GZ_Gaimberg_2021_09

11 1 Die Sonnseiten Nummer 60 - August 2018 Allgemein e 69 - September 2021 Brennnesseln auf den Stroh- sack zu legen. Unsere Tagesbeschäftigung bestand hauptsächlich darin, die Butter-Pflotschen (eine großblättrige Pflanze) für die Schweine und Kranebitten für die Ziegen zu sammeln. Nebenbei mussten wir auch den Butterkübel rühren. Es war im Großen und Ganzen ein unbeschwerter Sommer. Dann, im Herbst, sollte ich erstmals in Gaimberg in die Schule kommen. Den letz- ten Sonntag vor Schulbeginn hatte mein Bruder Alois die Aufgabe, mich von der „Mo- ser Alm“ abzuholen. Gegen Mittag war er noch immer nicht aufgetaucht. Da meinte meine Tante, jetzt müsse ich mich selber auf den Weg ma- chen, damit sich der Abstieg ins Tal noch ausgehe. Sie be- gleitete mich bis zur unteren Schupfe und gab mir Anwei- sungen, wie ich den weiteren Weg nach Hause finden wür - de: „Geh hinunter bis zum Debantbach. Dann talaus- wärts bis zur Säge. Dort auf der rechten Seite hinaus bis Nußdorf. Und dann kennst du dich wieder aus.“ Denn wir gingen damals immer im Ladele in Nußdorf einkaufen. Der Abstieg verlief tatsäch- lich reibungslos. Aber man darf nicht vergessen, ich war damals erst sieben Jahre alt. Mein Bruder Lois war bei den Schafen aufgehalten worden und deshalb nicht rechtzeitig aufgetaucht. Meine Mutter wunderte sich, als ich ganz alleine aus dem Debanttal ankam. Wir Kinder hatten damals recht viel Vertrauens- vorschuss. Facken treiben Mit 10 Jahren bekam ich den Auftrag von meiner Familie, zwei Schweine vom „Acke- rerhof“ auf die Gaimberger Alm zu treiben. Irgendwie schaffte ich es, die eigenwil - ligen Tiere in Bewegung zu halten. Wir kamen zwar lang- sam voran, aber wir hatten schon die Hälfte des Weges hinter uns gebracht, als ein unerwartetes Hindernis auf- tauchte. Der kleine Wellbach floss damals noch über den Weg und die Tiere hätten ein paar Meter durch das seichte Wasser gehen müssen. Meine zwei Begleiter wei- gerten sich aber, den Bach zu überqueren. Das Wasser rauschte über das Geröll recht lautstark herunter, was ein ungewöhnliches Geräusch für Schweineohren gewesen sein musste. Ich war ganz al- leine unterwegs. Die Schwei- ne wollten dieses einfache Hindernis nicht und nicht überwinden. Nach unzähligen verzweifelten Versuchen, die eigenwilligen Tiere über den Bach zu locken, musste ich schließlich umdrehen. Und ich schwor mir, nie wieder Schweine zu treiben. Am nächsten Tag machten sich meine ältere Schwes- ter und mein Bruder mit den beiden Schweinen wieder auf den Weg. Auch diesmal weigerten sich die Schweine, über den Wellbach zu gehen. Zum Glück kam dieses Mal der Webhofer Hermann mit seinen Kühen vorbei. Zu dritt gelang es ihnen, die störri- schen Schweine über den Bach zu zerren. Das hätte ich alleine nicht geschafft. Im Laufe des Sommers haben sich diese beiden Schweine doch noch an das Wasser ge- wöhnt. Sie folgten beim Wei- den den Kühen bis auf die Insel der „Inneren Lacke“. Im wasserreichen Debanttal ist die Vertrautheit mit den rau- schenden Bächen eine wichti- ge Voraussetzung. Kinderhort auf der Alm Unsere Mutter war während ihrer Jahre als Sennerin eine beliebte Adresse für Som- merfrischler - Kinder. Sie war bekannt für ihre große Gast- freundschaft, besonders ge- genüber Kindern. So wurden ihr laufend Kinder geschickt (auch die Kinder unserer Gailtaler Tante kamen zu ihr auf die Gaimberger Alm). Alle wurden bestens versorgt. Je mehr Kinder um den Tisch - umso lieber. Auch den El- tern war geholfen, denn eine gesunde, reiche Ernährung war in den kargen Nach- kriegsjahren wertvoll. Auch ihr erster Enkel Her- mann Neumair war schon seit frühesten Jahren im Debant- tal dabei. Seine Trittsicherheit erlernte er als „Zubitte Bua“. So nannte man die Helfer der Hirten, die für Kost und Lo- gis bei der Aufsicht über die Herden zur Hand gingen. Ebenso ein Kind des Debant- Ein Blick in die Moser Alm- Kuchl. Im Laufe des Sommers haben sich diese beiden Schweine doch noch an das Wasser gewöhnt. Kinder waren bei unserer Mutter stets willkommen. Fotos: privat

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