GZ_Gaimberg_2021_12

17 Die Sonnseiten Nummer 60 - August 2018 1 Allgemein 7 Dezember 2021 in der historischen Sprach - wissenschaft auch von Laut - gesetzen spricht. Sprache ist nicht zuletzt ein System von Lauten, die zueinander in Beziehung stehen. Deshalb muss man immer das gan- ze System im Blick haben. Die ortsübliche mundartliche Aussprache von Gaimberg lautet Goamberg . Dieser Laut -oa- im ersten Teil unseres Namens kann also nicht will - kürlich aus irgendwelchen anderen (historischen) Selbst - lauten abgeleitet werden. Nach allem, was man heute über unsere Mundarten und ihre Lautgesetze weiß, gibt es für -oa- in unserer Gegend nur zwei Erklärungsmög - lichkeiten: 1. Es geht zurück auf mittelhochdeutsches -ei- ( broat , hoam , koaner z. B. entsprechen mittelhochdeut - schem breit , heim , keiner ), oder 2. es ist „fremden“, das heißt, nicht-deutschen Ur - sprungs. Nun lässt sich beim besten Willen keine mittel - hochdeutsche Wortwurzel gein- oder geim- ausfindig machen, die als Ursprung des Namens in Frage kommt. Das von Unterforcher ins Spiel gebrachte Zeitwort goumen hätte ein Gāmberg ergeben müssen (so wie mittelhoch - deutsch boum in unserem Dialekt Bām ‚Baum‘ oder mittelhochdeutsch roum ei- nem Rām ‚Rahm‘ entspricht). Nun gibt es zwar die Form Gāmberg , doch diese ist nicht bodenständig, sondern in der städtisch geprägten, von Wien und in unserem Fall si - cher auch von Kärnten beein - flussten Lienzer Umgangs - sprache gebräuchlich. Für die Deutung eines Namens ist jedoch immer ausschlagge - bend, wie der Ort im lokalen Dialekt ausgesprochen wird. Ein Gojin als Namensge- ber? Nachdem eine Suche im deut- schen Wortmaterial ergebnis - los verläuft, sehen sich An - reiter und seine Kollegen in ihrem Gemeindenamenbuch nach anderen Möglichkeiten um, eben auch nach einem möglichen nicht-deutschen Ursprung. Und hier stellen sie eine Hypothese in den Raum, für die einiges spricht. In zu - sammengesetzten Ortsnamen mit - berg als zweitem Glied ist der erste Teil sehr häufig ein alter Personenname. Al - lein in Kärnten treffen wir auf über 70 (!) Ortsnamen dieses Typs. Oft sind dabei die Na - men im ersten Teil slawisch (z. B. bei Radsberg , Techels- berg , Zammelsberg ) und eine solche Interpretation wird auch für Gaimberg in den Raum gestellt: Gaim- könnte nämlich auf den slawischen Personennamen Goj oder Go- jin zurückgehen und würde dann soviel wie „Berg eines (Mannes namens) Goj(in)“ bedeuten. Slawische Perso - nennamen waren – wie auch die altgermanischen Namen – in der Regel aus zwei Tei - len zusammengesetzt, Goj oder Gojin sind Kurzformen solcher zusammengesetzter Namen, wobei Gojin noch um eine Ableitungssilbe -in erweitert ist. Diese Endung -in würde das -n- in den äl - testen Belegen für Gaimberg erklären (das dann später zu -m- wurde, weil sich die Lautverbindung -mb- leichter aussprechen lässt als -nb- ). Eine andere Erklärungsmög - lichkeit für das -n- ist die, dass es sich um den 2. Fall (Genitiv) des Namens Goj in der sog. schwachen Flexion handeln könnte, also entstan - den aus einer Genitiv-Fügung wie des Gojen Berg . Das Na - menwort Goj geht jedenfalls zurück auf slawisch goj , das soviel wie ‚Friede‘ bedeutet. In den einzelnen slawischen Sprachen entwickelte sich die Bedeutung dann weiter. Die betreffende Wortwurzel steckt etwa auch im slowe - nischen Zeitwort gojiti ‚pfle - gen, züchten‘. Zahlreiche Parallelbeispiele In den zusammengesetzten slawischen Personennamen kommt das Element goj im- mer wieder vor und das auch in unserer Gegend: Das Ur - bar der Vorderen Grafschaft Görz aus dem Jahre 1299 etwa erwähnt für die Virge - ner Gegend einen Schugoy , für Ainet einen Lastigoy und für den Raum Oberdrauburg einen Stoygoi . Doch auch die Kurzform allein, wie sie für Gaimberg in Betracht gezogen wird, lässt sich ur - kundlich belegen: Ein Zeuge namens Goin wird beispiels - weise in einer Urkunde vom Beginn des 11. Jahrhunderts genannt, die sich auf die Ge - gend um St. Veit an der Glan bezieht. Auch der Name der kleinen Ortschaft Gaindorf in Niederösterreich, an der Grenze zwischen Wald- und Weinviertel, wird übrigens zum selben Personennamen gestellt. Generell muss man sich vor Augen halten, wie viele Orts-, Flur- und Hofna - men im Lienzer Raum slawi - schen Ursprungs sind. Dass dies auch bei Gaimberg der Fall sein könnte, ist also nicht unwahrscheinlich. Gleich mehrere Orte in Ost - tirol gehen dabei auf einen slawischen Personenamen zurück, etwa Gödnach oder Leisach . Doch wie wurde aus dem slawischen -oj- ein -oa- ? Auch hier gibt die Lautge - schichte unserer Mundarten eine klare Antwort: Aus ver - Wer mag diesem „Berg“ wohl seinen Namen gegeben haben? Foto: Fabio Brunner

RkJQdWJsaXNoZXIy MTUxMzQ3