GZ_Kals_2022_04

Bunt gemischt Fodn Nr. 80 86 Kalser Gemeindezeitung 87 hat. In der Zwischenzeit erfüllte sich Gabriel einen Traum, und zwar die Große Zinne Nordwand in der Route „Comici-Dimai“. Gemeinsam mit dem Sextener Bergführer Daniel Rogger klettertenn wir mit Gabriel die 17 Seillängen-Route bis zum 7 Grad auf einer der steilsten Dolomitenwänden. Im September 2021 war es so weit, und in Koopera- tion mit der Firma Salewa konnten wir unsere Rei- se beim Reisebüro Alpenland in Lienz schlussend- lich buchen. Mitte November ging es für mich und meiner Familie schon nach El Calafate, um mit den Kindern etwas Sightseeing zu machen. Motz, Gabriel folgen eine Woche danach und mit ihnen gemein- sam unser Freund, Nachbar und Bergführerkollege Christian „Kruscht“ Riepler, der unser Vorhaben mit der Kamera verfolgen würde. Das Wetter in Patagonien ist oft sehr wechselhaft und die Winde sind stürmisch – so gestaltete sich auch die erste Zeit in El Chalten. Als ein erstes Wet- terfenster in Sicht war, entschieden wir uns für den Plan B zusammenzupacken – sprich für die Aguja Po- incenot, der Nachbargipfel vom Fitz Roy, der in der vorgelagerten und leichter erreichbaren Bergkette liegt. Als wir von unserem WG-Haus in El Chalten starteten, war es alles andere als schön, doch die lange Wanderung bis zum Lago de los Tres ließ sich auch bei Schlechtwetter gut machen. Aus Wikipedia: El Calafate ist Hauptstadt des Depar- tamento Lago Argentino und Zentrum des Tourismus für den Nationalpark Los Glaciares mit dem bekann- ten Gletscher Perito Moreno am Fuß der Anden. Es ist eine rasch wachsende Kleinstadt im Südwesten Argentiniens in der Provinz Santa Cruz am Ufer des Lago Argentino auf etwa 200 Metern Höhe. El Chaltén ist ein kleiner Ort in Patagonien im Sü- den von Argentinien. Es liegt im Departamento Lago Argentino in der Provinz Santa Cruz, nahe der chi- lenischen Grenze am nördlichen Rande des Natio- nalparks Los Glaciares. Der Ort wurde erst 1985 ge- gründet. Nebenbei bekamen wir alle einen guten Einblick auf das, was uns in nächster Zeit erwarten würde, denn solange über steinige Wanderwege waren wir mit Gabriel noch nie gegangen, bzw. er selbst auch nicht – und dazu noch die schweren Rucksäcke. Derjenige, der Gabriel vorausging, war immer mit Ansagen be- schäftigt „rechts, links, Stufe, Achtung großer Schritt, links, rechts, kleine Brücke, …“. Wenn es schwieriger wurde, war ein Stock als Verbindung eine gute Hilfe oder wenn es noch steiler wurde, musste der Ruck- sack vom Vordermann herhalten. Auch wenn es für den „Führenden“ anstrengend war, kam es zu der Leistung von Gabriel nicht mal annähernd hin. Passiert man den Lago de los Tres über eine Klet- terpassage, erreicht man den Gletscher, der auf das sogenannten „Paso Superior“ führt, der Ausgangs- punkt für viele Kletterrouten an der Fitz Roy Kette. Nach der langen Wanderung zum See, hofften wir auf eine Spur am Gletscher von anderen Kletterern, leider vergebens und wir mussten sehr tief spuren, da der Schnee weich von der Strahlung und vom Regen war. Am Abend, nach ca. 12 Stunden Gehzeit, erreichten wir unser Zeltplatz. Die Nacht verlief klar und sehr kalt. Als wir am nächsten Morgen aufstan- den, hatte es -14° und es blies der Wind. Wir zogen uns trotzdem an und machten uns fertig zum Losge- hen. Bereits am ersten noch relativ flachen Weg auf dem Gletscher zum Einstieg der „Whillians – Cochra- ne“ Route mussten wir tief hinaufspuren. Bei einem flachen Sattel verabschiedeten wir uns von Kruscht, er blieb zurück, um von dort aus Fotos zu machen und zu filmen. Doch schon nach einer halben Stunde war für uns Schluss, denn der Schnee wurde hüfttief und eine Graupelschicht in der Schneedecke – mit der immer stärker werdenden Sonne – waren für uns Alarm-Zeichen genug, um den bis zu 50° steilen Hang, der ohne Auslauf in eine Felswand abbricht, nicht zu queren. Als wir wieder zurück bei den Zel- ten waren, machten wir einen Wettercheck über das kleine GPS-Satellitentelefon mit meiner Frau Christi- na in El Chalten. Das Wetter sollte schön bleiben bis zum Abend aber der Wind bis zum Nachmittag stark zunehmen. Daher entschieden wir uns für den Ab- stieg zurück nach El Chalten. Wir mussten aber noch eine Entscheidung fällen: lassen wir unser Material hier oben oder nicht? Wenn wir es hier oben ließen, würde es die Chance bei einem großem Wetterfens- ter für den Cerro Torre zu Nichte machen… Anderer- seits war es so viel Arbeit, alles raufzuschleppen, so- dass die Entscheidung schnell gefällt wurde, und wir ließen das Biwak- und Klettermaterial am Paso Su- perior. Nach dem langen Rückweg saßen wir am spä- ten Abend wieder in El Chalten bei Steak und Bier. Es vergingen einige Tage, bis sich das Wetter besser- te. Nach einer