GZ_Kals_2021_09

Menschen in Kals am Großglockner Fodn Nr. 78 66 Kalser Gemeindezeitung 67 Lust auf Reisen–Mut zumReisenmit Kind Reisen veredelt den Geist und räumt mit unseren Vorurteilen auf (Oscar Wild) Als meine Tochter geboren wurde, habe ich mir vorgenommen, ihr die Welt zu zeigen. Ich hatte bis zu dem Zeitpunkt schon ein bisschen was von der Welt gesehen, allerdings würde ich das nicht als reisen, sondern eher als urlauben bezeichnen. Meine richtige Reisezeit begann erst gemeinsam mit meinem KInd. Liebst du dein Kind, dann schicke es auf Reisen (indisches Sprichwort) In Emilias ersten Lebensjahren war unser Reiseverhalten noch vorsichtig. Immerhin hat sie bereits mit zwei Wochen Zeit auf der Alm verbracht und im Alter von sechs Wochen das erste Mal die Füße ins Meer gestreckt. Es folgten Urlaube in der Türkei, in Tunesien und Italien. Mit einem Wickelkind fühlte ich mich damals in einem Hotel noch sicherer. In Italien haben wir mit dem Rad die obere Adria abgefahren. Immer mit kleinen Zwischenstopps auf Spielplätzen. Während der Fahrt hat sie im Kindersitz geschlafen und Energie für das nächste Abenteuer am Strand getankt. Alles beginnt mit dem Fernweh Mit der Zeit wurde mein Fernweh immer größer. Ich wollte unabhängiger sein während meiner Reisen und nicht alles im Vorhinein planen. Unsere erste richtig große Reise führte uns für einen Monat nach Thailand. Meine Tochter war vier Jahre alt. Ich buchte lediglich ein Flugticket nach Bangkok. Den dicken Reiseführer hatte ich vorher so oft gelesen, dass ich ihn fast aus- wendig konnte. Und so stand ich um sechs Uhr morgens mit Rucksack und Kind an der Hand am Flughafen in Bangkok und hatte keine Ahnung, wohin die Reise führen würde. Bericht Michaela Webhofer „Jobs fill your pocket, adventures fill your soul” Wir nahmen ein TukTuk – eines der kleinen thai- ländischen Taxis und fuhren in die berühmte Khao- san-Road. Eine Straße, in der sich das pure Leben abspielt. Nachdem wir in das erstbeste Hotel einge- checkt und die Stadt erkundet hatten, buchte ich ei- nen Flug auf die Insel Kho Samui. Dort angekommen frage mich jemand, ob ich mit dem Boot nach Kho Tao fahren möchte. Ich hatte keine Ahnung, wo das ist und sagte einfach „ok“. Und so befanden wir uns am Seeweg auf die kleine Taucherinsel. Wieder rat- los stand ich am Hafen, bis mich ein Taxifahrer frag- te, wohin ich wolle? Ich sagte: „To the south,“ weil ich keinen Plan hatte, wo das Ziel sein soll. Nach einer kurzen Fahrt im Taxi sagte er: „This is the south“. Müde und erschöpft gingen wir orientierungslos ein paar Schritte, auf der Suche nach einer Unterkunft. Thais sind sehr freundliche Leute. Mir wurde so- fort Hilfe von einem Einheimischen angeboten. So fanden wir unsere Hütte mit Hängematte direkt am Meer, die für den nächsten Monat unser Häuschen sein sollte. Wir verbrachten eine tolle Zeit, lernten viele Leute aus der ganzen Welt kennen, mit denen ich teilweise bis heute noch Kontakt habe. Ich habe damals sogar den Tauchschein gemacht. Vor Antritt meiner Reise hatte ich mir vorgestellt, dass ich nach einem Monat in Asien wieder sehr gerne nach Hause fahren werde. Aber das Gegenteil war der Fall. Die positiven Erfahrungen und überwältigenden Eindrü- cke auf dieser Reise hatten meine Sehnsucht nach dem Erkunden der Welt umso größer werden lassen. Nur aufs Ziel zu sehen verdirbt die Lust aufs Reisen (Friedrich Rückert) Bereits ein halbes Jahr später folgte eine weitere große und abenteuerliche Reise. Diesmal nach Sim- babwe. Damals noch unter der Herrschaft vom Dik- tator Robert Mugabe tauchten wir ein in eine kom- plett neue Welt im Süden Afrikas. Die Inflation war so hoch, dass die Währung innerhalb von Stunden an Wert verlor. Auf unserer Reise von der Haupt- stadt Harare zur Grenze von Mosambique mussten wir Kanister mit Benzin und Wasser mitnehmen, weil es dort aufgrund der großen Armut nicht möglich war, irgendetwas zu kaufen. Wir sahen die berühm- ten Viktoria-Wasserfälle an der Grenze zu Sambia und übernachteten in Lodges in der Wildnis. Von dort aus konnten wir Zebras, Giraffen, Nashörner, Löwen und Krokodile beobachten. Das Leben ist eine Reise. Und wer reist, lebt zweimal. (Omar Khayyam) Ich mied die Schulferien für meine Reisen, weil dies natürlich die besonders teure Zeit ist, um Tickets zu buchen. In den nächsten Jahren folgten viel Reisen, vor allem in arabische Länder, weil ich eine beson- dere Vorliebe für den Orient habe. Aber auch nach Mexiko und eine mehrwöchige Reise mit dem Zelt über den Balkan. Ich bin dem damaligen Schuldirektor bis heute dankbar, dass er meiner Tochter das Fernbleiben vom Unterricht mehrmals im Jahr erlaubte. Aller- dings habe ich immer darauf geachtet, dass Emilia den versäumten Schulstoff nachlernt. Nebenbei hat sie so vieles auf ganz natürliche Art und Weise ge- lernt. Sie hatte schon sehr früh ein geografisches Verständnis entwickelt und viel Wissen über Reli- gionen, Sprachen und andere Kulturen. Eines Tages wirst du aufwachen und keine Zeit mehr haben für die Dinge, die du tun wolltest. Tu sie jetzt. (Paulo Coelho) Aufgrund mehrerer Faktoren entwickelte sich ein immer größerer Wunsch in mir, meinen Reisehunger nicht nur mit Reisen zu stillen, sondern auch länge-

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