GZ_Sillian_2021_07

31 BLICK Ein Chronik Mit der Grenzziehung nach dem Ersten Weltkrieg 1918/19 erfolgte auch das Ende des Garnisonsstandortes Sillian. Im neuen Staatsvertrag war nämlich vorgesehen, dass die nächste Kaserne mindestens 30 km von der italienischen Staatsgrenze entfernt sein müsse, daher wurde das Militär aus Sillian abgezogen. Was sollte nun mit der mittlerweile leerstehenden Villa ge- schehen? Um dieselbe Zeit starb Kreszenz Bodner, die erste Gattin von Baumeister Furtschegger. Nach Ablauf des Trauerjah- res gründete er mit Filomena Steidl eine neue Familie und übersiedelte in die leerstehende „Villa Alpenrose“ . Grö- ßere Revitalisierungsarbeiten waren notwendig, um das Haus wohnlich zu gestalten. In der ehemaligen Mensa und im Casino wurden Wände eingezogen, sodass nach dem Umbau ca. 20 Zimmer zur Verfügung standen, die teilweise an Familien vermietet wurden. Der zweiten Ehe von Baumeister Furtschegger entstamm- ten 4 Söhne, von denen die zwei jüngeren bereits im Säug- lingsalter verstarben. Ein schwerer Schicksalsschlag traf die Familie, als der Familienvater 1927 in Kalkstein tödlich verunglückte. Die Witwe mit den beiden Kindern Josef und Anton, 8 und 6 Jahre alt, war nun gezwungen, möglichst viele Räumlichkeiten in der Villa zu vermieten, um für sich und die beiden minderjährigen Söhne ein dürftiges Auslan- gen zu finden (von einer Waisen- bzw. Witwenpension war damals keine Rede). Die beiden Söhne wurden mit Beginn des Zweiten Welt- kriegs 1939 zur Wehrmacht eingezogen, sodass die mitt- lerweile schwerkranke Mutter von 1939 – 1945 ( mit ei- nem neuen Höchststand an Mietparteien: pro Zimmer eine Familie ) allein in der Villa verblieb. Auch eine ungarische Gräfin soll auf ihrer Flucht quer durch Europa eine Zeit lang in der Villa Alpenrose Quartier bezogen haben. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs kehrten beide Söhne unversehrt aus dem Krieg zurück. Ihre Ausbildung, die, wie bei so vielen Gleichaltrigen durch die Kriegswirren unterbrochen worden war, konnte nun fortgesetzt werden. Josef , der ältere, studierte Theologie. Zu seiner Priester- weihe 1949 in Sillian läuteten zum ersten Male wieder die neuen Kirchenglocken; die alten - mit einer Ausnahme - hatte das NS-Regime konfisziert und für die Rüstungsin- dustrie eingeschmolzen. Pfarrer Josef war Kooperator in Imst und von 1959 bis 1981 in den Osttiroler Gemeinden Sterbebild des Erbauers; Archiv: Josef Rauter Villa Alpenrose mit Doppeladler oberhalb des Eingangspor- tals, ca. 1910? Archiv: Martin Furtschegger Filomena Furtschegger mit den Söhnen Josef und Anton; Ende der 1920er Jahre; Archiv: Konrad Webhofer

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