  Selbstheilungskräfte stärken durch Reiz und Reaktion. Das Grundprinzip der Naturheil- kunde - wie das aller traditioneller Heilverfahren – ist das Zusammen- spiel von Reiz und Reaktion. Die Hydrotherapie zum Beispiel setzt durch den Einsatz von kal- tem oder warmem Wasser gezielt einen Reiz, und dieser führt dann zu Veränderungen im Körper: Der Reiz aktiviert die Selbstregulation.  Konkret ein Beispiel – fiebrige Erkältung . Die Naturheilkunde empfiehlt zum Beispiel einen feuchtkalten Brustwickel, der eng um den Leib geschnürt und dann von wärmenden Decken umhüllt wird. Er kühlt zwar die heiße Körperoberfläche im ersten Moment und wir fangen vielleicht zum Zittern an, doch gleich danach wird uns wohlig warm, weil die Regulationssysteme unseres Körpers intensiv begin- nen, sich gegen den Kälteimpuls zur Wehr zu setzen – und zwar nicht nur lokal, an der Haut, sondern auch an weit ent- fernten Orten unseres Körpers. Wenn das Fieber höher steigt, wird mit Wadenwickel gegengesteuert. Um das Schwitzen anzuregen, wird zusätzlich Lindenblüten- und Holundertee getrunken.  Also Reiz bewirkt Reaktion Viele Reize wirken unspezifisch – sie werden von sehr unter- schiedlichen Reaktionen beantwortet, vor allem von Nervenre- flexen und Hormonausschüttungen. Da die Reaktion indivi- duell sehr unterschiedlich sein kann – abhängig von der Kon- stitution, der Stärke des Reizes und der Häufigkeit, mit der er gesetzt wird – lässt zum Beispiel die Schulmedizin glauben, eine naturheilkundliche Behandlung wirke nicht. Doch sie verkennen das Prinzip: Während die Schulmedizin Krankhaftes von außen eliminiert (etwa Fiebersenkung mit Tabletten) und dabei häufig schnelle aber kurzfristige Erfolge erzielt, arbeitet die Naturheilkunde mit dem Herauskitzeln der Selbstheilungskraft: Sie will den Körper dazu anregen, seine Gesundheit aus eigener Kraft wiederzuerlangen. Das erfordert Umwege: Durch die Verarbeitung gezielter und wohldosierter Reize wird der Körper wachgerüttelt, seine Auf- gaben zu erfüllen. Dafür braucht der Patient Geduld – zum Beispiel muss er das Fieber aushalten (solange es sich in Gren- zen hält) und seinem Immunsystem damit die Chance geben, die Erreger selbst zu bekämpfen. Vielleicht trinken wir sogar einen Lindenblütentee, der schweißtreibend ist. Und statt eines Antibiotikums, das ohnehin nicht gegen Viren hilft, und Vita- mintabletten essen wir eine langsam gekochte Gemüsebrühe und trinken einen Ingwer-Gelbwurz-Smoothie. Beides enthält die besten Mikronährstoffe in ihrer natürlichen Form, deshalb sind sie weit effektiver als Tabletten. Wie dieses einfache Beispiel vielleicht schon klar macht, kommt es sehr darauf an, dass die richtigen Reize in der richti- gen Stärke gesetzt werden. Bei einem „gesunden“ Kind ist Fieber ein wichtiges Training für das Immunsystem, bei einem älteren, herzkranken Menschen kann es gefährlich werden. Schon im 16. Jahrhundert hatte Paracelsus, einer der ersten Pharmakologen der Neuzeit erkannt, dass eine geringe Dosis einer Substanz, die sonst giftig ist, positive Wirkungen ausü- ben kann – weil der Körper den negativen Reiz (Noxe) ken- nenlernt und Abwehrmechanismen entwickelt. Das Prinzip ist auch bekannt bei der Radioaktivität, wo Niedrigstrahlung bis zu einem bestimmten Grad sogar positive Effekte auf den Organismus entwickeln kann. Noch kurz zusammengefasst die wichtigsten Strategien für ein gesundes Leben aus naturheilkundiger Sicht:  Zwei sättigende, feste Mahlzeiten täglich, keine Snacks dazwischen  Möglichst vegetarische Ernährung, viele Beeren und Nüsse  Täglich zwei Superfoods im Wechsel, zu den Mahlzeiten  Täglich intermittierendes Fasten (14 bis 16 Stunden Nah- rungspause)  Ein- bis zweimal jährlich eine Woche Heilfasten  Täglich ein Kältereiz (Ganzkörper- oder Knieguss)  Regelmäßiges Yoga  Täglich Meditieren  Bewegung in den Alltag einbauen  Zu langes Sitzen vermeiden (z.B. Stehtisch)  Ausreichend schlafen (ca. 8 Stunden) Zu den Superfoods: Das sind Nahrungsmittel, die so viele positive Wirkstoffe enthalten, dass sie eigentlich Arzneimittel sind, nur ohne die belastenden Nebenwirkungen. Leider geht der Trend dahin, dass vor allem Superfoods beworben werden, die exotisch sind und lange Reisen hinter sich haben. Die mei- sten kann man aber einfach aus heimischem- oder EU-Anbau beziehen, dann sind sie kontrolliert und bezahlbar. Beeren ver- lieren beim Tiefkühlen kaum an Wirkung, beim Einkochen von Marmelade leider schon. Auch Gemüse und Obst, biolo- gisch produziert, saisonal und reif, rote und gelbe Sorten ent- halten besonders viele Mikronährstoffe, auch Blattgemüse und Kreuzblütler. Vor allem pikante und scharfe Gewürze enthal- ten besonders viele der sekundären Pflanzeninhaltsstoffe in hoch konzentrierter Form. Nach derzeitigem Wissensstand nimmt Kurkuma (Gelbwurz) den Spitzenplatz ein. Es hilft bei entzündlichen Darmerkrankungen und Rheuma, verbessert die Blutfette und wirkt gegen Diabetes. Auch Ingwer und Kreuz- kümmel wirken positiv. Menschen, die scharf mit Chili wür- zen leben länger, zeigt eine seriöse Studie. Safran, das aller- dings sehr teuer ist, wirkt nach ersten klinischen Daten gegen Alzheimer, Depression und Makuladegeneration. Am besten ist es Gewürze zu mischen. Übrigens sind auch Zwiebeln und Knoblauch sehr gesund. Knoblauch für Herz-Kreislauf, Zwie- beln fürs Immunsystem, möglicherweise auch vorbeugend gegen Krebs. Würzen wir also nach Herzenslust. Kurz ein Satz zur Meditation: Meditation ist aktive Entspannung. Aktiv des- halb, weil die meisten Menschen denken, sie entspannen sich, wenn sie passiv sind, zum Beispiel beim Fernsehen. Selbst wer schläft, entspannt sich nicht so sehr, wie jemand der meditiert. Es geht um wache Präsenz und absichtslose Konzentration – gerade hier ist Regelmäßigkeit ganz entscheidend. Die Seite für die Gesundheit mit Doktor Adelbert Bachlechner

RkJQdWJsaXNoZXIy MTUxMzQ3