GZ_Gaimberg_2021_12

34 34 Die Sonnseiten Nummer 60 - August 2018 Chronik i i Num er 70 - Dezember 021 ist. Deshalb ist der Kirchtag ein Erntedankfest. Zufrieden wandert der Bauer über die herbstlichen Fluren, wenn er vor großem Unglück das ganze Jahr bewahrt geblie - ben und lenkt seine Schritte der Kirche zu, um dort dem Herrn zu danken, der Sonne und Regen zur rechten Zeit gegeben hat. Herzlich freut er sich, wenn er durch seine volle Scheune wandert. Ein frohes Gesicht zeigt er, wenn er an diesem Feste abends ins Wirtshaus geht und sich ein wenig Kirchtagswein wohl schmecken lässt. Aus seinem Pfeifchen schmauchend, er - zählt er seinen Nachbarn von Mühe und Leid des Jahres, das jetzt wieder für ein paar Monate vorbei ist und ist froh, dass er den Winter über ausrasten kann. Ein Tag lässt auch des Bauern Herz höher schlagen, wenn sein Sohn oder die Tochter Hochzeit hat, denn die Zeit um Kirchweih herum ist beim Landvolk als Heirats - zeit beliebt. Ein solcher Freu - dentag gräbt sich wohl un - auslöschlich in eines Bauern Herz ein, denn sein Leben zählt viele solche Tage nicht. Zwischen Kirchweihfest und Weihnachten liegt aber noch ein Tag, der einen Bauern wieder ernster stimmt, der ihn an sein eigenes Ende ge- mahnt, Allerseelen. In tiefes Sinnen versunken, wandert er auf den Friedhof, der viel - leicht seine lieben Eltern se - lig oder eines seiner Kinder birgt. Hier am Grabhügel hält er traute Zwiesprache und la - det seine Wehmut ab und holt sich Kraft fürs Tagewerk. Denn wohl keiner sieht das Werden und Vergehen in der Natur so klar, wie der Bauer und darum weiß er, dass hier auf dieser Welt alles vergäng - lich ist und deswegen ist ihm der Gedanke an den Tod auch vertraut. Diese trüben Gedanken wer - den wieder von freudigen abgelöst, wenn der Advent beginnt und Weihnachten naht. Wie bereitet so einem einfachen Bauern die Vor - bereitung auf Weihnachten schon eine große Freude. Schon wochenlang vor dem Heiligen Abend beginnt er die Krippe, die über den Sommer auf dem Dachboden geschlafen hatte, abzustau - ben, er sucht die Krippen - figuren hervor, heilt einem Hirten den gebrochenen Fuß an, einem Engel leimt er die Flügel wieder zusammen und wenn der Hl. Abend ganz in die Nähe gerückt ist, beginnt er, die Krippe aufzustellen. Es feiern zwar alle Men - schen, die einen christlichen Glauben haben, das Geburts - fest des Herrn. Im Besonde - ren aber ist Weihnachten ein bäuerliches Fest. Ist doch der Herr des Himmels und der Erde in einem Stall zur Welt gekommen, ein Futterbarren mit Heu und Stroh gefüllt, war seine Wiege. Und des - halb feiert jeder Bauer die - ses Fest mit ganz besonderer Freude mit. Das ländliche Volk liebt Weihnachten wie kein zweites Fest. Und des - halb knüpfen sich auch so vie - le Bräuche daran. Voll Freu - de wandert der Bauer in der Hl. Nacht in die festlich ge - schmückte Kirche und dankt dem Kindlein von Bethlehem für alles Gute, das es ihm erwiesen. Die Weihnachts - glocken läuten ihm Freude, Glück und Seligkeit ins Herz, die noch lange in seinem Herzen wach ist, auch wenn das schöne Fest schon längst wieder vorüber und der graue Alltag wieder begonnen hat. So wechselt jahraus jahr - ein, wie Regen und Sonnen - schein, Freud und Leid im Herzen eines guten Bauern und besonders eines Tiroler Bauern, der mit seinem uner - schütterlichen Gottvertrauen alle Unglücke und Hemmnis - se dieses Lebens überwindet und wenn ihn das Unglück auch noch so sehr verfolgt, ist er zufrieden und hängt mit unverminderter Zähigkeit an seiner Vaterscholle, die ihm, durch Mühe und Schweiß der Ahnen geheiligt, über alles geht und mit der er innig ver - bunden ist. Bei diesem Vortrag handelt es sich vermutlich um die Beschreibung „Das Tiroler Bauernjahr“ von Ludwig Hörmann. Herzlichen Dank an Loise und Franz Wibmer für das Übersetzen aus der Kurrent- schrift! Erntedank. Das Brautpaar Maria Plan- kensteiner und Peter Dureg- ger, die Eltern des Studenten. Der Dank im Tischgebet beim „Freimann“ im Sommer 1966 mit dem „Knecht“ David Wink- ler, dem Großvater des heutigen Freimannbauern Kurt Gomig. Fotos: Archiv Freimannhof

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