Woche schaute es aus, als würde eine 3-4 Tage Schönwetterphase kommen, und wir mach- ten uns wieder klar zum Starten. Den Zustiegsweg kannten wir schon, dieses Mal wehte allerdings ein unheimlich starker Wind, der aber nach oben hin im- mer mehr an Intensität nachließ. Unsere Spuren am Gletscher waren fast verschwunden und wir muss- ten alles wieder neu hinaufspuren, diesmal aber mit deutlich leichteren Rucksäcken. Das Zelt war schnell wieder aufgebaut, und wir machten uns fertig für den nächsten Tag. Nach einer kurzen Nacht ließ schon der erste Schritt am Gletscher Gutes erahnen. Der Schnee hatte sich super gesetzt und eine trag- fähige Harschschicht hatte sich gebildet. Bald waren wir am Umkehrpunkt, und die Sonne war beim Auf- gehen – jedes Mal ein rotes Spektakel in Patagonien. Das erste Teilstück der Route war eine schräge 50°- 60° steile Rampe. Diese hatten wir schnell hinter uns gebracht. Danach schlängelte sich die Route im Fels- und Mixedgelände wie ein Korkenzieher rund um diesen riesigen Granitklotz hinauf. Die Verhältnisse waren nicht optimal, es lag viel Schnee in der Route, es war kalt und windig. Somit mussten wir alles mit Steigeisen, Pickel und dicken Handschuhen klettern. Dadurch, dass viele Quergänge zu bewältigen wa- ren, kamen wir nur langsam voran, da Gabriel viel Hilfe beim Ansagen der Tritte, Griffe und Hooks be- nötigte. Immer wieder schweifte der Blick zur Torre Gruppe hinüber, doch die Gedanken waren voll auf die Kletterei und auf Gabriel fokussiert. Am Nach- mittag erreichten wir dann schlussendlich den Gip- fel. Wahnsinn! Gabriels erster patagonischer Gipfel! Unser Plan B ging auf und wir waren überglücklich! Doch ganz oben war nur halb am Ziel, deswegen hieß es nochmals volle Konzentration. Wir entschieden uns für die Route „Whiskey in Time“ für unseren Ab- stieg. Eine steile Route, die aber direkt wieder zum Einstieg führte, sollte uns viel Zeit bei den Quergän- gen ersparen. Obwohl viele Abseilstände zu verbes- sern waren, was Einiges an Zeit kostete, kamen wir sicher nach unten voran, und am Abend erreichten wir wieder heil den Einstieg. Nach ein paar Minuten trafen wir wieder Kruscht, der sich einen Schneewall gebaut hatte, um auf uns zu warten. Überglücklich, dass alles super geklappt hatte, stiegen wir gemein- sam zu unseren Zelten ab. Da der nächste Tag noch schön gemeldet war, ent- schieden Motz und ich noch eine kleine Tour dranzu- hängen und stiegen in der Früh über das Coloir „Co- queugniot-Guillot“ auf den Nordgrat und weiter auf den Gipfel der Aguja Guillaumet, ein etwas kleinerer aber doch ansehnlicher Gipfel am nördlichen Aus- läufer der Fitz Roy Kette. Wieder bei den Zelten am Paso Superior angelangt, packten wir unser ganzes Zeug zusammen und stiegen mit nun wieder schwe- ren Rucksäcken Richtung El Chalten ab. Dass wieder in der Zivilisation angekommen, ein argentinisches Steak anstand, ist wahrscheinlich überflüssig zu er- wähnen… Einige Tage mit Schlechtwetter vergingen. Es waren immer noch fast keine Bergsteiger in El Chalten an- gekommen. Einzig Roger Schäli und seine Freundin, die zeitgleich, nur etwas später und über eine ande- re Route an der Aguja Guillaumet unterwegs waren. Sehr wahrscheinlich Corona-bedingt. Ein Wetterfenster von 4 Tagen stand dann bevor, und das noch vor unserer Abreise. Wir wussten, dass 5 Tage für unser Vorhaben am Cerro Torre notwendig waren und dass wir gute Verhältnisse brauchten, sprich: mehrere vorgehende Seilschaften die Route geklettert haben sollten, damit unser Team realisti- sche Chancen hatte. Doch wir wollten es probieren – zumindest zum Bergfuß hingehen und sich die Si- tuation von der Nähe anschauen. Um zur Cerro Tor- re Westwand zu gelangen, muss man einen weiten Marsch über den Paso Marconi auf sich nehmen. „Weit“ heisst: ca. 45km one way, zuerst über einen Wanderweg, dann über Geröllgelände und schließ- lich über den steilen und dann flachen Gletscher des „Hielo Continental“ (Inlandseis). Mit 25kg Rucksäcken starteten wir in Richtung Paso Marconi, unsere erste Etappe. Als wir den Wander- weg verließen und die Geröllfelder rund um den Lago Electrico erreichten, verlangsamten wir uns deutlich. Gabriel war auch schwer beladen und das weglose Gelände, wo man jederzeit stürzen oder sich verknacksen konnte, bremste uns richtig ein. Wir erreichten bis zum Abend nur das Ende vom See und waren noch weit weg von unserem Tages- ziel. Mit diesem Tempo wären wir frühestens am fünften Tag wieder hier zurück gewesen. Das hieße laut Wetterbericht, bei vollem Regen und Nässe über das Geröllzeug zurückgehen. Das Ganze dann nach vier anstrengenden Tagen. Für ein Alternativziel war dann auch keiner zu motivieren. Insgesamt zu viele

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