GZ_Kartitsch_2022_05

Seite 38 Ausgabe 91 Historisches Ein detaillierter Bericht von 1836 nennt für Kartitsch bei 106 Häusern und 755 Einwohnern 95 Bauern, 135 Dienstboten (Knechte u. Mägde), 22 Handwerker und 5 Tagelöhner, ebenso 90 Schulkin- der mit einem Lehrer. In Hollbruck sind 13 Häuser und 88 Einwohner genannt . Natürlich blieben Unglück und Katastro- phen nicht aus. Neben der bereits er- wähnten Heuschreckenplage mit Hun- gersnot um 1479 sind Hungerjahre durch Hagel und Missernten um 1848 und wie- derholt in der 2. Hälfte des 19. Jahrhun- derts aufgezeichnet. Im Mittelalter wüte- te die Pest und im 19. Jahrhundert eine Blattern - und Typhus - Epidemie. Unwet- ter und lang anhaltende Regenfälle rich- teten 1882 und 1965 großen Schaden an, ebenso extreme Schneefälle mit Lawi- nenabgängen 1865, 1917 und 1951. Brandkatastrophen sind 1816 in St. Oswald, 1865 in Schattseite und 1866 zu Innerlerch verzeichnet. Orkanartige Schneestürme in den Frühwintern 2018 bis 2020 verursachten enorme großflä- chige Waldschäden und deuten auf Klimaerwärmung und Veränderung des Ökosystems. Die Tiroler Freiheitskämpfe forderten ihren Tribut. Kartitsch war zwar nicht in Kampfhandlungen verwickelt, doch be- reits 1797 waren etwa 8 - 10 Kartitscher in der Schützenkompanie Heinfels die- nend in Kampfhandlungen verwickelt und kurzzeitig waren im Ort auch Haller und Taurer Schützen stationiert. Zur Geschichte von Kartitsch – Teil 2: Bereits in den ältesten Belegen waren die Höfe von Hollbruck gemeinsam mit jenen in Kartitsch genannt und bildeten mit diesen eine Einheit. Gemeinden im späteren Sinn gab es noch nicht. Später wird Hollbruck fallweise getrennt genannt. 1817 wurde der Ort in den Ge- meindeverband Kartitsch aufgenommen. 1864 wurde Hollbruck eigene Gemeinde und 1939 wieder zu Kartitsch einge- meindet. Der karge Boden, die extreme Höhenla- ge und das raue Klima nötigten die Be- wohner des Tales zu äußerster Genüg- samkeit. Neben Villgraten zählte das Kartitsch - Tilliachertal zu den ärmsten und ertragsschwächsten des Landes. Trotz aller Sparsamkeit reichte der Ern- teertrag nur in guten Jahren zur Deckung der hohen Verpflichtungen. Ernteausfall durch Frost oder Unwetter bedeutete große Not, da zum Zukauf von Getreide neben Zucker und Salz das Geld fehlte. Kartoffelanbau war bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts noch völlig unbekannt. Bedingt durch die Höhenlage war die Almwirtschaft unbefriedigend, das für Viehzucht und Milchwirtschaft erforder- liche Futter musste auf den Bergwiesen gewonnen werden. Allein Ochsenmast und - handel bildeten einen einigermaßen einträglichen Erwerbszweig bis in die Neuzeit. Eine Viehbeschreibung von 1776 nennt bei 72 Besitzern (ohne Hollbruck) 128 Mastochsen, 102 Zugochsen, 208 Kühe, 53 Kälber, 4 Pferde und 173 Schafe. Ziegen wurden nicht gezählt. Überfluss herrschte bei Holz. Waldtei- lung mit Zuteilung begann bereits ab dem 15. Jahrhundert. Bald wurde Pflege und Waldwirtschaft betrieben. Neben dem Bedarf als Brenn - und Bauholz entwickelte sich der Verkauf und Export erst ab etwa 1850. Trotzdem soll bereits im 16. Jahrhundert Holz auch von Kar- titsch bis nach Venedig und zum Schiffsbau nach Alexandria verkauft worden sein. Um 1823 hatte Kartitsch einen vom Forstamt Innichen zugeteilten Förster, der um 1846 nach Tilliach ver- setzt wurde. Auf einer Holzexportliste des Landgerichtes Sillian von 1830 sind allein von Kartitsch 3.500 verkaufte Musel genannt. Bergbau war eher unbedeutend. Um 1580 wird von Kupfer - und Goldabbau unterhalb St. Oswald berichtet. Um 1700 ist ein Einnehmeamt (Zollstelle) gemeldet und 1751 wurden in Kartitsch mit Hollbruck 763 Einwoh- ner gezählt. Neben der rein bäuerlichen Bevölkerung sind in diesen Jahren etwa 12 – 15 bäuerliche Handwerksberufe, Krämer und Gastgeber genannt. In einer Gerichtsbeschreibung von 1802 werden die Oberländer als klug, selbst- bewusst und sehr intelligent gelobt, die Kartitscher zudem als arm, tüchtig und rege. Die allermeisten könnten lesen und schreiben. Im gleichen Bericht werden in Kartitsch 91 und in Hollbruck 12 Zen- sisten (zinspflichtige Bauern) genannt, weiters ein Wundarzt (Bauerndoktor) und eine geprüfte Hebamme, ebenso ein Lehrer und 68 Schüler. Auch die Ar- menversorgung war bereits geregelt. Hollbruck, Wallfahrtskirche zu Maria Hilf mit Gnadenbild, Postkarte um 1907 Wie St. Oswald entwickelte sich auch Ersch- baum durch Siedlungsverdichtung zum typi- schen Weiler. Um 1900

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