GZ_Thurn_2022_04

Seite 17 G EMEINDE Aus dem Chronikarchiv von Raimund Mußhauser An alle Gemeindebürger von Thurn Es sind nunmehr 75 Jahre vergangen, als an jenem schreckensreichen 24. Juni 1881 ein fünfmaliger katastrophaler Ha- gelschlag mit Hühnerei grossen Schlossen, den Zauchenbach und den Schleinizbach aus den Ufern treten ließ und an Äckern und Wiesen, Wegen und Brücken, Haus und Hof verhehrende Schäden anrichtete. Nach amtlicher Aufzeichnung betrug der verursachte Schaden 29.752 Gulden, wobei der völlige Ernteausfall nicht miteingerechnet war. (Nach heu- tigem Wert ca. 145.350 €.) Dazu kam noch die ständige Gefahr weiterer Vermurrung, bis zur Errichtung der notwendigen Schutz- und Regulierungsbauten, für welche das Land Tirol nach langwierigen Verhandlungen nur 1.000,-- Gulden bei- steuerte. In Anbetracht dieser bedrohlichen Lage erscheint es kaum verwunderlich, wenn sich so mancher Bauer mit der Absicht vertraut machte, Haus und Hof zu verkaufen und die Heimat zu verlassen. Aber es fand sich niemand, der sich in dieser unsicheren Gegend ankaufen wollte, und so waren sie gezwungen, ihr Schicksal auf sich zu nehmen. In dieser verzweifelten, völlig ausweglosen, bedrohlichen Lage, haben sich unsere gottesfürchtigen Vorfahren vertrauens- voll in besonderer Weise an den Herrgott gewendet, um Schutz und Hilfe in ihrer Not zu erbitten. Sie haben in feierlicher Weise für alle Zukunft gelobt, die seit altersher verlobten Feiertage und Kreuzgänge auf St. Helena, zur Abwehr von Ha- gelschlag und Ungewitter, wieder besser und eifriger zu halten, insbesondere aber den Magdalenatag. Der Lohn hiefür ist nicht ausgeblieben. Wenn man von einigen kleineren Erinnerungsschäden absieht, so kann man wohl sagen, daß in diesen 75 Jahren nicht allzuviel passiert ist, und wieder Zuversicht und Heimattreu längst eingekehrt sind. So wollen auch wir, in Erinnerung an die Notzeit unserer Vorfahren, diesen 75. Jahrestag nicht stillschweigend an uns vor- überziehen lassen und wollen das Verlöbnis unserer Ahnen und Urahnen nicht verlorengehen lassen, sondern es weiter- tragen für alle zukünftigen Geschlechter. Aus diesem Anlasse hat der Gemeinderat in seiner Sitzung vom 11.9.1955 und neuerdings am 24. Juni 1956 beschlossen das Magdalenagelöbnis zu erneuern und in der St. Nikolauskirche zu Thurn am Magdalenatag um 4 Uhr nachmittags eine Bitt- und Dankandacht folgenden Inhalts einzuführen: 1. Predigtlied und Ansprache. 2. Verkündung der Erneuerung des Magdalenagelöbnisses. 3. Aussetzung des Allerheiligsten, und den 4 hl. Evangelien. 4. Weihe der Gemeinde an das heiligste H e r z J e s u und Weihegebet. 5. Herz-Jesu-Lied, Tantum ergo, und S e g e n. 6. Herz - Jesu - Bundeslied. Mit diesem Beschlusse hofft der Gemeinderat im Namen der ganzen Gemeinde einen kleinen Teil der Dankesschuld an unseren göttlichen Bundesherrn abstatten zu können, und für die Zukunft Gottes reichsten Segen und den besonderen Schutz des heiligsten Herzens Jesu zu erbitten. In diesem Sinne legen wir all unsre allgemeinen und besonderen Anliegen der Gemeinde - im Gedenken an das Gelöbnis unserer gottesfürchtigen Vorfahren - dem heiligsten Herzen Jesu mit dem besonderem Wunsche zu Füßen, daß sich immer mehr Familien in der Gemeinde dem Herzen Jesu weihen möge. So wollen wir den Magdalenatag wieder so begehen und halten, wie ihn uns die Ahnen und Urahnen seit altersher vor- gelebt haben. Am Vorabend wollen wir um 3 Uhr nachmittags, wenn die Glocke von St. Helena und Thurn ruft, die Arbeit einstellen. Am Magdalenatage selbst, wollen wir die Arbeit ruhen lassen wie am Sonntag und ihn auch nicht durch leichte, aber unnötige Arbeiten und Vergnügungen entweihen. Der Gottesdienst auf St Helena ist auf 9 Uhr festgesetzt, so daß es vielen möglich sein wird, mit dem Kreuzgang von der Thurner Kirche weg, teilzunehmen. Am Nachmittag wollen wir uns dann alle, um 4 Uhr zur Gelöbnisfeier in der Thurner-Kirche versammeln. In der Hoffnung daß Ihr alle, die gläubigen Herzens sind eifrig mittun, und daß Ihr auch bereit seid in dieser Hinsicht in die Fußstapfen Eurer Vorfahren zu treten, grüßt Euch Thurn, im Juli 1956 Euer Bürgermeister Alois Unterweger e. h. Im Juli 1956 erging folgendes Schreiben von Bgm. Alois Unterweger (Bürgermeister von 1949 bis 1968), betreffend Erneuerung des Magdalenagelöbnisses, an die Gemeindebürger von Thurn:

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