GZ_Virgen_2021_11

Virger Zeitung Dorfleben – Menschen 54 In der Sommer-Ausgabe unserer Gemeindezeitung waren Erzäh- lungen älterer Menschen über die Kindheit in früherer Zeit zu lesen. Natürlich sollen euch weitere Erinnerungen, die bei den Gesprächs-Nachmittagen in der Bücherei zum Vorschein kamen, nicht vorenthalten werden. Otfried Pawlin Genau wie heute wurden die Kin- der mit sechs Jahren eingeschult. Die Klassen waren teils im heuti- gen Gemeindehaus und teils im Kloster untergebracht. Ältere Schü- ler/innen (5. bis 8. Schulstufe) be- suchten nach Geschlechtern ge- trennte Klassen. Die Ausstattung der Schulanfänger bestand in erster Linie aus einer (meist von den Geschwistern vererb- ten) Schiefertafel, einem Griffel und einem Schwamm. Heft, Bleistift und Federstiel kamen erst später in Gebrauch. Der Griffel war dazumal recht billig, er kostete 4 Groschen, ein Ei hingegen 6 Groschen. Für viele Kinder hieß es sehr früh aufstehen und aus dem Haus gehen, damit sie den weiten Schul- weg bewältigen konnten (Welze- lach, Berg/March, Budam, Sonn- berg). Der Pfarrer hat streng darauf geachtet, dass die Schulmesse täg- lich besucht wurde. ImWinter war das eine kalte Angelegenheit, Das Schuljahr dauerte von Anfang Oktober bis Mitte Mai; damit wurde berücksichtigt, dass die Hilfe der Kinder, besonders der größe- ren, zu Hause und bei der Feld- arbeit unentbehrlich war. Der Unterricht begann (nach der Schul- messe) um ½ 8 Uhr und zog sich – mit einer Mittagspause von zwei Stunden – bis in den Nachmittag hinein. Am Donnerstag hatten die Volksschüler schulfrei, denn da musste von den Lehrkräften „Pfins- tigschüle“ gehalten werden. Das war eine Pflicht-Fortbildung für jene Fünfzehn- und Sechzehnjähri- gen, die nach dem Ausschulen kei- nen Lehrberuf ergriffen (und somit keine Berufsschule besuchten). Ob die Hausaufgabe gemacht wurde, ist in den Familien wohl sehr unterschiedlich kontrolliert wor- den – wichtig waren im Zeugnis nur die ersten drei Noten: Betra- gen, Fleiß und Religion! Stand an diesen Stellen kein „Einser“, wurde Magda Bacher: Schulzeit in Virgen Lang, lang ist‘s her – ernst und heiter frühere Begebenheiten zumal die Mädchen nur Lodenkit- tel und keine Unterhosen anhat- ten. Die Kittel (bei den Buben die Hosenbeine bis zu den Knien) durchs Waten im Schnee steif ge- froren, so musste in der kalten Kirche gekniet werden. Jene Kin- der, die schon zur Kommunion durften, mussten ohne Frühstück von zu Hause fort, denn es galt vor dem „Zu speisen gehen“ strenge Nüchternheit (selbst ein Schluck Wasser war verboten). Das mitge- nommene, meist kärgliche Früh- stück wurde dann schnell vor Unterrichtsbeginn verzehrt. Der Heimweg zog sich hingegen oft in die Länge, besonders wenn noch ein paar Kinder den gleichen Weg hatten. Von den Zwölf-, Drei- zehnjährigen wurde die heimlich „Angebetete“ verfolgt, oder aber die Buben trugen ihre Rang- kämpfe (manchmal auch „Frak- tionskämpfe“) aus, die mitunter als grobe Raufereien endeten. Anzunehmen, dass sie brave Schüle- rinnen waren. Von links: Flora Stad- ler, vlg. Moser; Maria Mariner, vlg. Måtz’n; Frieda Steiner, vlg. Lipp’n; Stephanie Bstieler

RkJQdWJsaXNoZXIy MTUxMzQ3