GZ_Thurn_2021_12

Seite 26 G EMEINDE Vorausgeschickt werden muss, dass diese Fahrt nur durch eine ausge- zeichnete und stringente Organisation des Bürgermeisters und seines Teams möglich gemacht wurde. Dazu zählte selbstverständlich eine lückenlose Umsetzung der 3-G-Regel. Sogar ein „mobiles Testteam“ in der Person von Angela Kollnig war mit an Bord. So entstand schon zu Beginn der Reise ein gutes Gefühl der Sicherheit und Zusammengehörigkeit. 28 Personen (Gemeindebedienstete, Gemeinderatsmitglieder, Bürgermei- ster und als besondere Geste auch deren Lebenspartner) machten sich am 2. Oktober, einem sonnigen Sams- tagmorgen, in Richtung Steiermark (fast bis zur slowenischen Grenze) auf den Weg. Nach einer ausgezeichneten Stärkung bei der ersten Rast stellte sich schnell die entscheidende Frage: Was ist das Steirische Vulkanland? Das Steirische Vulkanland ist eine Ko- operation aus 33 Gemeinden (das ist eine Parallele zu Osttirol, auch wir in Osttirol haben 33 Gemeinden) in den Bezirken Südoststeiermark, Hartberg- Fürstenfeld, Leibnitz und Weiz und eine Partnerorganisation des Ther- men- und Vulkanland Steiermark in der Südoststeiermark. Grundsatz und Ziel des Steirischen Vulkanlandes ist die nachhaltige Re- gionalentwicklung. Das hat uns in besonderer Weise interessiert. Diese Regionalentwicklung findet auf Pro- jektebene sowie auf der Ebene eines regionalen Entwicklungsprozesses statt. Die gemeinsame Arbeit soll die Wirtschaft und den Zusammenhalt in der Region stärken. Zwei Schlagworte sollten uns noch während der gesamten Reise beglei- ten: Wertschätzung und Inwertset- zung. Wertschätzung ist im täglichen Um- gang miteinander unverzichtbar. Die- ser Begriff ist uns allen geläufig. Wert- schätzung wird in Thurn gelebt und nicht nur als Schlagwort verwendet. Der Begriff „Inwertsetzung“ stellt da schon eine größere Herausforderung dar. Er bezieht sich auf eine neue öko- nomische Sichtweise der Natur und deren natürlichen Ressourcen. Dies beruht auf dem Grundsatz, dass das, was die Natur für den Menschen be- reithält und leistet, bisher nicht ökono- misch in Wert gesetzt wurde. Klingt neu und doch nicht ganz – was ist also damit gemeint? Die „Vulcano Schinkenmanufaktur“ in Auersbach, unweit von Graz 1999 hat Bauer Franz Habel, Ge- schäftsführer und Mitgründer des Un- ternehmens, ein Gemeinschaftsprojekt mit insgesamt fünf Höfen gestartet. Qualität war ihm besonders wichtig. So wurde ihm als „klassischer Schwei- nebauer“ klar, dass er nicht sein wei- teres Leben lang nur Schweine füttern wollte. Die Preise für Schweinefleisch wurden immer geringer. Gleichzeitig sollte in kürzerer Zeit immer mehr ge- schafft werden. Dem Tier wurde die Wertigkeit abgesprochen. Zusammen mit vier weiteren Bauern entschloss er sich damals etwas zu unternehmen, mit dem Ziel, dem Schwein wieder mehr Wertigkeit zu geben. Sie wollten Qualität schaffen. Qualität fängt bei den Tieren an. So gründeten sie das Unternehmen und verpflich- teten sich der qualitativen Herstel- lung von Schinken und weiteren Flei- schereierzeugnissen sowie der artge- rechteren Haltung der Tiere. Besseres Futter, deutlich längere Mastzeiten, doppelt so viel Platz im Stall, Haltung auf Vollspaltenböden, Zugang zu Aus- lauf sowie die schonende Schlachtung und Verarbeitung sorgen für qualitäts- volle Produkte. Zu Fressen gibt es für die Tiere Getreide aus eigenem Anbau und Soja aus der Donauregion. Nach einem Jahr sind die Tiere mit einem Gewicht von 160 kg dann schlachtreif. Durch probieren, riechen, schmecken und salzen konnte ein spezieller „Vul- cano-Geschmack“ erreicht werden, der sich zwischen Parma und San Daniele positioniert. Der Wert und das Alleinstellungsmerkmal für die Region waren also geboren. In der Regel wer- den die Schinken 15 bis 30 Monate gereift, das hängt von der Größe und Dicke des Stückes ab. Inwertsetzung und Marketing also, wie geht das zusammen? Ein Rundgang im gesamten Betriebs- gelände einschließlich zweier Video- vorführungen sollte uns dann auf das Gesamtprojekt einstimmen. Schnell wurde uns, vor allem den mitgereisten Profis aus der Landwirtschaft, klar, dass auf dem gesamten Betriebsge- lände nur ein „Schaubauernhof“ mit einem ausgedehntem Shop und feinen Verkostungsmöglichkeiten betrieben wird. Die eigentliche Schweinemast und die weitere Verarbeitung der Tiere wird den rund 50.000 Besuchern pro Jahr (vor COVID) nicht näher zugemu- tet. Die animierte Präsentation der ge- samten Betriebsgeschichte und -philo- sophie war dann für uns doch etwas zu viel des Marketings. Nach einer umfassenden Verkostung kamen wir zum Ergebnis, dass die Produkte der Thurner Bauern einen direkten Vergleich in keiner Weise zu scheuen brauchen. Wahrscheinlich gibt es eine Vielzahl an Landwirten in Osttirol, die auf vergleichbare Weise ohne das helle Licht des Marketings erstklassigen Speck produzieren. Ein weiterer Exkursionspunkt auf un- serer Reise mit dem Thema „Natur und Wert“ war die Manufaktur Gölles für edlen Brand & feinen Essig in Riegersburg In der Manufaktur von Alois Göl- les werden seit über 30 Jahren edle Die Gemeinde Thurn und die Südoststeiermark Hat unser Sonnendorf mit einer innovativen Grenzregion in der Steiermark etwas gemeinsam!? Das war eine der Fragen, die sich unser Bürgermeister stellte. Schnell war die Idee geboren, mit den Bediensteten der Gemeinde und dem Gemeinderat diese und andere Fragen zu beantworten. Die gute Tradition, gemeinsam eine Fahrt zu unternehmen, dabei etwas zu lernen, Zeit zu verbringen, zu genießen, Gespräche ohne Termin- und Zeitdruck zu führen, konnte heuer wieder aufleben.

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