GZ_Kals_2021_12

Menschen in Kals am Großglockner Fodn Nr. 79 70 Kalser Gemeindezeitung 71 Der Bau der Kalser Straße So begann der Chronist seinen Bericht über den Bau der Kalser Straße: „Seitdem 1912 mit dem Bau der Kalser Straße begon- nen wurde, die 1927 zu einem glücklichen Ende ge- bracht wurde, haben sicher gar viele den armseligen, schlechten Karrenweg, des (der?) bis in die jüngste Zeit ins Kals führte, wieder vergessen. Freilich, gro- ßen Schaden bringt das nicht, doch liegt darin ein schönes, interessantes Stück Heimat verborgen.“ Vor Jahren übergab mir der Holaus Hons, den ich manchmal am Sonntag nach der Messe im Auto bis Lesach mitnahm, drei gute SW -Fotos (ca. 13 cm x 18 cm auf Karton) des Fotografen Hans Fracaro in Lienz. Eines zeigt den Straßenbau in Stanika. Auf der starken Vergrößerung sind 2 oder 3 Arbeiter mit Meißel und Fäustl zu erkennen. Das heißt, sie haben die Steine so genau zugerichtet, dass sie schön in die Mauer passten. Zwischen Oberpeischlach und Staniska können wir heute noch – hundert Jahre später – bergseitig viele Meter dieser Mauer sehen und bewundern, wie schön und offensichtlich auch stabil diese Mauern gearbeitet sind. Das zweite Bild zeigt den Straßenbau bei Haslach. Dieses Foto zeigt bei guter Vergrößerung an die 17, 18 Arbeiter mit der Schubkarre. Schließlich ist noch ein Foto mit der Baustelle im Bereich der heutigen Splittdeponie. Wo aber zweigte die Straße vom Iseltal ab und führte hinauf nach Oberpeischlach? Ist es der „Karrenweg“, der im Bereich unterhalb der Plattnerreide unter- halb des Hauses Steffi Holzer dahinschlummert? Ich habe ihn heuer aufgesucht und fotografiert. Es ist ein steiler und steiniger Fuhrweg, zum Teil auch recht schmal. Da hatten Pferde allerhand zu leisten, vom Leiden der Patienten, die von Kals ins Kranken- haus mussten, ganz zu schweigen. 1968. Und dort haben wir uns getroffen. Sie sprach mich als Junglehrer an und sagte, dass sie in Ober- peischlach war. Sie starb am 14.März 1998. Scheiterer Nannele wusste natürlich viel zu er- zählen. Aufgewachsen ist sie beim Scheiterer, das Wohnhaus in der Mitte des Bildes, später kaufte der Tate den Kuenzer Hof bei der Kapelle. Der Name Scheiterer wanderte auch herüber, sodass sie nach wie vor die „Scheiterer“ blieben. Aber der Hof ist der Kuenzer Hof. Von der Not der Nachkriegszeit nach dem ersten Weltkrieg berichtet Anna Tegischer aus ihrer Schulzeit: Es kam vor, dass „Rantschner“ Kin- der manchmal schon in der Früh baten: „Aber heint gibsche dein Äpflputzn mir.“ Können wir uns diesen Hunger heute vorstellen, wo wir viele Tonnen Le- bensmittel wegwerfen? Ein viel krasseres Beispiel von der allgemeinen Not zeigt die in den dreißiger Jahren nach Dreizehnlin- den ausgewanderte Rantschner Familie. Geschenkt wurde ihnen auch drüben nichts. Im Jahr 1997 wollte der Jörg noch einmal sein Elternhaus sehen und reis- te mit seinem Sohn in die Heimat nach Kals. Welche Wiedersehensfreude!! Freunde begleiteten den Jörg mit Sohn zum Rantschner und die noch lebenden Mitschüler setzten sich zu einem unvergesslichen Klassenfoto beim Schulhaus zusammen. Sitzend v.l.: Maria Berger, Monika Patterer (Loip), Anna Tegischer (Scheiterer Nannele), Georg Hanser (Rantschner), Hosla Kune und Kathl; stehend v.l.: Maria Tinkl (Joch), ??, Warscher Alois (Oberhauser), Kleinlercher Alfons, Oberhauser Alois (Motiner) Eine Leihgabe ist das Foto vom Hubener Kirchenchor aus dem Jahr 1926 (?), da ist die Kirche erst im Bau(!). Leihgabe vom Postwirt in Huben, Gratzer Hons, +) Das Foto (Schneeberger, Matrei) zeigt den Chorleiter Josef Tegischer mit Taktstock, re 1. Kaplan von Hu- ben, Josef Schröckhuber, re davon mit Bart Lehrer und Chronist Josef Obbrugger, daneben seine Zwil- lingsschwester Cille, der kleine Mann hinter dem Chorleiter Josef Figer, 2. von re stehend Barbara Fi- ger und 3. von re Anna Figer (Scheiterer Nannele). Auch die anderen Chormitglieder sind auf der Rück- seite vermerkt. Die Herz Jesu Kirche wurde in den Jahren 1924 – 1928 erbaut. Es gab aber tatsächlich schon den Kirchen- chor, der im „Hubenwirts Neugebäude“, wo auch eine Kapelle eingerichtet wurde, Proben abhielt. Dr. Josef Tegischer war Sprengelarzt in Huben, Kaplan Josef Schröckhuber war für die Organisation des Kir- chenbaus zuständig, ein außergewöhnlich fleißiger Organisator und Spendensammler. Das trug ihm den Namen „Hubenschröck“ ein. Er verfasste nach Be- endigung des Kirchenbaues eine genaue Geschichte des Kirchenbaues: die 4 Bauabschnitte von 1924 bis 28, die Besorgung der Materialien, Anzahl und Län- ge der Sparren und Trame, die Robotschichten der Bauern und Helfer und die jeweiligen Baufortschrit- te. Und wieder ist das Scheiterer Nannele wertvolle Zeitzeugin für die Chorgeschichte. Sie war mit ihrer Schwester Barbara und Bruder Sepp Sängerin beim Chor. Der weite Weg nach Huben zu den Singpro- ben war kein Problem. Hatten die Oberpeischlacher doch den weiten Weg nach St. Johann oder den noch weiteren Weg nach Kals, wenn sie zur Messe gingen. Mit großem Respekt erzählte die Sängerin, dass im Advent Lehrer Obbrugger jeden Tag nach Huben zur Rorate ging und Orgel bzw. Harmonium spielte. Nachher hielt er selbstverständlich seinen Unter- richt. Und er schrieb viele Seiten zu verschiedenen Themen für die Schulchronik.

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