GZ_Gaimberg_2021_05

46 46 Die Sonnseiten Nummer 60 - August 2018 Chronik i i Nummer 68 - Mai 21 Aus den Kriegsjahren Briefe aus Dachau 1942 „Liebe Schwester und Schwa- ger! Wie immer im Anfange meines Schreibens seid alle auf das herzlichste gegrüßt und hoffe, dass Ihr gesund und wohlauf alles ist. Ich danke für das Schreiben vom 8.7. und vom 29.7. für die RM (Reichsmark) 15.- wofür ich Euch herzlich danke. Bit- te, wenn Ihr schreibt, achtet genau auf die Adresse und schreibt nur mit Tinte sonst erhalte ich sie nicht. Zum Schlusse herzlichen Gruß und Dank von Deinem Bruder Bartlmä“ (Stempel-Post-Zensurstelle Dachau geprüft) „wie ich aber höre in Schrei- ben ist es zuhause dasselbe! Manchmal bin ich sehr be- trübt und dann tut Ihr mir leid, die viele Arbeit und meine Beschäftigung. Aber nehmt es nicht so hin, es ist immer bei mir der Kummer um Euch alle. Nun will ich mein Schreiben schließen und danke für alles, das Ihr mir leistet. An alle herzliche Grüße und baldiges Wiedersehen von Deinem Bruder Bartlmä.…“ Die Empfängerin dieses Brie- fes war die älteste Schwester des Bartlmä, die „Ackerer- bäuerin“ Anna Neumair geb. Niedertscheider. Dazu ein Detail am Rande: Als der Bartl einmal des Nachts von Nußdorf hinauf nach Hause zum „Roder“ ging, entdeck- te er im Vorbeigehen beim „Ackerer“ einen beginnen- den Brand. Durch das rasche Eingreifen der Hausleute ge- lang ein schnelles Löschen. Zum Dank dafür richtete ihm die Schwester Anna dann viele Jahre später die Hoch- zeit aus. Das Brautmahl fand in der „Ackerer Stube“ statt. Daran erinnert sich der 92-jährige„Schusterle Sepp“ (Josef Baur) heute noch sehr gut. Ein weiterer Brief ging am 2. August 1942 an den „Roder“ Josef Niedertscheider. Lieber Bruder und Schwä- gerin u. Kinder! Vorallem seit alle auf das herzlichste gegrüßt und hoffe, daß alles zuhause gesund und wohlauf ist. Ich bin gesund. Was ist bei Euch los, daß ich nichts von Euch höre? Hier ist das Wet- ter sehr veränderlich… Bartlmä Niedertscheider war der vierte von sechs „Ro- derbuben“ (es gab auch fünf Gitschen) und Schuhmacher- meister. Beim vlg. Putz hatte er seine kleine Werkstatt und galt als ein gesuchter und verlässlicher Schuster. Am 15. 6. 1906 geboren, hielt er sich in seinen jungen Jahren gerne beim „Nußdorfer Wirt“ auf, erschien ihm der Weg vom „Roder“ hinunter nach Nußdorf ja relativ kurz und gut begehbar. Wie es Mitte der Kriegsjahre (1938-1945) ja schon so war, musste und sollte man mit Äußerungen, den Verlauf der Kriegshand- lungen betreffend, sehr vor - sichtig sein. Es dürfte eher ein weinseliges Zusammentref- fen in der Nußdorfer „Wiats- Stube“ in den ersten Mona - ten des Jahres 1942 gewesen sein, als dem Bartl die Be- merkung „…wenn des (= der Krieg) no länga dauert, wearn ma‘s valiern“ herausrutschte. Und das war schon genug für die Ohren des „Horchers an der Wand“. Der Transport des mittlerweile 36-Jährigen in das Konzentrationslager Da- chau war die Folge. Fast vier lange Jahre sollten es werden, die dem Bartlmä im berüch- tigten Lager bestimmt waren. Dazu erzählt der älteste Sohn Konrad Niedertscheider (geb. 1948): „Der Vater hat nie Genaueres erzählt. Jedoch beteuerte er öfters, dass sein Handwerk, die Schusterei, ihm das Überleben im KZ gesichert hat. Das Schuh- werk, vor allem die Stiefel der „Höheren“, auch die Alltagsschuhe der Aufseher und Wärter wusste der Vater perfekt in Stand zu halten und herzurichten. Die Lagerlei- tung ahnte wohl, was sie am „Gef.23543“ hatte. So wurde wohl auch die notwendig ge- wordene Kropfoperation ta- dellos durchgeführt. Das hat er oft betont!“ Wohl im Frühsommer 1945 kam er nach Hause. Seine Nichte Antonia (Steiner) er- innert sich noch heute daran, wie „mia von da Alm obag- sprungen sein, Onkel Bartl schaug’n“, Er lernte seine Frau Josefa kennen und man In der „Kerschbaumer Prise“: Burgele mit Konrad, die „Nane“ und „Sefele“ mit Bartl auf dem Arm Anfang der 50er Jahre. „Sommer auf der Gasslbodenhütte“: Maria Pichler (vlg. Luggele Moidele), Peter Paul, Bartl, Konrad, Sefele und Bartlmä Niedertscheider. Dem „Luggele Moidele“ ist vor allem Sefeles schmackhafte Almkost in Erinnerung. Foto: Josef Glantschnig Foto: privat

RkJQdWJsaXNoZXIy MTUxMzQ3