GZ_Kals_2021_09

Bunt gemischt Fodn Nr. 78 102 Kalser Gemeindezeitung 103 Kalser Glocknerhaus Museum des Monats Juli 2021: Im Banne des Großglockners Dem höchsten Berg Österreichs, der die Bergreisenden aus Nah und Fern seit jeher in seinen Bann zieht, ist in der Osttiroler Gemeinde Kals am Großglock- ner eine abwechslungsreiche Sonderschau gewidmet. Legendär und vielfach gerühmt sind die Pionierleistungen der frühen Alpinisten, die die Herausfor- derung annahmen, das imposante Felsmassiv zu bezwingen. Nicht weniger bedeutsam die parallel dazu erfolgten Erkundungen zahlreicher Naturwis- senschaftler, die im 19. Jahrhundert der Glockner-Gruppe ihre geologischen, botanischen, zoologischen und meteorologischen Geheimnisse entlockten. Das Hauptaugenmerk aber galt natürlich dem Furchtcoloss, Grenzstein, Sehnsuchtsberg und Identitätssymbol selbst. Größte Strapazen wurden in Kauf genommen, um seine Höhe zu bestimmen und Datenmaterial zu sam- meln, anhand dessen er anschließend dreidimensional modelliert werden konnte. Öffentliche Anerkennung genossen die kunstfertigen Reliefs der Geoplastiker Franz Keil (1822-1876) und Paul Gabriel Oberlercher (1859-1915), die beide heutzutage gern befragte gletschergeschichtliche Quellen sind. Bereits am 25. August 1799 wurde der Kleinglockner (3.770 m) von Heiligen- blut aus bestiegen und ein eisernes Kreuz als Symbol der Eroberung errich- tet. In einer noch kostspieligeren und aufwändiger gestalteten Expedition gelang im Juli 1800 schließlich die Erstbesteigung des Großglockners (3.798 m), den seit damals ein vergoldetes Eisenkreuz ziert. Die Gemeinde Kals war damals noch so etwas wie Terra incognita. Die vaterländischen Blätter für den österreichischen Kaiserstaat beklagen am 17. Juli 1816, dass „die Eisber- Bericht Andreas Rauchegger ge bey Kals und der Groß-Glockner, der über Gewitter und Wolken herrscht, [...] nur in den hellesten Sommertagen sein stolzes Haupt entblößt, das sonst ewiger Nebel hüllt.“ Erwähnt wird Kals, „das sich zum Großglockner hin aufthürmt“, dann in den Mittheilungen der k. k. Mährisch-Schlesischen Gesellschaft zur Beförderung des Ackerbaues 1829, wo es weiter heißt, es könne folglich „nur genüg- samen Hirten die Heimath anbieten.“ Der Salzburger Chronik für Stadt und Land vom 2. Jänner 1867 zu- folge wurde in diesen Jahren eine Begehung des Gipfels immer stärker als alpinistisches Ziel wahrgenommenen und schließlich von Kals aus erstmals versucht. Man fand einen Zustieg und be- wies somit, „daß von dieser südwestlichen Seite aus der Berg in kürzerer Zeit und mit weniger Gefahr bestiegen werden kann.“ Am 16. August 1869 verkündete die Salzburger Zeitung , dass „der neue Weg auf den Großglockner“ vor wenigen Tagen eröffnet wurde und der von Ingenieur Pegger 1855 begangenen Variante folgt. Unter- stützung fand die Wegerrichtung durch den Prager Kaufmann und Alpenfreund Johann Stüdl (1839-1925), dessen Namen die Route trägt: Stüdlgrat. Ihm hat die Gemeinde Kals viel zu verdanken, weil er das Potential früh erkannte und das Bergführerwesen zügig strukturierte. So erinnert an ihn auch die Stüdlhütte, wo im August 1869 schon 14 Personen übernachteten und von wo aus damals sogar eine Frau, die Tochter eines gewissen Albion, den Gipfel über die noch unvollendete Gratwanderung erklommen hat. Analog zur Historie der Eroberung des mythenumwobenen Form- schönlings auf diversen alpinen Zustiegen und – seit jüngerer Zeit – sehr anspruchsvollen Kletterrouten, bietet das Kalser Glockner- haus fünf ausgewählte, thematische Zugänge an. Daraus erschließt sich nicht nur ein tieferes Verständnis für die Verortung dieses Wahrzeichens im Lebensalltag, sondern es spiegeln sich darin selbstverständlich auch das bäuerlich geprägte Leben der Einhei- mischen sowie die kommunale Entwicklung wider. Nicht zuletzt ist das Gebäude selbst, welches im Untergeschoss das Museum be- heimatet und ansonsten noch Tourismusbüro und Raiffeisenbank beherbergt, Teil des in den 1990er Jahren initiierten Dorferneue- rungsprozesses. Ein Primärziel war, verrät die Bürgermeisterin Erika Rogl, den Ortskern der aufstrebenden Tourismusgemeinde

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