Blattl Nr. 39

Seite 24 ‘ s Blattl Juli 2022 Es liegt nur ca. 120 km von Schlai- ten entfernt, aber das Cadore Tal öst- lich von Cortina d‘Ampezzo schaut doch ganz anders aus. Der Wald hat mehr Laubbäume, die Häuser sind kleiner und haben Fas- saden aus Natursteinmauerwerk, vor allem aber wird dort nur italienisch geredet. Seit Jahrzehnten hat die Abwan- derung die Bevölkerung ausgedünnt. Viele aus der Gegend stammende Eismacher sind nach Österreich und Deutschland gegangen, um ihr „gela- ti“ dort zu verkaufen. Aber motivierte Bäuerinnen und Bauern leben immer noch in den Dörfern oder sind sogar zugezogen. Manche von ihnen haben der tradi- tionellen Landwirtschaft den Rücken gekehrt, um eine Nische zu schaffen. Das konnten einige Schlaitner Bäu- erinnen mit ingesamt 49 Bäuerinnen aus Osttirol am 17. Mai entdecken. Die Lehrfahrt wurde vom Regional- management Osttirol mit dem Alto Bellunese im Rahmen des Leader- projektes „Der wiederentdeckte Gar- ten“ organisiert. Der erste Garten liegt auf 1000 Metern Seehöhe in dem 300-Seelen- Dorf Cibiana di Cadore, dessen Ein- wohner in einer künstlerischen Um- gebung leben: An den Wänden einiger Wohnhäu- ser wurden seit dem Jahr 1980 große Freskenmalereien als Dauerausstel- lung verwirklicht. Auf den umliegenden Feldern pflückt Luciana Furlanis im Frühjahr Löwenzahnknospen, um eine Art von eingelegten Kapern zu machen. Die Gläser finden reißenden Absatz, so wie ihre Marmeladen und Säfte, die aus dem eigenen Obst gemacht wer- den. Auch ihr Verkaufslokal ist ein Ort, wo man sich gerne trifft. Zehn Kilometer entfernt liegt der Bauernhof von Matteo Talamini in Vodo di Cadore. Die Milchkühe lie- gen im Laufstall, nicht weit weg von der Schaukäserei und der Buschen- schank. Die Küche – für die Bäuerinnen gab es Lasagne, dann Polenta mit fa- schierten Laibchen – besteht haupt- sächlich aus eigenen oder lokalen Produkten, die Gäste auch im Hofla - den kaufen können. Die dritte Station war bei dem Obst- und Gemüsehandel von Do- menico De Coppi in Lozzo di Cadore. Dort werden jedes Jahr tonnenweise frisches Obst und Gemüse klein ge- schnitten und eingepackt, für die Zu- bereitung einer Minestrone oder eine Nachspeise. Privathaushalte sowie Gastronomiebetriebe zählen zu den Kunden von Domenico. Zum Schluss durfte die Gruppe noch eine bereits in Vergessenheit geratene Delikatesse entdecken: der Topinambur, eine Knolle, die von Sil- via Dall‘O in San Pietro di Cadore lei- denschaftlich angebaut, geerntet und eingelegt wird. Die junge Frau ist aus Como ins Cadore Tal gezogen und hat dort ih- ren eigenen kleinen Betrieb gegrün- det. Von ihrer Arbeit mit ihrem Ni- schenprodukt hat sie mit großer und inspirierender Begeisterung erzählt. Die Lehrfahrt ins Cadore Tal war in jeder Hinsicht eine Bereicherung und hat außerdem bewiesen, dass der Blick über den Tellerrand auch eine Gaumenfreude sein kann. Bäuerinnen: Inspirierender Ausflug ins Cadore Tal Oben: Künstlerische Umgebung im 300-Seelen-Dorf Cibiana di Cadore Unten: Besichtigung der Schaukäserei in Vodo di Cadore Fotos: Evelyn Gander

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