GZ_Gaimberg_2021_12

32 32 Die Sonnseiten Nummer 60 - August 2018 Chronik i i Num er 70 - Dezember 021 Ein „Deutsch-Vortrag“, den Peter Duregger am 9. No- vember 1936 als 17-jähriger Student des bischöflichen Gymnasiums Paulinum ge- halten hat. Lang ist`s her, seitdem der stille Friede unserer Täler durch rauhe Axtschläge und laute Rufe gestört wurde. Bauern waren es, die sich hier in der Wildnis ein Heim, umgeben von Äckern und Wiesen gründen wollten. Mit viel Mühe und Schweiß ha - ben sie den Boden urbar ge - macht. Boden ist aber Herr - gottsgab‘ und Bauersleut‘ sind Herrgottsgärtner. Und der Herrgott hat ihnen das Gärtnersein bis auf den heu - tigen Tag oft gar nicht leicht gemacht. Oft schickt er drü - ckende Sorgen, Ungemach und Kümmernis. Das ganze Jahr hindurch muss sich ein redlicher Bauer plagen. Bei Kälte und Hitze, bei Sturm und Wind, bei Regen und Schnee verrichtet er unverdrossen seine schwere Berufsarbeit, die oft sogar le - bensgefährlich sein kann. Im Frühjahr vertraut er die Saat der Erde an. Wenn er als Sämann über den gefurchten Acker schreitet und eine Hand voll Samen nach der anderen auf die schwarzen Schollen wirft, bedrückt ihn oft man - che Sorge. Wird er wenigs - tens so viel ernten können, wie er jetzt ausstreut? Er kann jetzt nichts mehr tun, als alles der Fügung Gottes überlassen. Seine feste Hoff - nung ist, dass der Herr ein gutes Gedeihen geben wird. Bald sprießt überall aus der dunklen Ackerkrume junges Leben zur großen Freude des Bauern, Regen und Sonnen - schein wechseln ab, die klei - nen Pflänzchen recken ihre Köpfchen immer höher und mit ihrem Wachstum wächst auch die Freude ihres Sä - manns. Der Sommer naht. An schö - nen Sonntagnachmittagen geht der Bauer über seine Felder. Schaut, wie groß das Gras schon gewachsen ist, bückt sich, um ein paar Stei - ne aufzulesen, damit er nicht dann beim Mähen die ganze Schneid an ihnen verdirbt, geht zum Roggenacker, lässt die eine und andere Roggen- ähre durch seine schwielige, abgearbeitete Hand gleiten, um zu prüfen, ob sie wohl etwas enthält, schreitet zum Kartoffelacker und sieht das grüne Blättergewirr schon von einzelnen weißen Blü - ten betupft, blickt über das Maisfeld hin und nachdem er gesehen, dass alles wohl - bestellt, gut gedeiht, setzt er sich still vergnügt an einem Wiesenrain nieder und lässt die Natur mit all ihrer Schön - heit auf sich einwirken. Die ganze Wiese duftet von den verschiedensten Blumen - arten, Grillen zirpen im Gras und schillernde Schmetter - linge gaukeln über dem bun - ten Teppich. Stille Freude zieht in das Herz des einsa - men Beschauers. Das ist sein Reich, hier hat er das Glück, schalten und walten zu dür - fen - nach seinem Ermessen, hier, auf diesem Erdenfleck - lein, ist er unumschränkter Herrscher über ein kleines Reich, das aber laufend ver - borgene Schönheiten birgt. Der Roggen steht schon mannshoch. Die langen Hal - me wiegen sich im leichten Winde und der feine Blüten - staub streicht über die Wellen hin. Die Sonne geht schon langsam zur Neige. Die Bäume werfen lange Schat - ten, eine Wachtel schlägt im Gebüsch und der Ton eines Aveglöckleins dringt an des Bauern Ohr. Immer wonni - ger wird ihm zumute. Sonn - tag zieht auch in sein Herz ein. Es dunkelt schon, als er langsam heimwärts schreitet. Voll Dank gegen den Schöp - fer, der alles so gut gedeihen lässt. Eine harte Arbeitswoche folgt auf die andere. Den ganzen Tag hindurch muss sich der Bauer in der sengenden Som - merhitze auf seinen Feldern plagen, er muss mähen und das dürre Heu in die Scheu - ne führen. Aber jedes Mal freut er sich, wenn wieder ein großes Fuder in die Scheune rollt und der Heustock immer höher wächst. Die Heuernte Vor 85 Jahren Freuden und Leiden eines Tiroler Bauern Maria Maienkönigin Kornacker beim „Freimann“ Peter Duregger Fotos: Archiv Freimannhof

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