GZ_Leisach_2021_06

13 ßer Mühe und wenig Geld gelang es durch Eigeninitiative im Jahr 1937 in das neue Heim einzuziehen. Den Hauptanteil an geleisteter Arbeit erbrachte Bruder Seppl, der inzwischen ein gelernter Maurer war. Wir konnten auch ein kleines Wirtschaftsgebäude errichten, um dort zwei Kühe, ein Schwein und etliche Hühner neben den nötigen Futtermitteln unter- zubringen. Erwähnenswert ist, dass zu dieser Zeit des Bauens bis 1939 keine Wasserleitung und kein elektrisches Licht zur Verfügung waren. Wasser musste vom Nachbarn (Mascher) ca. 100 m entfernt für Mensch und Vieh umständlich herbeigebracht werden. Trotz allem war es für uns eine große Freude, es war nun unser Eigentum. Mutter und Schwester Berta oblag die Wirt- schaft im Haus und Hof. Vater war inzwischen im Rentenalter. Seppl kam zum österreichi- schen Arbeitsdienst, Friedl und Maridl gingen zur Schule und ich kam im Oktober 1936 nach dem Volksschulabschluss zu meinem Onkel Andreas Tabernig in die Lehre. Ich sollte ein Schneider werden. Nicht begeistert von diesem Wunsch meiner Mutter und mei- nes Onkels trat ich dennoch den weiten Weg nach Gwabl an, um dort das Schneiderhand- werk zu erlernen. Der Gehorsam – nicht gerade eine Tugend unserer Zeit – gebot dies. Andreas Tabernig war der Bruder unserer Mutter und wurde von uns Kindern als der „Göte“ bezeichnet. Er lebte mit seiner Frau kinderlos in bescheidenen Verhältnissen. Das Wohnhaus war eine Holzhütte, die neben der Schneiderwerkstätte auch als Stall für Klein- tiere (Schafe und Hennen) genützt wurde. Mein Onkel und seine Frau bewohnten einen Raum, der zugleich Küche und Schlafzimmer war. Ich hatte meinen Schlafraum einen Stock höher im Heustadel. Die Schneiderlehre war sehr beschränkt. Es gab, wie gesagt, keine eigene Werkstätte und so wurde die Arbeit an Ort und Stelle des Auftraggebers, des Kunden, als „Stör“ meist in größeren Bauernstuben erledigt. Essen und Schlafen war ebenso nur beim Bauern möglich. Die Zeit zum Nähen war nur in den Wintermonaten möglich. Von April bis September war ich als Schaf- und Ziegenhirte beschäftigt. Da es damals noch keine Berufsschulpflicht gab, hatte ich keine Möglichkeit, mein Lehrziel zu erreichen So musste ich den Lehrplatz wechseln und kam nach Leisach zu Herrn Josef Oberwalder. Dort konnte ich die Lehre beenden. Von 1938 bis 1940 war ich als Schneider in Leisach tätig und konnte dort auch die Gesellprüfung mit Erfolg abschließen. Ab September 1939 veränderte sich die allgemeine Wirtschaftslage. Es gab in Öster- reich, wie wohl fast in ganz Europa, Krieg und die allgemeine Wehrpflicht wurde einge- führt. Ende 1939 wurde ich zum Reichsarbeits- dienst nach Klagenfurt eingezogen, um dort auf den Kriegsdienst vorbereitet zu werden. Im Mai 1940 kam ich nach Norddeutschland (Stralsund an die Ostsee) und wurde dort bei der Luftwaffe zum Funker ausgebildet. Meinen Kriegsdienst erfüllte ich bis 1945 bei verschiedensten Einsätzen als Boden- und Bordfunker. Mein Einsatz war in Dänemark, Polen, Frankreich und in vielen deutschen Städten als Gegenwehr der Tag- und Nacht- angriffe der Kriegsgegner. Zum Ende des Krieges und der Auflösung der Kampfhandlungen war ich im Süden Frank- reichs, kam dort in die amerikanische Gefan- genschaft und wurde im März 1946 ohne Verwundungen, „Gott sei Dank“, nach Hause entlassen. Andreas Zanon Papa war mit Leib und Seele Leisacher! Er wurde in Leisach geboren und dort in die dörfliche Gemeinschaft als „Kind eines Walschen“ jedoch herzlich aufgenommen und integriert. Daher war es für ihn selbst- verständlich, als Heimkehrer wiederum als Klarinettist in der Musikkapelle – dessen Gründungsmitglied er im Jahr 1938 war – zu musizieren und 1951 sogar das Amt des Kapellmeisters zu übernehmen. Über 30 Jahre stand er der Hauger-Musikkapelle als deren Geschwister Zanon: Andreas, Maridl, Seppl, Berta (Schwester Michaela) und Friedl im Mai 1996.

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