GZ_Tristach_2021_12

8 Rund um die Kuh Dez. 2021 W as Pfarrer Sebastian Nieder- kofler 1849 in seiner Chronik über die Tierhaltung in Tristach schreibt, gilt schon lange nicht mehr: „Man hat hier Kühe, der Kleinhäusler zwei, die Bauern 3-5. Obwohl die Kühe ihnen größten Nutzen bringen, so werden sie doch zum Lohne am schlechtesten ge- halten, kommen selten auf die Alpe, werden im Sommer in den Auen und auf den Rainen herumgehungert, be- kommen nur Jätgras als Sommerfutter und müssen bei aller Hitze das Meis- te pflügen, einziehn und werden von Flügen armselig gebüßen (von Fliegen gebissen) und vom Menschen unbarm- herzig geschlagen. Gäbe es einen Tier- himmel, so wären diese Kühe die ers- ten, die hineinkämen.“ Sollte Pfarrer Niederkofler nicht maßlos übertrieben haben, so wäre der Tierhimmel voll von Tristacher Kühen. Heute finden sie ihr Glück auf der Erde, in sauberen Ställen, auf der Alm, ver- sorgt mit gutem Futter und freundlicher Beziehung zu den Bauersleuten. Sie werden meist noch beim Namen geru- fen und heißen Linde, Liesl, Alma und Glücke und haben mit Massentierhal- tung nichts gemeinsam. Im krassen Ge- gensatz zu Niederkoflers Bericht, stand die Erinnerung der Tischler Mame, Frau Unterluggauer, Wastler Tochter: „Sams- tags haben wir auch die Kuhschwänze gewaschen.“ Laut Tierzählung gab es 1955 noch 424 Rinder, 1970 329, 1989 315 so sind es heute 262. Rinder in der Kunst und Religion Auf eine Initiative der Stadt Zürich geht das im Jahre 1998 gegründete Kuh-Kultur Projekt zurück (was wäre Schweizer Schokolade ohne Milch?) Naturgetreue Kuhrohlinge wurden aus Fiberglas hergestellt, von Firmen ge- sponsert und an Künstler/-innen und Schüler/-innen zur Bemalung verteilt. 815 bunte Kühe bevölkerten den öffent- lichen Raum. Die Idee schwappte auf Amerika über und inzwischen gibt es die sogenannte COW PARADE auf allen Kontinenten. Stiere sind Symbole für Kraft, Macht und Stärke und sind makabre Spielzeuge für Toreros und Matadore in den spanischen Stierkampfarenen. Mit 14 Bronzebullen schuf der Tristacher Ehrenbürger Prof. Jos Pirkner in Fuschl eine der größten Skulpturengruppen der Welt. Der Stier gilt als Wappentier des Apostels Lukas. In der Bibel werden Rinder an ver- schiedenen Stellen erwähnt, Stiere öfter als Kühe. Schon der ägyptische Pharao träumte seinerzeit von fetten und ma- geren Kühen. An unsichtbarer Hand gelenkte Kühe bringen die Bundeslade nach Israel zurück. Das Goldene Kalb als Sinnbild für falsche Werte nimmt eine unrühmliche Stellung in der Bibel ein. Sogar der Och- se brachte es zu gewisser Berühmtheit an prominenter Stelle in Bethlehem. Dass die Tiere im Stall in den Rau- nächten reden, dabei aber nicht be- lauscht werden dürfen, gehört zu den Mythen um Weihnachten. Darüber werden gruselige Geschichten erzählt, zum Beispiel: Ein Knecht legt sich in der Christnacht in einen Barren, um die Kühe reden zu hören. Am Morgen prahlt er, er hätte die Kühe reden hören. „Diese Woche müssen wir noch schwer ziehen,“ hätten sie gesagt. Der Knecht fand das als völligen Unsinn, denn noch nie hätten die Kühe im Winter ziehen müssen. Den Knecht ereilte am nächs- ten Tag im Stall der Tod und zwei Kühe mussten ihn noch vor Silvester im Sarg zum weit entfernten Friedhof ziehen. In der griechischen, römischen und ägyptischen Mythologie ist die Götter- welt zu Hauf von Kühen und Stieren besiedelt. Kuhställe waren das Lampedusa der Dreißiger-Jahre. Scharen von Arbeitslo- sen zogen auf der Suche nach Arbeit und Brot durch das Land. Vor allem im Win- ter waren Ställe ein warmes Quartier. Im Buddhismus und im Hinduismus gelten Kühe als heilig. Eine Kuh zu töten ist das schlimmste Verbrechen. Das hat manchmal fatale Folgen. Bei einem Ei- senbahnunglück in Mansi im indischen Bundesstaat Bihar sind 1981 mehrere hundert Person zu Tode gekommen, weil der Lokführer wegen einer Kuh am Gelei- se eine Notbremsung durchgeführt hat. Ganz anders ist die berührende Ge- schichte der Kuh „Primel“ im Buch über die Osttiroler Almen von Walter Mair. Die Kuh hatte der Bauernfamilie mit sieben Kindern 13 Jahre lang freundschaftlich „gedient“. Als das Tier alt und gebrech- lich geworden war und dem Schlachter verkauft werden sollte, brachte es die Familie nicht übers Herz, Primel in ei- nen Anhänger verladen zu lassen und kilometerweit zum Schlachthof trans- Rund um die Kuh Zürcher Kuh Parade - Vaca Millonaria aus Mexiko-Stadt

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